Das Handbuch ist ebenfalls erhältlich als
Beratung und nähere Informationen zu Diversität in Forschungsprojekten:
Armanda PILINGER
Tel.: +43 316 873 6090
a.pilinger @tugraz.at
Ihre Forschungsergebnisse können für viele Personen-Gruppen relevant sein.
Wenn Menschen, Tiere, Gewebs- oder Zellmaterial in Ihrer Forschung eine Rolle spielen, dann ist Diversität relevant für Ihr Forschungsprojekt. Naheliegend ist das vor allem in der angewandten technischen Forschung und Entwicklung, wenn es unmittelbare Nutzer*innen, Zielgruppen oder Betroffene gibt.
Für die Grundlagenforschung sind Diversitätsaspekte in den Forschungsinhalten oft weniger relevant.
Ob Grundlagenforschung oder angewandte Forschung: In jedem Fall gilt, dass es Menschen sind, die forschen und die im besten Fall mit einer Vielfalt an Kenntnissen und Erfahrungen zu den Ergebnissen beitragen. Die Zusammensetzung des Forschungsteams sollte also immer beachtet werden (siehe dazu auch die Beispiele zu Forschungsteam
(Bsp. 6.1 - 6.3).
Publikationen und Berichte enthalten Grafiken und Tabellen, um Ergebnisse zu visualisieren. Dabei werden auch Farben eingesetzt. Doch bei einer unüberlegten Wahl der Farbcodes ist die angestrebte Differenzierung für bestimmte Personen nicht wahrnehmbar. Denn 10% der Bevölkerung sind farbfehlsichtig oder farbenblind, wobei Männer zehnmal häufiger betroffen sind als Frauen. Zumeist sind es die Farben rot und grün die schwer oder nicht zu unterschieden sind, wesentlich seltener sind es gelb und blau.
Wenn also bei Grafiken und der zugehörigen Beschriftung rote und grüne Farbcodes verwendet werden, dann sind sie für die Betroffenen unbrauchbar oder zumindest äußerst schwierig zu interpretieren. Es können andere Farben oder zusätzlich farbunabhängige Codierungen verwendet werden, beispielsweise durch unterschiedliche Linientypen, Formen und Schraffierungen.
Der Kontaktlinsenhersteller Lenstore bietet auf seiner Internetseite an, Fotografien genau so zu erleben, wie farbenblinde Personen (https://www.lenstore.de/vc/farbwechsel/).
Literatur zu Beispiel 1.1.
Neben den unmittelbaren Nutzer*innen und Zielgruppen können beispielsweise auch Förderungsagenturen, Behörden oder Anrainer*innen eine wichtige Rolle für Ihre Forschung spielen. Diese unterschiedlichen Gruppen zu Beginn eines Forschungsprojektes zu analysieren und festzulegen, wer in welcher Form berücksichtigt werden sollte, kann wesentlich zum Gelingen des Projektes beitragen.
Für neue Technologien ist es wichtig, Akzeptanz und Bedienbarkeit sicherzustellen. Implizite Annahmen können jedoch dazu führen, dass wichtige Zielgruppen vernachlässigt werden.
Wenn beispielsweise Dienstleistungen nur noch über das Smartphone angeboten werden, werden vor allem technikaffine Personen angesprochen, die eventuell auch jünger sind. Denn der Zugang zu Technologien, Interesse und erforderliche Kompetenzen sind gesellschaftlich unterschiedlich verteilt. Die Reichweite der Anwendung kann wesentlich verbessert werden, wenn die Bedürfnisse und Anforderungen von technikfernen, technikkritischen oder älteren Personen berücksichtigt werden (vgl. Bath 2015, Marsden 2014).
Literatur zu Beispiel 1.2.
Personengruppen haben unterschiedliche Erwartungen an ein technisches Produkt oder die Ergebnisse eines Forschungsprojektes (vgl. Wilkowska, Gaul & Ziefle 2010). Das kann beispielsweise mit unterschiedlichen persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Arbeits- und Lebensumgebung, körperlichen Eigenschaften, Gesundheit, Alter, oder dem Geschlecht zusammenhängen. Dazu kommen vielfältige Kulturen und Lebensstile, unterschiedliche wirtschaftliche und familiäre Ausgangssituationen, wie bspw. Betreuungsaufgaben. Diese Faktoren können sich auch gegenseitig verstärken, z. B. wenn kulturell bedingt eher Frauen oder eher Männer ein Gerät benutzen.
Manchmal gibt es auch wichtige gemeinsame Grundlagen, z.B. wenn ein technisches Gerät nur in bestimmten Berufen bzw. mit einer bestimmten Ausbildung genutzt wird.
Wie kann ermittelt werden, welche Faktoren relevant sind und wie sie zusammenhängen? Am besten durch eine diverse Gruppe von Personen, die der Vielfalt der Nutzer*innen entspricht. Zusätzlich können Instrumente wie beispielsweise Empathy Maps eingesetzt werden (Gray 2017), mit deren Hilfe Vertreter*innen einer Zielgruppe systematisch beschrieben werden – hinsichtlich ihres Umfelds, ihrer potenziellen negativen und positiven Einstellungen und Erwartungen oder anderer Aspekte.
