Die Lösungsansätze müssen neben der Ausgestaltung zukunftsfähiger Elektrizitätsmärkte die Energieaufbringung, Energieübertragungsund -verteilsysteme, aber vor allem auch Effizienzmaßnahmen sowie die Mobilität betreffen.
Gesamtsystem und Regulierung
Durch die erhöhte Nutzung erneuerbarer Energien wird künftig der Anteil volatiler, dargebotsabhängiger Energieerzeugung jenen der bedarfsgerechten Erzeugung überwiegen. Die erforderlichen Antworten weisen einerseits auf die Entwicklung von Speichern im großtechnischen Umfang, andererseits auf eine weitere Flexibilisierung des Verbrauchs hin. Zudem stellen sich durch die weiträumige Trennung der Orte der Erzeugung und des Verbrauchs bedeutsame Transportaufgaben. Das Gesamtsystem der Erzeugung und die Flexibilisierung des Verbrauchs werden künftig enorme Anforderungen an ein „intelligenteres“ Stromsystem stellen. Die Marktorganisation muss sich an die neuen Gegebenheiten anpassen: einerseits in der Kostenabgeltung für die erneuerbaren Energien, die nur Fixkosten, aber keine variablen Kosten aufweisen, andererseits in der Kostenabgeltung für die erforderlichen bedarfsgerechten Kraftwerke. Die Regulierung bezüglich Energieeffizienz, Emission Trading und Förderungssystemen muss dabei konsistent erfolgen. Vorabanalysen der Wirkungen von Markteingriffen sind wesentliche Voraussetzungen für eine gedeihliche Entwicklung und am Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation wurde mit dem Projekt ATLANTIS ein entsprechendes Instrument entwickelt.
ATLANTIS – Simulationsmodell der europäischen Elektrizitätswirtschaft.
Zukunftsfähige Stromübertragung
Abhilfe für die steigende Zahl an Engpässen im aktuellen Hochspannungsübertragungsnetz wird durch Netzoptimierung und Netzausbau sowie durch die Errichtung von HGÜ-Übertragungsleitungen geschaffen. In Europa ist die Weiterentwicklung zu einem HGÜ-Übertragungsnetz angedacht, wobei die Möglichkeit der Verbindung von Hybridnetzen unterschiedlicher Frequenzen und Nennspannungen auch den Aufbau eines zukünftigen globalen Supergrids erlaubt. Das Supergrid der Zukunft erfordert eine Optimierung der Betriebsmittel sowie die Entwicklung neuer Technologien wie zum Beispiel modularer Multilevel-Konverter und gasisolierter HGÜ-Übertragungsleitungen. Aktuelle Forschungsgegenstände am Institut für Hochspannungstechnik und Systemmanagement betreffen die Optimierung elektrischer Isoliersysteme sowie die Entwicklung von Diagnoseverfahren für die Zustandsüberwachung von HGÜ-Betriebsmitteln.
Versuchsgefäß und NoDi-Teilentladungsmuster.
Sichere Übertragungs- und Verteilnetze
Erzeugungsseitig gewinnen zukünftig neben Synchronmaschinen vor allem Wechselrichter im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen und Vollumrichter-Windkraftanlagen an Bedeutung. Diese weisen ein von der klassischen Synchronmaschine deutlich abweichendes Verhalten auf. Letztere tragen aufgrund ihrer elektromechanischen Eigenschaften sowohl zur Spannungsstützung (kleine Innenimpedanz) als auch zur Frequenzstabilisierung (rotierende Massen) bei. Um in Zukunft die Netzstabilität gewährleisten zu können, muss das Verhalten wechselrichterbasierter Einspeiser entsprechend angepasst werden. Ein daraus abgeleitetes Forschungsthema ist der Bereich „Virtual Inertia“, wobei aus Speichern durch entsprechende Regler eine schnelle Leistungsabgabe bzw. -aufnahme aktiviert wird. Zur Überwachung der netzdynamischen Eigenschaften wurde in den letzten Jahren ein „Wide Area Measurement System“ aufgebaut (siehe Abbildung 3), das die Entwicklung neuartiger Regel- und Netzschutzaufgaben erlaubt. In den unteren Spannungsebenen sind wegen der stark fluktuierenden Kurzschlussleistungsverhältnisse einerseits und durch die Smart-Grid-Konzepte andererseits neue Schutzkonzepte erforderlich, die ebenfalls in Netzplanung und -betrieb zu neuen Forschungsaufgaben führen.
Labortest eines „Wide Area Measurement System“ im analogen Netzmodell.
Energieeffiziente elektrische Antriebe und Maschinen
Die Verbraucher/innenseite ist stark von den Veränderungen in der Elektroindustrie geprägt. Moderne, auf Leistungselektronik basierende drehzahlvariable elektrische Antriebe bieten im Vergleich zu ihren konventionellen Vorfahren bedeutende Vorteile zum Beispiel durch erhöhte Wirkungsgrade und größere Flexibilität im Design. Dadurch kann der Energieverbrauch erheblich gesenkt werden. Ein Beispiel für solche Entwicklungen sind elektrische Hilfsantriebe, wie sie in modernen Fahrzeugen eingesetzt werden. Diese Antriebe unterliegen stark einschränkenden Anforderungen und müssen unter härtesten Umgebungseinflüssen funktionieren. Abbildung 4 zeigt die Herstellung eines Läufers eines von der Firma Mechatronic Systems GmbH und dem Institut für Elektrische Antriebstechnik und Maschinen gemeinsam entwickelten, modernen, integrierten Lüfterantriebs Außenläufermaschine). Ein weiteres Beispiel für den Einsatz moderner Antriebe ist in der Realisierung von Aktuatoren für Hochtemperaturanwendungen gegeben. Aufgrund der Temperaturempfindlichkeit der Permanentmagnete sind hier bevorzugt permanentmagnetfreie Topologien von Interesse. Abbildung 5 zeigt die Läufer von für eine solche Anwendung ealisierten Prototypen.
Herstellung des Läufers eines integrierten Lüfterantriebs (Außenläufermaschine).
Läufer einer synchronen Reluktanzmaschine (links) und einer Asynchronmaschine (rechts) für Hochtemperatur-Aktuatoranwendungen.