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Nachhaltiges Bauen ist Einstellungssache

13.06.2019 | Planet research | FoE Sustainable Systems

Von Werner Schandor

„Sobald ein Gebäude die Anforderungen des Energieausweises nur um einen Bruchteil übertrifft, ist gleich von einem ‚Green Building‘ die Rede“, sagt Alexander Passer und ist nicht ganz glücklich.

Nachhaltiges Bauen ist ein umfassender Prozess, der sämtliche relevanten Aspekte in ein ganzheitliches, systemisches Modell integriert. Dieses Modell umfasst den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks oder städtebaulichen Vorhabens und orientiert sich an objektivierbaren ökologischen, sozialen und kulturellen Qualitäten. © Guy – AdobeStock

Wenn Alexander Passer von seinem Büro im 11. Stock des Grazer Science Towers auf die künftige Grazer „Smart City“ blickt, ist er nicht wirklich glücklich: „Sobald ein Gebäude die Anforderungen des Energieausweises nur um einen Bruchteil übertrifft, ist gleich von einem ‚Green Building‘ die Rede.“ Für den TU Graz-Professor für Nachhaltiges Bauen braucht es aber viel größere Anstrengungen, um wirklich nachhaltig und klimafreundlich zu bauen. Modelle dazu werden im September 2019 auf der „Sustainable Built Environment D-A-CH Conference 2019“ an der TU Graz diskutiert.

Die Herausforderungen sind längst bekannt: Wie können wir die knapper werdenden Ressourcen unseres Planeten so nützen, dass unsere Nachkommen eine ausreichende Lebensgrundlage vorfinden? Und: Was müssen wir unternehmen, um die anthropogene Erderwärmung möglichst gering zu halten und die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen? Eine drastische Reduktion der Treibhausgas-Emissionen ist vonnöten. Das gilt ganz besonders für den Bausektor, dem weltweit ca. 40 Prozent des Energie- und 50 Prozent des Ressourcenverbrauchs zugeschrieben werden.

Um hier Emissionen einzusparen, reicht es nicht aus, allein die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern, „grüne“ (Bau-)Materialien zu verwenden oder neue Methoden igitalen Planens einzuführen. „Die ganze Kette von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zum Ende des Lebenszyklus muss umdenken“, weiß Passer. „Das Ziel ist es, der Nachwelt einen Bau nicht als Altlast, sondern als Kapital zu hinterlassen.“ Allfällige höhere Planungs- und Errichtungskosten rechnen sich, über den Lebenszyklus betrachtet, in den meisten Fällen innerhalb kurzer Zeit.

International vernetzte Forschung für nachhaltiges Bauen

Bei der Sustainable Built Environment D-A-CH Conference vom 11. bis 14. September 2019 an der TU Graz widmen sich Forschende der Frage, was sie zur Erreichung der Klimaziele und zu Nachhaltigkeit beitragen können. Die Konferenz unter dem Motto „Auf dem Weg zu Netto-Null-Emission-Bauten“ findet in Kooperation mit der Universität für Bodenkultur Wien, dem Karlsruher Institut für Technologie und der ETH Zürich statt. Über 200 Beiträge werden sich in vier Themenkreisen mit nachhaltigem Bauen beschäftigen. Ein Schwerpunkt der Konferenz liegt auf der Umsetzung. Ausgewählte wissenschaftliche Beiträge der SBE19 Graz werden in die World Sustainable Built Environment Conference „Beyond 2020“ in Göteborg, Schweden, einfließen. Dort treffen sich dann Nachhaltigkeits- und Bau-Expert/innen aus der ganzen Welt.

Dass Nachhaltigkeit bei Bauprojekten möglich ist, zeigt nicht zuletzt der 2017 eröffnete „Science Tower Graz“, ein Leuchtturmprojekt, das die Arbeitsgruppe Nachhaltiges Bauen der TU Graz wissenschaftlich begleitet hat, und in dem sie nun eine Etage nützt. Das 14-geschoßige zylindrische Gebäude wird von einer Fassade aus Energieglas ummantelt, das Strom aus Licht erzeugt; die Betonkernaktivierung ermöglicht ein weitgehend treibhausgasfreies Kühlen bzw. Heizen. Der Science Tower integriert darüber hinaus eine aktive, rotierende PV-Beschattung, smarte LED-Beleuchtung, Zonen für Urban Farming und weitere innovative Technologien.

Sustainable Built Environment D-A-CH Conference:
Transition Towards a Net Zero Carbon Built Environment
11. bis 14. September 2019
Veranstalter: TU Graz, Institut für Materialprüfung und Baustofftechnologie, Arbeitsgruppe Nachhaltiges Bauen
In Kooperation mit: Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft, TU Graz, Universität für Bodenkultur Wien, Karlsruher Institut für Technologie, ETH Zürich

Information

Dieser Artikel ist Teil unseres Forschungsmagazins TU Graz research. Das Magazin erscheint zwei Mal pro Jahr - Sie können es digital oder als Print-Version unter www.tugraz.at/go/research-journal abonnieren.

Kontakt

Alexander PASSER
Assoc.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. MSc
Institut für Materialprüfung und Baustofftechnologie mit angeschlossener TVFA für Festigkeits- und Materialprüfung
Arbeitsgruppe Nachhaltiges Bauen
Waagner-Biro-Straße 100/XI
8020 Graz
Tel.: +43 316 873 7153
alexander.passernoSpam@tugraz.at