Literatur zu Beispiel 1.3.
Bisherige Forschung hat möglicherweise schon Diversitätsaspekte berücksichtigt. Eine Analyse der Literatur zeigt Ihnen auch Lücken in der bestehenden Forschung auf.
Achten Sie bei der Analyse der gefundenen Literatur darauf, wie mit Diversitätsaspekten umgegangen wird, auch wenn diese nicht im Zentrum der jeweiligen Publikation stehen.
Im Bereich der Artificial Intelligence ist es wichtig, mit welchen Daten Algorithmen getestet wurden. So zeigte eine Studie (vgl. Buolamwini & Gebru 2018), dass kommerzielle Anwendungen von Gesichtserkennungsprogrammen selbst bei einfachen Aufgaben wie der automatischen Erkennung des Geschlechts einer Person auf einem Foto, sehr unterschiedliche Treffsicherheit aufweisen: Frauen wurden schlechter als Männer erkannt, und das Geschlecht von dunkleren Hauttypen wurde deutlich seltener richtig klassifiziert als das von helleren Hauttypen. Das hat nicht zuletzt mit den Daten zu tun, die zum Training der Programme eingesetzt werden. Durch Über- oder Unterrepräsentation von bestimmten Gruppen kann es zu unbeabsichtigten Verzerrungen (Biases) z.B. in Bezug auf Geschlecht, Ethnie oder Kultur kommen. Beispielsweise kommen 45% der Bilder in der vielgenutzten Plattform „ImageNet“ aus den USA, wo aber nur 4% der Weltbevölkerung leben. (vgl. Zou & Schiebinger 2018)
Literatur zu Beispiel 2.1.
Buolamwini, Joy & Gebru, Timnit (2018). Gender Shades: Intersectional Accuracy Disparities in Commercial Gender Classification, Proceedings of Machine Learning Research 81:1–15, 2018. http://proceedings.mlr.press/v81/buolamwini18a.html
Zou, James & Schiebinger, Londa (2018). AI can be sexist and racist – it’s time to make it fair, Nature. https://www.nature.com/articles/d41586-018-05707-8
Achten Sie darauf, wie die methodische Vorgehensweise in der Literatur dokumentiert wird (siehe dazu auch die Beispiele zu Konzepte & Modelle
(Bsp. 3.1-3.3) sowie zum Forschungsdesign
(Bsp. 4.1-4.4). Auch scheinbar neutrale Algorithmen können Vorurteile reproduzieren, wenn sie auf von Menschen produzierte Informationen angewandt werden. Beim unreflektierten Einsatz von als neutral
angenommenen Algorithmen werden somit Fragen der Moral, des erwünschten Umgangs mit Vorurteilen und der gesellschaftlichen Vielfalt ausgeklammert.
Word embeddings
sind Grundbestandteile vieler Machine Learning Anwendungen in der elektronischen Verarbeitung natürlicher Sprache (natural language processing). Für die Anwendung in Algorithmen ist es wesentlich, Wörter mathematisch darzustellen. Word embeddings sind dabei Vektoren, die ein Wort und gleichzeitig auch dessen Bedeutung im Kontext anderer Wörter repräsentieren. Wörter, die häufig in ähnlichen Zusammenhängen verwendet werden, haben dementsprechend ähnliche Vektoren. Dadurch werden allerdings auch implizite Verzerrungen und Vorurteile in Bezug auf Geschlecht / Gender, die in den Trainingsdaten vorhanden sind, explizit gemacht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn man
in der gleichen Weise mit computer programmer
assoziiert wird wie woman
mit homemaker
(siehe Bolukbasi et al. 2016). Der weit verbreitete Einsatz von word embeddings birgt dabei die Gefahr, diese Stereotype weiter zu verstärken. Gleichzeitig sind aber auch genug Informationen vorhanden, um Verzerrungen und Vorurteile zu reduzieren. Tolga Bolukbasi et al. (2016) schlagen eine Methodik vor, um word embeddings so zu modifizieren, dass geschlechtsspezifische Stereotype entfernt werden, aber gewünschte Assoziationen erhalten bleiben. Dazu werden geschlechtsspezifische von geschlechtsneutralen Wörtern unterschieden und bei Letzteren die Geschlechts-Dimension im Vektor entfernt. (Bolukbasi et al. 2016; Becker 2018).
Literatur zu Beispiel 2.2.
