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Nutze die Sonne, um dich vor der Hitze zu schützen

28.10.2024 | Planet research | FoE Sustainable Systems

Von Birgit Baustädter

Sonnenenergie zu nutzen bedeutet für uns vielfach Strom mittels Photovoltaik zu erzeugen. Ausgeklügelte architektonische Änderungen machen jedoch viel mehr möglich.

Brian Cody im Gespräch mit Studierenden. Bildquelle: Privat

„Wir sollten in Zukunft die Sonne nutzen, um uns vor der Sonne zu schützen“, erklärt TU Graz-Forscher Brian Cody. Im sogenannten “Energy Design”-Ansatz von Cody geht es die Nutzung der natürlichen Kräfte. Dabei werden die Kräfte, die für das Problem scheinbar verantwortlich sind, zur Entwicklung der Lösung herangezogen. Beispielsweise hat er für ein Projekt in Ägypten ein Konzept zur „Kühlung mit der Sonne“ entwickelt. Dieser LowTech-Ansatz nutzt ein schwarzes Steindach, das mittels integrierter luftführender Schicht Wärme erzeugt. Diese Wärme wird genutzt, um ein mit Silikagel beschichtetes Rad zu regenerieren, das wiederrum der Luft die Feuchtigkeit entzieht. Gleichzeitig wird die Luft mit kalter Flüssigkeit befeuchtet und sorgt so für Kühlung. Dieses einfache System führt zu einem interessanten Effekt: Je stärker die Sonne scheint, desto stärker kann das Gebäude gekühlt werden.

In anderen Projekten wird Wind zur natürlichen Lüftung von Hochhäusern genutzt oder Tageslicht kontrolliert in Gebäuden genutzt, in denen das heute eher unüblich ist – etwa Museen, die Tageslicht häufig aussperren. „Es geht darum die natürlichen Kräfte zu beherrschen und gezielt einzusetzen. Statt gegen die angreifenden Kräfte anzukämpfen, werden sie aufgegriffen, umgelenkt und zur Lösung des von ihnen verursachten Problems eingesetzt“ sagt Cody.

Aktive und passive Nutzung der Sonne

Die Temperatur steigt in unseren Städten. Einerseits ist die globale Erwärmung daran beteiligt, andererseits aber auch der sogenannte Hitzeinseleffekt. Gleichzeitig werden Räume anders genutzt und es kommt zu höheren Wärmelasten im Inneren. Gebäudekühlung ist deshalb zunehmend wichtig. Dazu kommt, dass der überwiegende Anteil der Gebäude, die in den nächsten Jahrzehnten gebaut werden müssen, sich in den subtropischen und tropischen Gebieten der Welt befinden. Daher ist die aktive Nutzung von Sonnenenergie zur Kühlung ein wichtiges Thema. Brian Cody betont jedoch auch, dass die sogenannte passive Nutzung von Sonnenenergie in der Architektur großes Potential in sich birgt. Dabei geht es um architektonische Lösungen, die in unseren Breitengraden so gestaltet sind, dass die Sonnenenergie in den Wintermonaten in die Räume hereingelassen wird, um den Wärmebedarf zu reduzieren, während geometriebedingt die Sonne in den Sommermonaten herausgehalten wird. Effektive Sonnenschutzlösungen sind ebenfalls ein wichtiges Element, um den Energiebedarf der Gebäudekühlung zu reduzieren.

Eine Fassade, die mitdenkt

Im Forschungsprojekt „Smart Skin“ arbeitet das Team von Cody an Lösungen für anpassungsfähige Gebäudehüllen, die ihre physikalischen bzw. chemischen Eigenschaften wechseln, um auf innere und äußere Zustandsänderungen zu reagieren, sich zu adaptieren und somit den jeweiligen optimalen Zustand einnehmen. Die Hülle wird dabei als anpassungsfähiger Filter zwischen den außenklimatischen und den innenklimatischen Bedingungen begriffen. „Die spezifischen Eigenschaften in Bezug auf Wärmeleitfähigkeit, Durchlässigkeit für solare Wärmegewinne, Lichtdurchlässigkeit, Porosität usw. heutiger Fassaden sind statisch. Sie bleiben mit der Zeit im Wesentlichen konstant, obwohl die Anforderungen an eine energieeffiziente Gebäudehülle unter den stark variierenden klimatischen Bedingungen und Nutzerverhalten zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten erheblich abweichen“ sagt Cody. „Gebäudehüllen sollten dynamisch sein und mehr im Sinne eines Filters verstanden werden, welcher zwischen innen und außen selektiert, vermittelt und moduliert und nicht nur Schutz vor den Elementen bietet.“ Das Forschungsprojekt bildet die wissenschaftliche Grundlage für die Entwicklung eines völlig neuen Ansatzes für die Fassadengestaltung. Ein neuartiges dynamisches Simulationsmodell, das speziell für das Projekt entwickelt wurde, gab einen aussagekräftigen Einblick in das Potenzial und die Möglichkeiten. Die Ergebnisse der intensiven Untersuchungen, die in der ersten Phase dieses Projekts durchgeführt wurden, zeigen, dass das Potenzial mit möglichen Energieeinsparungen von bis zu 90 % im Vergleich zu herkömmlichen energieeffizienten Fassadensystemen enorm ist.

Kontakt

Brian CODY
Institut für Gebäude und Energie
Rechbauerstraße 12/II
8010 Graz
Tel.: +43 316 873 4750
brian.codynoSpam@tugraz.at