News+Stories: Wir sind in Ihrem Büro am Institut für Betriebswirtschaftslehre und Betriebssoziologie der TU Graz. Was tun Sie hier konkret?
Sigrid Weller: Ich bin Universitätsassistentin für Lehre und Forschung. Prinzipiell schreibe ich meine Dissertation hier und ich unterrichte, bin also für die Studierenden da. Ich halte Übungen und Seminare ab, betreue Prüfungen ebenso wie Bachelor- und Masterarbeiten, organisiere Research-Seminare zum Thema Forschen und Schreiben – und wenn darüber hinaus Zeit bleibt, forsche ich.
Stichwort WING: Neben Ihrer Assistenztätigkeit sind Sie Geschäftsführerin des Österreichischen Verbands der Wirtschaftsingenieure WING. Wofür steht der Verband?
Sigrid Weller: Der WING ist eine Netzwerkplattform für Studierende und Absolventinnen und Absolventen von Wirtschaftsingenieurestudien, der die Interessen seiner Mitglieder vertritt, Wissenstransfer leistet und Karrierewege fördert. Wir verstehen uns als Bindeglied zwischen Wirtschaft und Universität.
Der WING ist eine Netzwerkplattform für Studierende, Absolventinnen und Absolventen von Wirtschaftsingenieurestudien.
Was leistet der Verband für Absolventinnen und Absolventen des Studiums Wirtschaftsingenieurwesen?
Sigrid Weller: Jedes Mitglied kann die XING-Plattform des WING nutzen und über die WING-Datenbank mit anderen Mitgliedern netzwerken. Aktuelle Stellenangeboten werden über den WING-Newsletter, gesondert per E-Mail oder per Post ausgesendet. Außerdem organisieren wir im Sinne des fachlichen Transfers alle zwei Jahre den WING Kongress und veröffentlichen vier Mal im Jahr die WINGbusiness-Zeitschrift, die immer zu einem Schwerpunktthema erscheint. Die Wirtschaftsinstitute der österreichischen Hochschulen sind abwechselnd für die Ausgaben verantwortlich und setzen die Themen. Darüber hinaus ist es auch möglich, kostenlos oder vergünstigt bei Tagungen oder Vorträgen teilzunehmen, die von Mitgliedern des WING angeboten werden.
Können auch Studierende die Vorteile des WING nutzen?
Sigrid Weller: Von unseren rund 1.400 Mitgliedern sind etwa 400 Studierende. Die studentischen Mitglieder sind regional im WINGnet Graz, Innsbruck, Villach und Wien sowie im Industrial Management Club (IMC) Kapfenberg organisiert. Sie können alle Vorteile des WING wie die XING-Mitgliedergruppe, die Jobbörse und die Zeitschrift nutzen. Darüber hinaus gibt es noch eigene Regionalkreisveranstaltungen in den Bundesländern wie Firmenbesichtigungen, Präsentationen von Firmen an den Hochschulen – die sogenannten Look IN Veranstaltungen – und soziale Zusammentreffen. Ich selbst habe den Verband über einen Look IN Event noch während meines Studiums kennen gelernt. Bei solchen Veranstaltungen erzählen Vertreterinnen oder Vertreter von Unternehmen, welche Skills sie konkret suchen. So unterstützt WINGnet Studierende darin, direkt mit Firmen in Kontakt zu kommen.
WINGnet unterstützt Studierende darin, direkt mit Firmen in Kontakt zu kommen.
Vermittelt der WING auch Praktika im Ausland?
Sigrid Weller: Das gibt es im Rahmen der allgemeinen Jobbörse gelegentlich, wenn gerade ein Angebot da ist. Für den internationalen Austausch ist aber vor allem die enge Zusammenarbeit von WINGnet mit ESTIEM, den European Students of Industrial Engineering and Management – also dem internationalen Verband der Wirtschaftsingenieure auf Studierendenebene – ein großer Vorteil. Über diese Kooperation werden ganz viele internationale Events zugänglich und es passiert viel an Austausch.
Was bedeutet es für Sie persönlich, die Doppelfunktion als WING-Geschäftsführerin und als Universitätsassistentin unter einen Hut zu bringen?
Sigrid Weller: Speziell vor den Kongressen gibt es für den WING sehr viel zu tun. Deswegen kommt die Forschung in solchen Zeiten zu kurz. Die Lehre kann und will ich nicht hintenanstellen. Ich lehre sehr gern, das macht mir viel Spaß. In den Sommer- oder Semesterferien, wenn alles wieder ruhiger ist, gehe ich die wissenschaftlichen Studien an. Zum Beispiel habe ich in Kooperation mit dem WING eine Wirtschaftsingenieurberufsbildstudie durchgeführt, so verschränkt sich beides.
Wenn es in den Ferienzeiten in der Lehre und im WING-Verband ruhiger wird, steht die Forschung im Vordergrund.
Worum geht es in der Wirtschaftsingenieurstudie?
Sigrid Weller: Wir haben eine detaillierte Analyse aller WING-Studiengänge in Österreich gemacht und untersucht, was sich Studierende vom Studium erwarten, welche Kernkompetenzen die Absolventinnen oder Absolventen aus Sicht der Wirtschaft haben sollten und wie die Aufstiegschancen während des Jobs sind. Einen solchen Überblick über das Wirtschaftsingenieurwesen in Österreich führt das Institut für Betriebswirtschaftslehre und Betriebssoziologie der TU Graz in Kooperation mit dem WING Verband alle vier Jahre durch. Wir wollen damit junge Menschen ansprechen, die noch nicht genau wissen, was sie studieren sollen und was konkret auf sie zukommt, aber auch Personalverantwortlichen in Unternehmen Orientierung bieten. Außerdem kann sie Hilfestellung bei der Gestaltung von Studiengängen leisten.
Prinzipiell hatte ich mich als gebürtige Ulmerin auch in München und Karlsruhe beworben, aber dann hat mich ein Kollege auf Graz gebracht.
Wie war ihr eigener Studienbeginn?
Sigrid Weller: Ich bin zum Studium Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau eher zufällig nach Graz gekommen. Prinzipiell hatte ich mich als gebürtige Ulmerin auch in München und Karlsruhe beworben, aber dann hat mich ein Kollege auf Graz gebracht. Wir waren dann einmal vor Ort und es hat mir so gut gefallen…
… dass Sie gleich in Graz geblieben sind?
Sigrid Weller: Ja, ich war von Graz begeistert. Die Stadt ist nicht so riesig, aber man hat alles – und zum Biken ist das Hügelland in der Grazer Umgebung in einer Viertelstunde erreichbar. Ich mache in meiner Freizeit sehr gern Sport zum Ausgleich und für mich ist sehr wichtig, schnell in der Natur zu sein. Hier zu bleiben ist jedenfalls die richtige Entscheidung gewesen.
Die Dissertation abschließen natürlich und eine gute Lehrende sein – das ist mir sehr wichtig.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Sigrid Weller: Die Dissertation abschließen natürlich und eine gute Lehrende sein – das ist mir sehr wichtig. Ich mache auch viele didaktische Weiterbildungen, wie in diesem Sommer „Teach, Present, Publish“ – einen drei Wochen langer Workshop mit Lektorinnen und Lektoren der Montclair Universität. Vielleicht gehe ich nach der Dissertation in die Wirtschaft, aber auf jeden Fall lasse ich es noch offen, ob ich später an die Universität zurückkomme, weil es mir hier wirklich gefällt.