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Was passiert bei einem Blackout?

03.06.2022 | TU Graz news | Forschung | Planet research | FoE Sustainable Systems

Von Birgit Baustädter

Stromausfälle kennen wir – zum Glück sind breitflächige Ausfälle aber selten. Das liegt an einer ausgeklügelten Balance von Erzeugung und Abnahme. Was aber passiert, wenn es trotz allem finster wird?

Ein Blackout kann vielerlei Gründe haben. Aber eine gemeinsame Auswirkung: Es wird dunkel in unserem Leben. © lucas knappe – EyeEm – AdobeStock

Und zaaap! Es wird duster. Innerhalb weniger Sekunden. Das Handy leuchtet noch, aber die Glühbirnen tun ihren Dienst nicht mehr. Genauso wenig wie die Uhranzeige am Herd. Und auch der Laptop wechselt vom Netz- in den Batteriebetrieb. Ins Internet kommen wir so und so nicht mehr wirklich. Was ist passiert? Der Strom ist weg – und damit ein Gutteil unseres täglichen Lebens buchstäblich ausgeschaltet.

Die Balance im Stromnetz ist entscheidend

Wie im realen Leben ist auch in unserem Stromnetz die Balance für das Wohlergehen essentiell. Gibt es ein Missverhältnis zwischen Verbrauch und Produktion, kann es zu Problemen kommen. „Ein bisschen Strom“ gibt es nämlich nicht. Wird zu wenig Strom produziert oder ist der Verbrauch zu hoch, kommt nicht einfach „weniger Strom“ aus der Steckdose, wie es etwa bei einer Wasserknappheit aus dem Wasserhahn tropft. Genauso wie bei einer Überproduktion oder bei zu geringem Verbrauch stößt das Netz in diesem Fall an seine Betriebsgrenzen. Die einzelnen Komponenten trennen sich dann vom Netz, um größeren Schaden an der Infrastruktur zu verhindern. Eine zu hohe Spannung etwa kann im schlimmsten Fall gar zu einem Feuer oder einer Explosion an einer Komponente führen. Bei der Netztrennung handelt es sich also um eine Sicherheitsmaßnahme, die wir unter „Blackout“ oder Stromausfall kennen.

Die Balance zwischen Produktion und Abnahme muss im Stromnetz stimmen. © Negro Elkha – AdobeStock

Naturgewalt, Menschen oder Fehleinschätzungen stellen uns den Strom ab

Die Gründe dafür können vielfältig sein: Ein Baum auf einer Leitung, menschliches Versagen bei der Bedienung, kriminelle Eingriffe, eisige Stürme oder eine Hitzewelle. Vieles kann das Netz an seine Belastungsgrenzen bringen. Aber: „Unsere Stromnetze sind so ausgelegt, dass sie einen Fehler sehr gut verkraften können“, erklärt Herwig Renner, Professor und Forscher am Institut für Elektrische Anlagen und Netze der TU Graz. „Problematisch wird es nur, wenn mehrere Ereignisse unglücklich zusammenkommen. Wenn es etwa einen sehr harten Winter mit einem hohen Strombedarf für die Beheizung gibt, gepaart mit wenigen Sonnenstunden und einer geringen Ausbeute der Photovoltaikanlagen. Wenn dann noch durch einen Eissturm Stromleitungen zerstört werden, dann wird es sehr eng.“ Weil damit die Belastung auf das restliche Netz steigt.

Im Normalbetrieb ist die Frequenz ein Indikator für ein ausgeglichenes Verhältnis von Produktion und Verbrauch. Sie ist auf 50 Hertz festgelegt – bei Abweichungen müssen die Stromerzeuger – je nach Situation – mehr oder weniger produzieren. Schwankungen können vielerlei Gründe haben. Wie oben erwähnt eben Störungen am Leitungsnetz oder den plötzlich hohen Energiebedarf. Großen Einfluss haben zusätzlich die immer mehr verbreiteten Kleinkraftwerke, die regenerative Quellen wie Sonne und Wind für die Energiegewinnung nutzen und Strom ins Netz einspeisen. Denn auch wenn die Vorhersagen immer genauer werden: Die Ausbeute und Einspeisung ist stark wetterabhängig. Hier müssen gut steuerbare Kraftwerke regelnd eingreifen, um die Balance im Netz wiederherzustellen. In Österreich handelt es sich bei diesen regulierenden Kraftwerken in erster Linie um Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke. Aber es können auch thermische Kraftwerke sein, wobei sich vor allem Gaskraftwerke aus techischer Sicht wegen ihrer guten Regelbarkeit eignen.

