Beim Lesen wissenschaftlicher Literatur stelle ich mir immer wieder mal die Frage: WTF? Ich bin nicht die hellste Kerze auf der Torte! Manchmal ist es aber schier unmöglich, Begründungen und Schlussfolgerungen nachzuvollziehen. Jeder kennt dieses Gefühl! Warum ist es nur so schwierig kurz, prägnant, anschaulich und objektiv zu berichten? Wer bereits eine wissenschaftliche Arbeit verfasst hat, kennt diese Herausforderung.
Reinhold Scherer erklärt Brain-Computer Interfaces mit selbst gebastelten Requisiten.
Wie kann man die Wertschätzung der Grundlagenforschung in der breiten Öffentlichkeit erhöhen, wenn selbst Fachleute verwirrt sind? Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig. Eine offene und transparente Informations- und Kommunikationspolitik schafft Vertrauen und erhöht die Akzeptanz. Bis vor kurzem habe ich mich mit dieser Thematik nicht wirklich beschäftigt. Zwei Dinge haben mich jedoch zum Umdenken bewogen: die Arbeit mit Patientinnen und Patienten und meine Teilnahme am österreichischen Science Slam. In beiden Fällen ist es wichtig kurz, prägnant, einfach und unterhaltsam zu sein.
Brain-Computer Interfaces
Am Institut für Neurotechnologie beschäftigen wir uns mit der Entwicklung von Brain-Computer Interfaces, das heißt, mit direkten Schnittstellen zwischen dem Gehirn und der Maschine. Vereinfacht ausgedrückt ist es unser Ziel, den Wunsch einer Person aus ihren Gehirnsignalen zu erkennen und in Handlungen umzuwandeln. Personen mit schweren körperlichen Beeinträchtigungen können dadurch beispielsweise mit Computern interagieren. Aber wie kann ich einem Vierjährigen mit Zerebralparese, oder dessen Eltern, erklären, wie diese Technologie funktioniert?
Science Slam
Der Science Slam ist ein Wettstreit, bei dem Wissenschafterinnen und Wissenschafter versuchen, in wenigen Minuten das Publikum von ihrem Forschungsthema zu begeistern. Geslamt wird in gemütlicher Lokal-Atmosphäre. Erlaubt sind nur das Wort und Requisiten. Das Publikum entscheidet, wer seine Forschung am verständlichsten und unterhaltsamsten auf die Bühne gebracht hat.
Forschung auf der Bühne: Reinhold Scherer holt 2014 den Steiermarktitel und 2015 den Staatsmeistertitel im Science Slam.
In der generalmusikdirektion in Graz konnte ich 2015 den steirischen und in der Arena in Wien den österreichischen Science Slam-Titel holen (zu sehen auf YouTube: Indem sie schweigen, schreien sie!). Das Echo im Publikum und in den Medien war überwältigend: Zeitungen, Radio und TV haben berichtet, ich wurde in der Kleinen Zeitung zum „Steirer des Tages“ gekürt, ich war Gast in Barbara Stöckls Talkshow, die Wissensshow Newton hat mich und meine Arbeit vorgestellt und ich habe auch eine Anfrage von einem Verlagshaus erhalten, ob ich ein populärwissenschaftliches Buch schreiben würde. Das war eine surreale Reise! Jedoch konnte ich unvergessliche Erfahrungen sammeln. Wer anschaulich erklärt, an welchen Themen er oder sie forscht, wird in der Öffentlichkeit auch gehört. Und was gibt es schöneres als ein interessiertes Publikum zu haben?
Das Publikumsecho und Medieninteresse am Science Slam-Champion Reinhold Scherer ist groß.
Schöner ist es nur noch, wenn das Feuer, das in einem für eine Sache brennt, auch auf andere übergeht. Es freut mich, wenn ich Studierende, mit denen ich zusammenarbeite und die ich betreue, damit anstecken kann. Mit dem Ziel, Dinge zu verändern, zu verbessern, entwickeln sie voller Motivation und Engagement Ideen und setzen diese auch um.
What’s next?
Am Freitag, den 22. April findet im Rahmen der Langen Nacht der Forschung 2016 das diesjährige Österreichfinale des Science Slam statt. Auch diese Jahr stellt die TU Graz den Steirischen Meister. Ich wünsche Florian Preishuber-Pflügel, ein junger Chemiker, alles Gute. Ich bin am Freitag in Graz bei der Langen Nacht der Forschung. Wer Lust, Liebe und Zeit hat ist eingeladen, bei uns in der Stremayrgasse 16 vorbeizuschauen und sich von den vielen spannenden Themen, die dort präsentiert werden, inspirieren zu lassen.
Florian Preishuber-Pfügl, frisch promoviert an der TU Graz, vertritt die Steiermark beim Science Slam-Österreichfinale am 22. April am Wiener Heldenplatz.
Weiters auf meinem Programm steht ein Vortrag bei der Multiplen Sklerose Gesellschaft in Wien. Um junge Forscher zu motivieren gibt es im Grazer Kindermuseum FRida&freD im Rahmen des Formats „Echte Erfinder hautnah“ einen Workshop mit mir. Außerdem werde ich Grazer Schulen und Maturaklassen besuchen. Es gibt viel zu tun! Innerhalb der TU Graz und außerhalb.