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Für die Bestäubung vieler Pflanzen sind sie unerlässlich, für Allergikerinnen und Allergiker hingegen ein großes Übel: Pollen. Eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene sind dabei Pollenwarndienste, die über Tagesbelastungen und das Allergie-Risiko informieren. Für die derzeit geläufige Datengewinnung werden Pollenfallen eingesetzt, die den Pollengehalt in der Luft kontinuierlich messen. Dafür saugen sie mithilfe eines eingebauten Elektromotors die Umgebungsluft in eine Trommel, in der die in der Luft vorhandenen Pollen an einem Klebestreifen haften bleiben. Fachlich geschulte Personen werten die Pollen dann mikroskopisch aus und klassifizieren sie. Das Prozedere ist allerdings aufwendig und zeitintensiv. Automatisierte Lösungen sind derzeit zu teuer und nur für eine begrenzte Anzahl von Pollenarten geeignet. Die beiden Forschenden des Instituts für Technische Informatik Olga Saukh und Nam Cao haben nun gemeinsam mit einem Team der ETH Zürich einen Prototyp eines Pollenmesssensors entwickelt, der den gesamten Prozess – vom Einfangen der Pollen über das Erfassen bis hin zum Auswerten – dramatisch erleichtern könnte.
Einfach, kostengünstig, leicht
Das Pollenmesssystem besteht aus zwei Teilen: Aus einem Messgerät, das Pollenfalle, einen Partikel-Konzentrator und ein digitales Durchlichtmikroskop umfasst, und aus einem Cloud-Service, in dem die mikroskopisch erfassten Pollen-Bilder analysiert werden. Der Prototyp ist besonders leicht (8 kg), kompakt (30 cm x 40 cm x 44 cm), energiesparend (der Stromverbrauch beträgt 6W) und lässt sich kostengünstig realisieren. „Die Materialkosten belaufen sich auf maximal 1000 Euro“, so Olga Saukh. Zum Vergleich: Derzeit verfügbare vollautomatisierte Pollenmessgeräte kosten bis zu 100.000 Euro.
Die Pollenfalle besitzt sechs Einlässe, die die Pollen aus allen Flugrichtungen erfassen können. „Wir haben uns dabei von modernen Staubsaugertechnologien inspirieren lassen und verwenden zum Sammeln der Pollenproben einen Zyklon, wie er für beutellose Staubsauger genutzt wird, die den aufgesaugten Schmutz in einem Auffangbehälter sammeln“, erklärt Nam Cao.
Weitere Informationen zum Forschungsschwerpunkt von Olga Saukh finden sich im Planet Research-Beitrag „Mensch und Maschine in komplexen Produktionssystemen“.
Funktionalität des Pollenmesssensors
Die Pollen landen im Inneren des Gerätes auf einer im Uhrzeigersinn rotierenden Glasplatte, die mit einer dünnen Schicht Glycerin überzogen ist. Das Glycerin erfüllt zwei wesentliche Aufgaben: Zum einen sorgt es dafür, dass die Pollenkörner auf der Glasfläche haften bleiben. Zum anderen verbessert es die Qualität der Bilder, die das Mikroskop an die Cloud schickt. „Glycerin ist transparent, verdunstet nicht und eignet sich aufgrund seiner thermischen Stabilität auch für den Betrieb im Freien“, begründet Olga Saukh die Wahl. Die glyceringetränkten Pollen werden von einer handelsüblichen Papierschneideklinge in einer dünnen Spur auf der Glasplatte konzentriert. Je schmäler diese Spur ist, desto mehr Pollen können mikroskopisch erfasst und anschließend analysiert werden. Danach werden die Pollen automatisch von der Platte abgewischt, so dass das System vollautomatisch über lange Zeiträume arbeiten kann.
Maschinelle Lernalgorithmen analysieren die Pollen
In 30 Sekunden werden bis zu 100 mikroskopische Bilder in die Cloud hochgeladen. Eine Objekterkennungssoftware identifiziert die Pollenkörner anhand verschiedener Merkmale. Im Feldversuch erkannte das Pollenerkennungsmodell in 90 Prozent der Fälle die Pollen richtig.
Um das Modell mithilfe maschineller Lernalgorithmen trainieren und verbessern zu können, haben die Forschenden eine Teilmenge der erfassten Daten manuell annotiert. Nun arbeiten sie daran, die Klassifizierung der Pollen weiter voranzutreiben. „Das ist ein laufender Prozess, wo wir auf die Unterstützung von Pollenfachleuten angewiesen sind“, verweist Olga Saukh auf zwei Open-Source-Plattformen: Der Datensatz ist über Zenodo öffentlich verfügbar. Das Hardwaredesign und der Code werden im Onlinedienst GitHub bereitgestellt.
Diese Forschung ist im „Field of Expertise“ Information, Communication & Computing verankert, einem von fünf wissenschaftlichen Stärkefeldern der TU Graz.