Man hört René Rieberer, bevor man ihn sieht. Er läuft die Treppe in der Inffeldgasse 25b herunter, nimmt mehrere Stufen auf einmal. Schnell, aber ohne Stress, wie in seinem entspannten Gesicht geschrieben steht. Am oberen Ende der Treppe befindet sich sein Büro. Am unteren das Wärmetechniklabor, in dem er viel (Forschungs-)Zeit verbringt. Er spaziert an den großen Klimakammern entlang, in denen er unterschiedliche klimatische Bedingungen erzeugen kann – von frostigen minus 20 Grad Celsius bis hochsommerlichen plus 40 Grad. So wird zum Beispiel eine kombinierte Wärmepumpen-Kälteanlage für Züge getestet, die in der Klimakammer ihre heizende und kühlende Stärke beweisen muss.
Rieberer nimmt die nächsten Stufen – wieder geht es über Metallgittertreppen ein Stockwerk nach unten. Das Tiefgeschoß des Labors ist zwar vom Grundriss her gleich gebaut wie die Halle im Obergeschoß, aber wesentlich niedriger. An ihrer tiefen Decke winden sich silberne Rohre, die kühles und warmes Wasser führen. Die dicken, mit schwarzem Schaumstoff ummantelten Rohre hingegen sollten in ihrer dunklen Verpackung bleiben – sie leiten eiskaltes Wasser durch den Raum. Rieberer wandert zu einem silbernen Kasten, der von grünen Rohren gespeist wird – eine thermisch angetriebene Absorptionskälteanlage. „Ein großer Trend in der Wärmetechnik ist die industrielle Anwendung“, erzählt er. „Mit dieser Anlage testen wir zum Beispiel, wie die industrielle Abwärme effizient genutzt werden kann, um Kälte zu erzeugen.“
Trend: Industrieanlagen und Fahrzeuge
An einen grünlich schimmernden Holzwerktisch gelehnt erzählt er, von seiner aktuellen Forschung. „Neben Anlagen für die Industrie arbeiten wir derzeit beispielsweise auch an mobilen Anwendungen für E-Autos. Das ist aufseiten des Maschinenbaus eine völlig andere Welt, auch wenn die Thermodynamik dahinter dieselbe ist.“ Vor allem müssen diese Anlagen nämlich klein, effizient und kostengünstig sein. „Wenn Geld keine Rolle spielen würde, dann wäre es einfach. Aber dann wäre es auch wesentlich weniger interessant“, sagt er und in seinem rechten Mundwinkel zeigt sich ein kleines Lächeln.
Hochegger-Stiftung
Bisher war Rieberer zudem auch mit Tätigkeiten für die Werner-Hochegger-Forschungsstiftung beschäftigt, als deren Lenkungsratsvorsitzender er die Forschungslinie ausrichtete. Die Stiftung wurde 2011 von Unternehmer Werner Hochegger ins Leben gerufen, um die wissenschaftliche Arbeit im Bereich der umweltverträglichen Wärmetechnik finanziell zu unterstützen. Die Stiftung finanzierte in den letzten zehn Jahren mehrere Diplomand*innen und Doktorand*innen. Umgesetzt wurden die Erkenntnisse vor allem in der knapp 900 Jahre alten Burg Rabenstein im steirischen Frohnleiten, die Hochegger revitalisierte. „Es gab bereits eine umfangreiche Wärmepumpenanlage in der Burg, was für ein historisches Gebäude einmalig ist. Aber niemand wusste, wie effizient sie arbeitet“, erzählt Rieberer von den Anfängen. „Das haben wir messtechnisch untersucht und mit vielen Simulationen verglichen. Eine wichtige Frage war beispielsweise, wie mit sporadisch genutzten Räumen heiztechnisch umzugehen ist.“ Den Fokus legten die Forschenden auf den Komfortfaktor in den imposanten Räumlichkeiten, die heute für Veranstaltungen, Kongresse und Hochzeiten genutzt werden: „Verschiedene Personen haben unterschiedliche Temperaturbedürfnisse. Objektive Daten sind schwer zu generieren. Zum Beispiel kann die Lufttemperatur optimal sein, aber der Raum trotzdem eisig wirken, weil die Wände noch nicht aufgewärmt sind.“
Private Spielwiese
Auch in seinem Privathaus kann der gebürtige Obersteirer die Arbeit nicht Arbeit sein lassen. Rieberer überwacht mit umfangreicher Messtechnik Verbrauch und Effizienz der Heizungsanlage. „Ich habe extra ein Haus ausgesucht, das bereits eine Wärmepumpe hatte, und es dann um ein Lüftungssystem und eine Fotovoltaikanlage erweitert.“ Es verwundert also nicht, dass der Forscher seinen Weg in die angewandte Thermodynamik kurz und knapp zusammenfasst: „Mich interessiert einfach alles daran. Und in den Rest bin ich einfach hineingewachsen.“
Dieses Forschungsprojekt ist im Field of Expertise „Sustainable Systems“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.
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