Becker, Roland (2018). KI Basics – Word Embeddings – Methoden zur Repräsentation von Wörtern in Algorithmen und neuronalen Netzen. Website Beitrag, 21.5.2018. JUST ADD AI: https://jaai.de/word-embeddings-worteinbettung-word2vec-glove-bag-of-words-1872/
Bolukbasi, Tolga; Chang, Kai-Wei; Zou, James; Saligrama, Venkatesh; & Kalai, Adam (2016). Man is to Computer Programmer as Woman is to Homemaker? Debiasing Word Embeddings. 30th Conference on Neural Information Processing Systems (NIPS 2016), Barcelona, Spain., 9p. https://papers.nips.cc/paper/6228-man-is-to-computer-programmer-as-woman-is-to-homemaker-debiasing-word-embeddings.pdf
Folgende Strategie bezüglich Forschungslücken könnte hilfreich sein (vgl. Nieuwenhoven & Klinge 2010, Beery & Zucker 2011):
Immer wieder entdeckten Ingenieur*innen und Forschende beispielsweise Forschungslücken im Zusammenhang mit Crashtest-Dummies, die zu Sicherheitsüberprüfungen in der Fahrzeugindustrie eingesetzt werden. Diese Dummies wurden erstmals in den späten 1940ern eingesetzt und waren ursprünglich am jungen, weißen, kräftigen, 70 kg schweren Mann
orientiert. Erst später kamen weibliche Modelle (ab den späten 1960ern), Kindermodelle (1980er) und Babymodelle (1990) dazu (vgl. Gendered Innovations – Pregnant Crash Test Dummies 2019). Das diente in erster Linie dazu, um unterschiedliche Körpergrößen abzudecken. (Durchschnittliche Körpergrößen variieren übrigens nicht nur zwischen Männern und Frauen, sondern auch zwischen unterschiedlichen Ländern – bspw. sind Menschen aus (nord-)europäischen Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden eher groß, Menschen aus asiatischen Ländern eher klein).
Erst 1996 wurde ein Modell entwickelt, das die besonderen Anforderungen in der Schwangerschaft berücksichtigt. Beispielsweise ist das Anschnallen mit dem Dreipunkt-Sicherheitsgurt für Schwangere schwierig und bei Unfällen sogar gefährlich für das ungeborene Kind (vgl. Bath 2015, Gendered Innovations – Pregnant Crash Test Dummies 2019, Linder & Svedberg 2019). Aktuell werden in den USA Modelle entwickelt, die den Körperbau und besondere Anforderungen von älteren und übergewichtigen Personen berücksichtigen, die einen wachsenden Anteil der Bevölkerung ausmachen (Kirkendoll 2017).
Literatur zu Beispiel 2.3.
Bath, Corinna (Hrsg.) (2015). Gender, Technik und Mobilität. Innovative, soziotechnische Lösungen für gesellschaftliche, wissenschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen. Technische Universität Braunschweig, Maria-Goeppert-Mayer-Professur für Gender, Technik und Mobilität. https://www.tu-braunschweig.de/Medien-DB/gtm/bath/151002_tu-bs_imagebroschuere_gender_2-auflage_rz_k4.pdf
Beery, Annaliese K. & Zucker, Irving (2011). Sex Bias in Neuroscience and Biomedical Research. In: Neurosci Biobehav Rev. 2011 January ; 35(3): 565–572. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3008499/pdf/nihms230882.pdf
Gendered Innovations – Pregnant Crash Test Dummies (2019). Pregnant Crash Test Dummies: Rethinking Standards and Reference Models. https://genderedinnovations.stanford.edu/case-studies/crash.html#tabs-2
Kirkendoll, Shantell M. (2017). Car Crash-Test Dummies Move Beyond Young, Thin and Male. Artikel vom 11.1.2017, Michigan Health Lab, University of Michigan. https://labblog.uofmhealth.org/body-work/car-crash-test-dummies-move-beyond-young-thin-and-male
Linder, Astrid & Svedberg, Wanna (2019). Review of average sized male and female occupant models in European regulatory safety assessment tests and European laws: Gaps and bridging suggestions. Accident Analysis and Prevention 127:156-162. https://doi.org/10.1016/j.aap.2019.02.030
Niewenhoven, Linda & Klinge, Ineke (2010). Scientific Excellence in Applying Sex- and Gender-Sensitive Methods in Biomedical and Health Research. Journal of Women’s Health, Vol19, No. 2. DOI:10.1089/jwh.2008.1156
Eine kritische Analyse verdeutlicht, ob sich ein Theorierahmen für Ihr Vorhaben eignet oder ob Anpassungen erforderlich sind.
Implizite oder explizite "Hintergrundannahmen" innerhalb einer Forschungsgemeinschaft prägen die verwendeten Konzepte und Theorien und damit die Art und Weise, wie Forschung betrieben wird. Versuchen Sie, diese Annahmen zu analysieren und unbewusste Vorstellungen aufzudecken. Modelle vereinfachen die Sichtweise, können dadurch aber auch die Qualität und Innovationsfähigkeit der Forschung beeinträchtigen (vgl. Nieuwenhoven & Klinge 2010, S.318).
