Kleine Blasen steigen in einem Getränk nach oben. Ein Vorgang, so schön wie alltäglich. Manchmal bemerken wir ihn, aber Gedanken machen wir uns darüber selten. Ganz anders Günter Brenn vom TU Graz-Institut für Strömungslehre und Wärmeübertragung. Er beschäftigt sich kurz gesagt mit der Bewegung von Gasblasen in Flüssigkeiten (zum Beispiel in Bioreaktoren und Getränken) und mit der Erzeugung von Flüssigkeitstropfen in Gasen (etwa bei der Sprayerzeugung in der Motoren- und Verfahrenstechnik). Die ausführliche Erklärung ist dann schon etwas komplexer.
„Wir beschäftigen uns zum einen genau mit solchen Blasenvorgängen – also damit, wie sich gasförmige Blasen in viskoelastischen Flüssigkeiten verhalten. Aber auch mit genau dem umgekehrten Fall: Also wie sich Flüssigkeitstropfen in gasförmiger Umgebung verhalten, wie es zum Beispiel bei Zerstäubungsvorgängen bei der Sprayerzeugung der Fall ist.
Wir sind von Gasen und Flüssigkeiten umgeben. Wie sich diese verhalten, damit beschäftigt sich das Forschungsgebiet der Fluiddynamik. Diese wiederum unterteilt sich in die Aerodynamik, also die Wissenschaft der Bewegungen von Luft, und die Hydrodynamik, das Verhalten von flüssigen Stoffen. Flüssige Stoffe können newtonisch und nicht-newtonisch sein und haben jeweils ein unterschiedliches Bewegungsverhalten. Das Verhalten newtonscher Flüssigkeiten, wie zum Beispiel Wasser, kann mit einem einfachen Materialgesetz beschrieben werden. Für nicht-newtonsche, wie zum Beispiel viskoelastische Flüssigkeiten, ist das Materialgesetz komplizierter: Sie ändern ihr Stoffverhalten, wenn Kräfte auf sie einwirken. Manche dieser Flüssigkeiten werden dünnflüssiger, während andere dickflüssiger werden. Wirkt die Kraft langsam, so verhalten sich manche nicht-newtonsche Stoffe flüssig, während sie bei schneller Kraftwirkung zum Feststoff werden. Beispiele für viskoelastische Flüssigkeiten sind Blut, Gele, aber auch Lösungen von Polymeren oder Proteinen.
In der Bio-Verfahrenstechnik kommen häufig Stoffe mit viskoelastischen Eigenschaften vor. Um etwa mittels Bakterien oder Algen Reaktionen in diesen Flüssigkeiten zu betreiben, wird den Flüssigkeiten Gas zugeführt, etwa in Form von Sauerstoff. Wie gut diese Reaktionen gelingen, hängt essenziell davon ab, wie lange sich die Gasblasen in der Flüssigkeit aufhalten, bevor sie bis ganz nach oben steigen und aus der Flüssigkeit austreten. Die Aufenthaltsdauer der Gasblasen in der Flüssigkeit hängt von ihrer Aufstiegsgeschwindigkeit und der Tiefe des Flüssigkeitsbades ab. „Wir beschäftigen uns zum einen genau mit solchen Blasenvorgängen – also damit, wie sich gasförmige Blasen in viskoelastischen Flüssigkeiten verhalten“, erklärt Günter Brenn seine Arbeit. „Aber auch mit genau dem umgekehrten Fall: Also wie sich Flüssigkeitstropfen in gasförmiger Umgebung verhalten, wie es zum Beispiel bei Zerstäubungsvorgängen bei der Sprayerzeugung der Fall ist.“
Im Erdgeschoss des Instituts am Campus Inffeldgasse werden die Versuche durchgeführt und Beobachtungen angestellt.
Wichtige Fragen der Fluiddynamik
Prinzipiell steigen gasförmige Blasen mit einer bestimmten, sich nicht verändernden Geschwindigkeit in einer Flüssigkeit auf – wie wir in unseren Getränkegläsern einfach beobachten können. Wie hoch diese Geschwindigkeit ist, hängt vom Volumen der Blase ab: Je größer die Blase, desto schneller steigt sie auf. In viskoelastischen Flüssigkeiten ist das aber etwas anders: Erreicht das Volumen einer Gasblase in einigen viskoelastischen Flüssigkeiten einen bestimmten Grenzwert, so steigt sie ganz plötzlich unverhältnismäßig viel schneller auf als Blasen mit nur wenig geringerem Volumen. „Warum das so ist, weiß man noch nicht genau, aber wir haben bereits ein Modell im Kopf, das wir nun austesten. Uns interessiert das natürlich ganz grundsätzlich – wir wollen aus wissenschaftlichem Grundlageninteresse eine Erklärung für diese Phänomene finden“, begründet Günter Brenn. „Aber in der Verfahrenstechnik sind solche Erkenntnisse natürlich wertvoll.“ Ziel ist es, das Verhalten des jeweiligen Stoffes im anderen vorherzusagen, auf Basis dieser Erkenntnisse die jeweiligen Flüssigkeiten richtig zu charakterisieren und schlussendlich erfolgreich einzusetzen.
Experimente in den Labors am Campus Inffeldgasse
Auf diesen Forschungsgebieten wird bei Günter Brenn hauptsächlich experimentell gearbeitet. In seinem Labor im Erdgeschoss des Instituts für Strömungslehre und Wärmeübertragung der TU Graz am Campus Inffeldgasse stehen Versuchsaufbauten und Messinstrumente bereit, wie Brenn erzählt: „Wir erzeugen systematisch Gasblasen, die wir in Flüssigkeiten aufsteigen lassen, und messen diesen Vorgang genau. Und ebenso machen wir es auch bei Zerstäubungsvorgängen: Wir versprühen die Flüssigkeit unter kontrollierten Bedingungen in die Luft und messen die Ausbreitung und die Größe der Tropfen.“
Der Veruchsaufbau im Labor des Instituts für Strömungslehre und Wärmeübertragung.
Nominierung für Balzan-Preis
Für seine Arbeit wurde Günter Brenn von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften für den Balzan-Preis nominiert. Der hochdotierte Preis wird seit 2001 von der Balzan-Stiftung einmal pro Jahr in den Kategorien „Geistes- und Sozialwissenschaften“, „Kunst“, „Physik, Mathematik und Naturwissenschaften“ sowie „Medizin“ vergeben. Die jeweiligen vier Fachgebiete aus diesen Kategorien wechseln jährlich – in diesem Jahr werden Preise für Sozialanthropologie, Globalgeschichte, Fluiddynamik und chemische Ökologie vergeben. Das Preisgeld in Höhe von 750.000 Schweizer Franken muss zumindest zur Hälfte in die Forschung investiert werden. Günter Brenn möchte, sollte er den Preis gewinnen, weiter an den großen Fragestellungen arbeiten, die im Zentrum seines Forschungsinteresses stehen.
Dieses Forschungsgebiet ist im FoE„Human & Biotechnology“ verankert, einem der fünf Stärkefelder der TU Graz.
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