Sicherheitsmaßnahme: Trennung vom Stromnetz

Überschreitet die Spannung, der Strom oder auch die Netzfrequenz die engen Betriebsgrenzen des Stromnetzes, so kann es zur Gefahr für Komponenten und Kraftwerke kommen und diese trennen sich selbstständig vom Netz. Das sollte jedoch möglichst spät geschehen. Alle am Netz beteiligten Parteien wirken nämlich stabilisierend und jeder Ausfall belastet das restliche Netz zusätzlich. „Irgendwann müssen sie sich aber trennen. Wir sprechen hier immerhin von Schäden an der Kraftwerksinfrastruktur, die in die Millionenhöhe gehen. Und die Lieferzeiten für Ersatzteile betragen über ein halbes Jahr“, erklärt Robert Schürhuber, Leiter des Instituts.

Neue Herausforderungen für das Stromnetz: Die zunehmende Einspeisung von nachhaltigen Energien – wie beispielsweise Photovoltaik. © Lunghammer – TU Graz

Auch hier geben die Kleinkraftwerke neuen Regelungsbedarf: „Als noch wenige Kleinanlagen ins Netz eingespeist haben gab es die Regelung, sie möglichst schnell vom Netz zu trennen und die großen Kraftwerke stabilisieren zu lassen“, erklärt Renner. „Heute aber sind dezentrale Kleinkraftwerke in Summe eine so ernstzunehmende Größe, dass sie den gleichen Regeln wie die großen Kraftwerke folgen müssen. Würden sich plötzlich Zehntausende Photovoltaikanlagen vom Netz trennen oder gleichzeitig wieder Energie ins Netz einspeisen, würde das zu gewaltigen Problemen führen.“

Schwarzstart und Wiederaufbau des Stromnetzes

Ist der Strom weg, werden auch die Kraftwerke nicht mehr mit Energie versorgt. Das Netz muss von Null weg – also aus dem Dunkeln – aufgebaut werden. In Österreich fällt diese Aufgabe den Wasserkraftwerken zu – im speziellen den großen Speicheranlagen in Kaprun und im Mölltal. „Für beide Anlagen gibt es Notfallpläne, wie im Falle eines österreichweiten Stromausfalles vorzugehen ist“, erklärt Renner. „Unser Institut durfte bereits mehrmals an Schwarzstarttests teilnehmen und die Netzwiederaufbaupläne überprüfen – und sie funktionieren wirklich gut.“

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Video: Wie funktioniert ein Schwarzstart?

Ein Notstromaggregat oder Batteriespeicher sorgt in den ersten Minuten für den unbedingt notwendigen Strom, um die Kraftwerkssteuerung zu betreiben. Diese öffnet den Wasserweg und lässt Wasser zur ersten Turbine strömen. Ist diese Turbine in Betrieb, kann der Eigenbedarf des Kraftwerkes gedeckt werden. Dann werden die ersten Leitungen vom Kraftwerk weg bespannt. Hat auch das geklappt, wird Umspannwerk für Umspannwerk eine Leitung nach der anderen bis nach Wien zugeschaltet. Am Weg dorthin werden lokale Verbraucher integriert, um erste Lasten im Netz zu generieren. Sobald die Leitung nach Wien steht und funktioniert, wird dort beispielsweise das Gaskraftwerk in Simmering in Betrieb genommen und langsam die Versorgung der Stadt wiederaufgebaut. Schritt für Schritt wird so ganz Österreich wieder mit Strom versorgt. „In fünf bis 15 Stunden sollte die Stromversorgung wiederhergestellt sein“, erklärt Schürhuber. „Vorausgesetzt, es gibt keine groben Schäden am Netz und den Komponenten. Wenn nach einem Tag die Versorgung nicht wiederhergestellt ist, dann ist tatsächlich etwas Schlimmeres passiert.“ Aber, so fügen die beiden Blackout-Experten unisono hinzu: „Da muss es wirklich zu einer sehr unwahrscheinlichen Verkettung von sehr unglücklichen Umständen kommen. Unser Stromnetz ist so ausgelegt, dass es einen bis wenige Fehler leicht verkraftet. Erst wenn sich die Fehler summieren, wird es problematisch.“

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Kontakt

Robert SCHÜRHUBER
Univ.-Prof. DDipl.-Ing. Dr.techn.

Herwig RENNER
Ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.

Institut für Elektrische Anlagen und Netze
Inffeldgasse 18/I
8010 Graz
Tel.: +43 316 873 7557
herwig.rennernoSpam@tugraz.at