Mobilitätsstatistiken beruhen auf einem Modell bzw. Kategorienbildung über unterschiedliche Wegzwecke. In der österreichischen Mobilitätserhebung sind das konkret: Arbeitsplatz, dienstlich/geschäftlich, Schule/Ausbildung, Bring- und Holwege, Einkaufen, Erledigung, Freizeit, Besuch, Anderer Zweck (BMVIT 2016). Betreuungsaufgaben und Versorgungsverpflichtungen sind jedoch ein wichtiger Teil vieler dieser „klassischen“ Wegekategorien, ohne dass sie explizit ausgewiesen werden. Das Konzept „Mobility of Care“ berücksichtigt genau diesen Aspekt nicht nur in Statistiken und ermöglicht damit, das Mobilitätsverhalten von Menschen mit Betreuungsaufgaben zu quantifizieren (vgl. Sánchez de Madariaga 2013). Gleichzeitig wird auch betont, dass Menschen mit Betreuungsaufgaben vor besonderen Herausforderungen stehen. Das sind häufig Frauen, die beispielsweise Kinder, ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung betreuen. Sie legen besonders oft komplexe Wegeketten zurück, müssen die Bedürfnisse der betreuten Personen berücksichtigen, sind abhängig bspw. von Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen, haben oft viel „Gepäck“ (wie bspw. Kinderwagen, Rollstuhl) etc. Diese Aspekte spielen nicht zuletzt für die Verkehrsmittelwahl eine wesentliche Rolle und sollten in der Verkehrsplanung genauso wie in der Fahrzeugentwicklung berücksichtigt werden (vgl. z.B. B-NK 2016, Gendered Innovations – Public Transportation 2019, Sánchez de Madariaga 2013).
Literatur zu Beispiel 3.1.
BMVIT (2016). Österreich unterwegs 2013/2014. Ergebnisbericht zur österreichweiten Mobilitätserhebung „Österreich unterwegs 2013/2014“. https://www.bmk.gv.at/dam/jcr:fbe20298-a4cf-46d9-bbee-01ad771a7fda/oeu_2013-2014_Ergebnisbericht.pdf
B-NK (2016). Mobilität von Personen mit Betreuungsaufgaben. Qualitative Studie (Gender Modul) zur österreichweiten Mobilitätserhebung „Österreich unterwegs 2013/2014“. Büro für nachhaltige Kompetenz (BNK). http://www.b-nk.at/wp-content/uploads/2019/12/Mobilitaet_von_Personen_mit_Betreuungsaufgaben.pdf
Gendered Innovations – Public Transportation (2019). Public Transportation: Rethinking Concepts and Theories. http://genderedinnovations.stanford.edu/case-studies/transportation.html#tabs-2
Niewenhoven, Linda & Klinge, Ineke (2010). Scientific Excellence in Applying Sex- and Gender-Sensitive Methods in Biomedical and Health Research. Journal of Women’s Health, Vol19, No. 2. DOI:10.1089/jwh.2008.1156
Sánchez de Madariaga, Inés (2013). From Women in Transport to Gender in Transport: Challenging Conceptual Frameworks for Improved Policymaking. Journal of International Affairs Vol. 67, No. 1, The Gender Issue: Beyond Exclusion (FALL/WINTER 2013), pp. 43-65. https://www.jstor.org/stable/24461671
Der persönliche Hintergrund prägt unsere Herangehensweise an Aufgaben und Problemstellungen. Der Begriff "I-Methodology" bezieht sich auf die Tendenz, Produkte so zu entwickeln, dass sie den eigenen Interessen & Fähigkeiten entsprechen, wodurch andere Personen (bewusst oder unbewusst) außer Acht gelassen werden (vgl. Europäische Kommission 2013).
Eine einfache Differenzierung von Frauen und Männern kann zu stereotypen Annahmen führen und damit an den tatsächlichen Anforderungen der Nutzer*innen vorbei gehen (vgl. Buchmüller, Bath & Henze 2018).
Ein Beispiel ist die Differenzierung von "blauen" (Fokus auf Kampf) und "pinken" (Fokus auf Mode) Videospielen beruhend auf der Annahme, dass die Interessen und Fähigkeiten von Frauen und Männern grundlegend unterschiedlich sind. Es lässt sich jedoch zeigen, dass einige der beliebtesten Spiele für ein breites Publikum konzipiert sind und für Frauen und Männer gleichermaßen interessant sind (vgl. Gendered Innovations – Video Games 2019). Nicola Marsden (2014) schlägt in diesem Zusammenhang z.B. für die Softwareentwicklung vor, genau zu hinterfragen, was aus den Ergebnissen gelernt werden kann, um die Software für alle Nutzer*innen zu verbessern. Ziel sollte es sein, die Software möglichst inklusiv, für unterschiedliche Zielgruppen und Nutzungskontexte, zu gestalten, statt den Kreis der potenziellen Nutzer*innen unnötig zu verkleinern.
Literatur zu Beispiel 3.2.
