Das Renin-Angiotensin-System (RAS) wird bei niedrigem Blutdruck aktiv und bildet Angiotensin II. Dieses Hormon sorgt dafür, dass sich die Blutgefäße verengen, wodurch der Blutdruck wieder steigt. Am Stoffwechsel von Angiotensin II wiederum ist das Enzym Dipeptidylpetidase 3 (DPP3) maßgeblich beteiligt.
Der Leiter des Instituts für Biochemie der TU Graz Peter Macheroux und sein Team sind weltweit führend in der Erforschung von DPP3: „Beispielsweise wissen wir inzwischen, dass Personen, die einen Herzinfarkt, eine Blutvergiftung oder eine akute Nierenverletzung erleiden, im Blutkreislauf erhöhte DPP3-Werte aufweisen. Dieser Anstieg korreliert mit einer erhöhten Sterblichkeit.“ Allerdings ist bislang wenig über die physiologische Funktion von DPP3 bekannt. Die Arbeitsgruppe um Macheroux untersuchte deshalb gemeinsam mit Forschenden von Universität Graz und Med Uni Graz, wie DPP3 auf das RAS wirkt. Die Ergebnisse wurden im Journal of Biological Chemistry veröffentlicht.
Auswirkungen von DPP3-Mangel
In einem Mausmodell der Universität Graz wurde das DPP3-Gen gezielt ausgeschaltet (Knockout-Mausmodell). Mithilfe massenspektroskopischer Analysen konnten die Forschenden aufdecken, dass DPP3 die RAS-Prozesse sowie den Wasserhaushalt durch den Abbau von Angiotensin-Peptiden reguliert. Der DPP3-Mangel führte zu einer erhöhten Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme.
Trotzdem wiesen die Knockout-Mäuse ein geringeres Körpergewicht und weniger Fettmasse als die Mäuse der Kontrollgruppe (Wildtyp-Mäuse) auf. Außerdem war die Konzentration von Angiotensin II bei Knockout-Mäusen signifikant höher. Dieser erhöhte Angiotensin II-Spiegel erzeugte oxidativen Stress und reduzierte den Stoffwechsel. „Die genauen Auswirkungen dieser Veränderungen sind allerdings noch unklar und müssen in Folgestudien näher untersucht werden. Zum Beispiel veränderte sich der Blutdruck nicht messbar“, so Macheroux.
Geschlechtsspezifische Unterschiede
Erstmals konnte auch nachgewiesen werden, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt: Während bei männlichen Mäusen große Veränderungen im RAS festgestellt wurden, waren weibliche Mäuse kaum vom DPP3-Knockout betroffen. „Das dokumentiert einen direkten Zusammenhang zwischen dem Hormonsystem und der physiologischen Rolle von DPP3. Speziell Östrogen dürfte die Produktion von Angiotensin II hemmen“, so die beiden Erst-Autorinnen Shalinee Jha und Ulrike Taschler vom Institut für Biochemie der TU Graz und dem Institut für Molekulare Biowissenschaften der Universität Graz.
Entwicklung eines Hemmstoffes
Die Charakterisierung von DPP3 in dieser Studie zeigt, dass DPP3 Stoffwechsel- und Zellprozesse in RAS modulieren kann. Diese Eigenschaft könnte zukünftig bei der Behandlung verschiedener Herz-Kreislauf-Erkrankungen von großen Nutzen sein. Macheroux: „In einem nächsten Schritt möchten wir die Entwicklung eines enzymhemmenden Stoffes (Inhibitor) für DPP3 vorantreiben. Arbeiten dazu sind am Institut für Biochemie und Organische Chemie der TU Graz bereits angelaufen.“
Diese Forschung ist im Field of Expertise „Human & Biotechnology“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.
Die Studie wurde im Rahmen der Initiative BioTechMed-Graz durchgeführt, eine Initiative zur Kooperation und Vernetzung der Universität Graz, der Technischen Universität Graz und der Medizinischen Universität Graz an der Schnittstelle von Biomedizinischen Grundlagen, Technologischen Entwicklungen und Medizinischer Anwendung mit dem Ziel einer gemeinsamen Forschung für Gesundheit. Nähere Informationen: https://biotechmedgraz.at