Warum will die TU Graz bis 2030 klimaneutral werden?
Günter Getzinger: Die EU will 2050 klimaneutral sein, die Republik Österreich bereits 2040. Ich sehe es als eine Selbstverständlichkeit, dass Universitäten schneller sind und die TU Graz zu den Vorreiterinnen zählt – das sind wir unseren Studierenden, unseren Mitarbeitenden und der Gesellschaft schuldig!
Wie soll dieses ehrgeizige Ziel erreicht werden?
Alexander Passer: Wir wenden drei Strategien an: Erstens verfolgen wir eine Effizienzsteigerung, das heißt im Wesentlichen, Dinge besser machen, also weniger Ressourcen für ein angestrebtes Ergebnis aufwenden. Zweitens eine Konsistenzstrategie, das heißt, Dinge anders machen – zum Beispiel Energieträger wechseln oder die Bahn anstelle eines Flugzeugs verwenden. Und last, but not least verfolgen wir eine Suffizienzstrategie und wollen weniger verbrauchen, etwa indem wir Licht und Computer am Ende des Arbeitstages konsequent ausschalten. Alle Mitarbeitenden der TU Graz können dazu beitragen, diese drei Strategien umzusetzen.
Getzinger: Konkret verfolgen wir die Umstellung auf möglichst „CO2-armen“ Strom und strombasierte Heizungs- und Kühlungssysteme, den Umstieg auf Telekonferenzen, auf Bahn und Bus bei den Dienstreisen. Hier übernimmt das Rektorat ab 2022 die Kosten für Zugtickets 1. Klasse (ab drei Stunden Fahrtzeit) bzw. für Nachtzugtickets. Wir werden außerdem die CO2-Emissionen bei Neubauten deutlich reduzieren und die TU Graz-Forschung zu emissionsmindernden Technologien stärken.
Welche Maßnahmen werden als Erstes umgesetzt?
Passer: Schon vor dem Ausnahmejahr 2020 hatten wir den Ausbau der Videokonferenz-Infrastruktur angeregt, der nun angesichts der Herausforderungen der Pandemie vorgezogen bzw. verstärkt wurde. 2021 startet auch das CO2-Monitoring der Dienstreisen. Und wir planen erste Umsetzungsschritte bei der Beschaffung von Strom aus erneuerbaren Quellen.
Getzinger: Die erfolgreichen Maßnahmen des Mobilitätsmanagements werden verstärkt fortgesetzt. Bereits 2021 beginnen wir mit dem Ausbau der E-Ladeinfrastruktur am Campus Inffeldgasse, um den Umstieg auf Elektromobilität zu attraktivieren.
Wie können Mitarbeitende zur klimaneutralen TU Graz beitragen?
Getzinger: Steigen Sie beim Pendeln auf Fahrrad und Öffis um, nutzen Sie Bahn und Bus bei Dienstreisen, verwenden Sie PC und Notebook möglichst lange (zumindest sechs Jahre) und gehen Sie mit Energiebewusstsein durch Ihren beruflichen Alltag. Das bringt auch Vorteile: Mit Telekonferenzen ersparen Sie sich zeit- und kraftkostende Flüge, bei Bahnfahrten genießen Sie gute Arbeitsbedingungen im Zugabteil erster Klasse und entspanntes Ankommen mit dem Nachtzug. Bei E-Fahrrädern gibt es zukünftig 400 Euro Kostenzuschuss, außerdem erwarten Sie Kostenzuschüsse zur Steiermark- und Östereich-Netzkarte und Pendler*innen mit E-Auto wird ein attraktiver Ladetarif angeboten werden.
Passer: Den größten Beitrag sehe ich – neben der Veränderung des beruflichen „Lebensstils“ – auch in einer großen Stärke der TU Graz, nämlich der Forschung. Forschende könnten sich überlegen, mit welchen neuen Projekten sie einen Beitrag in der Entwicklung von klimaschonenden Technologien leisten können. Das Rektorat unterstützt dazu gerade die Gründung eines Research Centers für Nachhaltigkeit im Bereich des Bauwesens und plant, künftig neue Forschungsprojekte in diesem Bereich mit kompetitiven Anreizen zu fördern.
Wie gestalten Sie persönlich Ihren Büroalltag möglichst nachhaltig?
Passer: Ich nutze fast ausschließlich mein TU Graz-Fahrrad und bevorzuge den Zug für Dienstreisen. In unserer Forschungsgruppe versuchen wir, von kleinen Dingen (Mülltrennung, nachhaltiger Produkteinkauf etc.) bis hin zu Forschungsprojekten im Sinne der Nachhaltigkeit zu handeln. Unser Gebäude, der Science Tower, ist ein Niedrigenergiegebäude mit hocheffizienter Wärmepumpe und Tageslichtsteuerung für die LED-Beleuchtung. Nur das Zufußgehen in den 11. Stock ist bislang beim Vorsatz geblieben.
Getzinger: Ich bin leidenschaftlicher Nutzer meines TU Graz-Fahrrades, fahre zu europäischen Konferenzen und internationalen Projektmeetings – wenn irgendwie möglich – mit dem Zug und bevorzuge in der Mensa fleischlose Gerichte.