Buchmüller, Sandra; Bath, Corinna; Henze, Roman (2018). To whom does the driver's seat belong in the future? A case of negotiation between gender studies and automotive engineering. In Proceedings of 4th Gender&IT conference, Heilbronn, Germany (GenderIT’18). ACM, New York, NY, USA, 10 pages. Doi: 10.1145/3196839.3196866
Europäische Kommission (2013). Gendered Innovations. How Gender Analysis Contributes to Research. Report of the Expert Group “Innovation through Gender” Report: http://ec.europa.eu/research/science-society/document_library/pdf_06/gendered_innovations.pdf
Gendered Innovations – Video Games (2019). Video Games: Engineering Innovation Processes. https://genderedinnovations.stanford.edu/case-studies/games.html
Marsden, Nicola (2014). Gender-UseIT. HCI, Usability und UX unter Gendergesichtspunkten. Leitlinien für die Praxis. https://www.gender-wissen-informatik.de/content/download/199/file/Gender-UseIT_20141105_final.pdf
Modelle ermöglichen es, komplexe Zusammenhänge zu veranschaulichen und zu bearbeiten, indem jene Details weggelassen werden, die als nicht relevant erachtet werden. Durch Modelle können Theorien überprüft werden, sie bauen auf bisherigen Erkenntnissen auf. Sie können jedoch auch das Denken der Forschenden einschränken, gerade weil manche Faktoren nicht Bestandteil des Modells sind oder der Abstraktions- bzw. Aggregationsgrad die Einbeziehung weiterer Faktoren bzw. deren Differenzierung erschwert. Wenn die Grundannahmen hinterfragt werden und kritisch geprüft wird, welche Analysen auf Basis des Modells möglich sind, können Ergebnisse verbessert und auch neue Forschungsfragen entwickelt werden.
Es wurden bereits zahlreiche Simulationsmodelle zur Energieeffizienz von Gebäuden entwickelt, die das Verhalten der Nutzer*innen berücksichtigen. Dabei handelt es sich meist um stochastische Modelle, die auf Basis großer Datenmengen aus Langzeitstudien statistische Zusammenhänge herstellen zwischen Umweltfaktoren und der untersuchten “Strategie” der Nutzer*innen, z.B. Fenster öffnen, Verwendung von Beschattung / Beleuchtung. In konventionellen Simulationen für Gebäude werden komplexe Zusammenhänge zwischen Nutzer*innenverhalten und Energiebedarf nicht dargestellt (vgl. Yan et al. 2015, Kim et al 2017): Zum Beispiel könnte eine Simulation ergeben, dass eine möglichst große Fensterfläche hilft, das Tageslicht maximal auszunutzen. Bei zu großen Fensterflächen werden Nutzer*innen jedoch oft geblendet und neigen daher eher dazu, Jalousien zu verwenden und sich auf elektrische Beleuchtung zu verlassen. Die Verwendung von Jalousien kann auch davon abhängen, ob die Nutzer*innen einen freien Blick nach draußen haben möchten, oder den Einblick anderer von außen abhalten möchten.
Literatur zu Beispiel 3.3.
Frigg, Roman and Hartmann, Stephan (2018). Models in Science. The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Summer 2018 Edition), Edward N. Zalta (ed.). https://plato.stanford.edu/archives/sum2018/entries/models-science/
Kim, Jungsoo; de Dear, Richard; Parkinson, Thomas; Candido, Christhina (2017). Understanding patterns of
adaptive comfort behaviour in the Sydney mixed-mode residential context. Energy and Buildings
141:274-283. https://doi.org/10.1016/j.enbuild.2017.02.061
Yan, Da; O’Brien, William; Hong, Tianzhen; Feng, Xiaohang; Gunay, H. Burak; Tahmasebi, Farhang; Mahdavi, Ardeshir (2015). Occupant behavior modeling for building performance simulation: Current state and future challenges. Energy and Buildings 107:264-278. https://doi.org/10.1016/j.enbuild.2015.08.032
Eine gut ausgearbeitete Methodik ermöglicht es Ihnen, alle relevanten Variablen zu berücksichtigen und die notwendigen Daten zu erheben.
Nicht immer können interessante Aspekte direkt erhoben bzw. gemessen werden – eine Operationalisierung legt fest, mit welchen Indikatoren theoretische Konzepte erfasst werden sollen (vgl. z.B. Meyer 2004, Döring 2013). Damit wird festgelegt, was genau beobachtet und gemessen wird, um in weiterer Folge Hypothesen zu prüfen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Manchmal sind innerhalb eines Forschungsteams intensive Diskussionsprozesse notwendig, um ein gemeinsames Verständnis zu erreichen. Buchmüller, Bath & Henze (2018) beschreiben die Zusammenarbeit von Ingenieur*innen und Genderforschenden im Bereich automatisiertes Fahren. Fundamentale Konzepte über Menschen, Technologie, Wissenschaft & Forschung unterscheiden sich zwischen diesen Gruppen und mussten diskutiert werden. Das gemeinsame Interesse an den Fahrzeugnutzer*innen war schließlich wesentlich, um zwischen unterschiedlichen Intentionen der Forschungspartner*innen zu vermitteln:
Auf dieser Basis einigten sich die Forscher*innen, sozio-kulturelle Aspekte in ihrem Forschungsdesign zu integrieren, und sich auf besonders anspruchsvolle Gruppen von Nutzer*innen zu konzentrieren (z.B. stark risikoorientierte Fahrer*innen).
Literatur zu Beispiel 4.1.
Buchmüller, Sandra; Bath, Corinna; Henze, Roman (2018). To whom does the driver's seat belong in the future? A case of negotiation between gender studies and automotive engineering. In Proceedings of 4th Gender&IT conference, Heilbronn, Germany (GenderIT’18). ACM, New York, NY, USA, 10 pages. Doi: 10.1145/3196839.3196866
Döring, Nicola (2013). Zur Operationalisierung von Geschlecht im Fragebogen: Probleme und Lösungsansätze aus Sicht von Mess-, Umfrage-, Gender- und Queer-Theorie. GENDER Heft 2/2013, S.94-113. http://www.nicola-doering.de/wp-content/uploads/2014/08/D%C3%B6ring-2013-Zur-Operationalisierung-von-Geschlecht-im-Fragebogen.pdf
Meyer, Wolfgang (2004). Indikatorenentwicklung: Eine praxisorientierte Einführung. 2. Auflage. Saarbrücken: Centrum für Evaluation, 2004. CEval-Arbeitspapiere 10. http://new.ceval.de/modx/fileadmin/user_upload/PDFs/workpaper10.pdf
Nieuwenhoven & Klinge (2010) stellen eine Reihe von Fragen zu geschlechts- und genderspezifischen Methoden zur Verfügung, die es ermöglichen, geschlechtsspezifische Daten zu sammeln (dies gilt auch für andere Aspekte der Vielfalt):
Bei der Entwicklung von Assistenzrobotern wurden kulturelle Unterschiede bisher kaum berücksichtigt. In einem multidisziplinären, europäisch-japanischen Projekt (CARESSES) soll diese Lücke geschlossen und ein interkulturell kompetenter Roboter zur Seniorenbetreuung entwickelt werden. Der Roboter soll ältere Menschen in ihrem Alltag unterstützten und sich dabei in Bezug auf Verhalten, Sprache und Interaktion an ihre kulturspezifischen Bedürfnisse und Präferenzen anpassen können. Dadurch soll die Akzeptanz der Technologie bei den Betroffenen genauso wie die Markttauglichkeit des Roboters erhöht werden. (vgl. Bruno et al. 2017, CARESSES 2019). Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die Mehrheit der älteren Menschen und der Pflegekräfte Frauen sind. Unterschiede in Bezug auf die Häufigkeit von bestimmten Erkrankungen, die sozialen und körperlichen Bedürfnisse und die Interaktion mit Technologien können dabei eine Rolle spielen (vgl. Europäische Kommission 2013, Gendered Innovations – Assistive Technologies 2019, Eiffe et al. 2012, Statistik Austria 2019).
Indem alle Aspekte von Beginn an berücksichtigt werden, kann die notwendige Datenbasis geschaffen werden, um sie für die Entwicklung der Assistenztechnologien heranzuziehen.
Literatur zu Beispiel 4.2.
Bruno, Barbara; Chong, Nak Young; Kamide, Hiroko; Kanoria, Sanjeev; Lee, Jaeryoung; Lim, Yuto; Pandey, Amit Kumar; Papadopoulos, Chris; Papadopoulos, Irena; Pecora, Federico; Saffiotti, Alessandro; Sgorbissa, Antonio (2017). The CARESSES EU-Japan Project: Making Assistive Robots Culturally Competent. In: Casiddu N., Porfirione C., Monteriù A., Cavallo F. (eds) Ambient Assisted Living. ForItAAL 2017. Lecture Notes in Electrical Engineering, vol 540. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-04672-9_10
CARESSES (2019). CARESSES - Culture-Aware Robots and Environmental Sensor Systems for Elderly Support. Projektwebsite. http://caressesrobot.org/en/
Eiffe, Franz Ferdinand; Till, Matthias; Datler, Georg; Heuberger, Richard; Glaser, Thomas; Kafka, Elisabeth; Lamei, Nadja; Skina, Magdalena; Till-Tentscher, Ursula (2012). Soziale Lage älterer Menschen in Österreich. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK). Online: http://www.studienreihe.at/cms/Z02/Z02_2.a/1342538152381/bisherige-studien/studien-einzelband-uebersicht/band-11-soziale-lage-aelterer-menschen-in-oesterreich
Europäische Kommission (2013). Gendered Innovations. How Gender Analysis Contributes to Research. Report of the Expert Group “Innovation through Gender” Report: http://ec.europa.eu/research/science-society/document_library/pdf_06/gendered_innovations.pdf
Gendered Innovations – Assistive Technologies (2019). Exploring Markets for Assistive Technologies for the Elderly. http://genderedinnovations.stanford.edu/case-studies/robots.html#tabs-2
Niewenhoven, Linda & Klinge, Ineke (2010). Scientific Excellence in Applying Sex- and Gender-Sensitive Methods in Biomedical and Health Research. Journal of Women’s Health, Vol19, No. 2. DOI: 10.1089/jwh.2008.1156
Statistik Austria (2019). Bevölkerung nach Alter und Geschlecht. Online: https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/bevoelkerungsstruktur/bevoelkerung_nach_alter_geschlecht/index.html
Durch die Einbindung von Proband*innen, Anwender*innen oder Betroffenen können „blinde Flecken“ identifiziert werden, Studiendesigns erprobt oder Ergebnisse überprüft werden. Eine Methode ist der Participatory Design Ansatz, bei dem Personen bereits von Anfang an in den Entwicklungsprozess einbezogen werden (von der Festlegung von Forschungszielen über das Sammeln und Auswerten von Daten bis hin zur Gebrauchstauglichkeit). Nutzer*innen werden beispielsweise dazu angeregt, über ihre Bedürfnisse und Anforderungen nachzudenken und sie explizit auszudrücken.
Für den Aufbau von Infrastruktur zur Wasserversorgung in Entwicklungsländern ist es wichtig, gezielt Frauen einzubeziehen: Sie sind oft traditionell dafür zuständig, Wasser zu holen und verfügen über spezialisiertes Wissen zu Wasserquellen und anderen Herausforderungen (vgl. Schiebinger & Schraudner 2011; Gendered Innovations – Water Infrastructure). Es ist also entscheidend, mit wem gesprochen wird, z.B. wenn Arbeitsteilung geschlechtsspezifisch ist.
Literatur zu Beispiel 4.3.
Gendered Innovations – Participatory Research and Design (2019). http://genderedinnovations.stanford.edu/methods/participatory.html
Gendered Innovations – Water Infrastructure (2019). Water Infrastructure: Participatory Research and Design. http://genderedinnovations.stanford.edu/case-studies/water.html#tabs-2
Schiebinger, Londa & Schraudner, Martina (2011). Interdisciplinary Approaches to Achieving Gendered Innovations in Science, Medicine, and Engineering. Interdisciplinary Science Reviews, Vol. 3 No 2, June 2011, pp. 154-167. https://doi.org/10.1179/030801811X13013181961518
Nehmen Sie unterschiedliche Personengruppen in Ihre Stichprobe auf (Geschlecht, Alter etc.). Wenn Sie spezielle Diversitätsaspekte untersuchen, die Sie besonders interessieren, geben Sie dies in Ihren Veröffentlichungen an und erläutern Sie die Gründe für die Auswahl.
Untersuchungen der Arbeitsteilung in Service Call Centern zeigten, dass die meisten Mitarbeitenden mit direktem Kundenkontakt Frauen sind. Diese arbeiteten typischerweise mit Software, die auf der Einschätzung der Bedürfnisse durch das Management basierte. Die direkte Beobachtung der konkreten Arbeitsabläufe im Call Center führte dazu, dass die verwendete Software adaptiert und so die Produktivität gesteigert werden konnte. (vgl. Europäische Kommission 2013, Maass et al. 2007, Russell 2008)
Literatur zu Beispiel 4.4.
Europäische Kommission (2013). Gendered Innovations. How Gender Analysis Contributes to Research. Report of the Expert Group “Innovation through Gender” Report: http://ec.europa.eu/research/science-society/document_library/pdf_06/gendered_innovations.pdf
Maass, Susanne & Rommes, Els (2007). Uncovering the Invisible: Gender-Sensitive Analysis of Call Center Work and Software. In Zorn, I., Maass, S., Rommes, E., Schirmer, C., & Schelhowe, H. (Eds.), Gender Designs IT: Construction and Deconstruction of Information Society Technology, pp. 97-109. Berlin: VS Verlag Für Sozialwissenschaften
Russell, Bob (2008). Call Centres: A Decade of Research. International Journal of Management Reviews, 10 (3), 195-219. https://doi.org/10.1111/j.1468-2370.2008.00241.x
Eine kritische Evaluierung Ihrer Ergebnisse vermeidet Verzerrungen und Erklärungen, die leicht infrage gestellt werden können. Sie ist auch wichtig, um zu planen, wie Sie Ihre Ergebnisse weiter nutzen können.
Analysieren und berichten Sie Ergebnisse aufgeschlüsselt nach Geschlecht und weiteren Aspekten (vgl. Beery & Zucker 2011, Niewenhoven & Klinge 2010, Europäische Kommission 2011):
Im Bereich Maschinelles Lernen ist es besonders wichtig, transparent auszuweisen, welche Datensets zum Trainieren von Algorithmen verwendet wurden. Das Data Nutrition Project
zielt darauf ab, mögliche Quellen von Fehlern und Verzerrungen (Bias) in den verwendeten Datensets zu identifizieren, bevor auf Grundlage dieser Daten Modelle und Algorithmen entwickelt werden.
Dazu wird – im Stil einer Nährwertkennzeichnung auf Lebensmitteletiketten (engl. nutrition label
) – ein standardisierter Überblick über die Inhalte von Datensets vorgeschlagen. In unterschiedlichen, flexibel kombinierbaren Modulen beinhaltet das etwa Metadaten, die Herkunft der Daten, Variablen, Statistiken, Verteilungen, fehlende Daten, Korrelationen zwischen ausgewählten Variablen, etc. Wenn es um Menschen geht, spielen dabei Aspekte wie Geschlecht oder Ethnizität eine wichtige Rolle. (https://datanutrition.media.mit.edu/)
Literatur zu Beispiel 5.1.
Beery, Annaliese K. & Zucker, Irving (2011). Sex Bias in Neuroscience and Biomedical Research. In: Neurosci Biobehav Rev. 2011 January ; 35(3): 565–572. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3008499/pdf/nihms230882.pdf
Europäische Kommission (2011). Toolkit Gender in EU-funded research. https://publications.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/c17a4eba-49ab-40f1-bb7b-bb6faaf8dec8/language-en
Niewenhoven, Linda & Klinge, Ineke (2010). Scientific Excellence in Applying Sex- and Gender-Sensitive Methods in Biomedical and Health Research. Journal of Women’s Health, Vol19, No. 2. DOI:10.1089/jwh.2008.1156
The Data Nutrition Project (2018). The Data Nutrition Project. Empowering data scientists and policymakers with practical tools to improve AI outcomes. Website. https://datanutrition.media.mit.edu/
Die Differenzierung von Personengruppen bringt die Gefahr mit sich, dass Unterschiede auch dann reproduziert werden, wenn andere Zusammenhänge entscheidender sind. Berücksichtigen Sie den Kontext Ihrer Studie und erkennen Sie Umwelteinflüsse und Überschneidungen / Intersektionen (z.B. Kultur, Geographie, Zeit, Erfahrungen, Geschlecht). Diskutieren Sie, wie die neuen Informationen über Unterschiede und Ähnlichkeiten von Personengruppen für neue Forschungsvorhaben und in der Praxis umgesetzt werden können.
So führten beispielsweise beobachtete statistisch signifikante Unterschiede zwischen der Knieanatomie von Männern und Frauen zur Entwicklung einer geschlechtsspezifischen Knieprothese. Die Körpergröße (die sich mit dem Geschlecht überschneidet, d.h. im Durchschnitt sind Frauen kleiner als Männer) ist jedoch ein wichtigerer Faktor für die Auswahl und Anpassung von Prothesen als das Geschlecht. (vgl. Europäische Kommission 2013, Gendered Innovations – De-Gendering the Knee 2019).
Literatur zu Beispiel 5.2.
Europäische Kommission (2013). Gendered Innovations. How Gender Analysis Contributes to Research. Report of the Expert Group “Innovation through Gender” Report: http://ec.europa.eu/research/science-society/document_library/pdf_06/gendered_innovations.pdf
Gendered Innovations – De-Gendering the Knee (2019). De-Gendering the Knee: Overemphasizing Sex Differences as a Problem. https://genderedinnovations.stanford.edu/case-studies/knee.html
Für exzellente Resultate ist es ausschlaggebend, dass Teammitglieder unterschiedliche Kompetenzen einbringen. Arbeitsbedingungen und -prozesse können wesentlich zur Kooperation beitragen und zu exzellenten Leistungen motivieren.
Je nach Bedeutung von Diversitäts-Aspekten in Ihrer Forschung können Sie ...
... Forschende mit dem erforderlichen Fachwissen für Ihr Kernteam rekrutieren.
... externe Diversitäts-Expert*innen mit Schulungen und Beratungen beauftragen, damit Ihr Team das erforderliche Fachwissen entwickeln kann. (Solche Schulungen sind beispielsweise förderfähige Kosten im Rahmen von Horizon 2020 Projekten, siehe Europäische Kommission 2019b). Die Methoden der Geschlechter- und Diversitätsanalyse zu kennen, wird Ihr Forschungsteam dabei unterstützten, Forschungsschwerpunkte neu zu denken und neue Ideen zu entwickeln.
Da der Männeranteil unter Ingenieur*innen und Designer*innen hoch ist, kann dies zu einem "männlichen Standard" führen, wenn das Bewusstsein für die Auswirkungen fehlt. So erkannten frühe Spracherkennungssysteme nur männliche Stimmen, weil die Technologie daraufhin angepasst wurde (vgl. Bath 2009).
Ein Ansatz, der hier genutzt werden kann, ist das Gender Swapping
wobei den fiktive Personen mit konkreten Eigenschaften beschrieben werden, die Gruppen von Nutzer*innen symbolisieren: Wird das Geschlecht einer fiktiven Person getauscht, können Genderaspekte gezielt reflektiert werden. (vgl. Marsden 2014, Turner & Turner 2011).
Literatur zu Beispiel 6.1.
Bath, Corinna (2009). Searching for methodology: Feminist technology design in computer science. 9p. http://www.informatik.uni-bremen.de/soteg/gict2009/proceedings/GICT2009_Bath-geloescht.pdf
Europäische Kommission (2019b). Gender Equality in Horizon 2020. Participant Portal H2020 Online Manual. http://ec.europa.eu/research/participants/docs/h2020-funding-guide/cross-cutting-issues/gender_en.htm
Marsden, Nicola (2014). Gender-UseIT. HCI, Usability und UX unter Gendergesichtspunkten. Leitlinien für die Praxis. https://www.gender-wissen-informatik.de/content/download/199/file/Gender-UseIT_20141105_final.pdf
Turner, Phil & Turner, Susan (2011). Is stereotyping inevitable when designing with personas? Design Studies Vol. 32, Issue 1, January 2011:30-44. https://doi.org/10.1016/j.destud.2010.06.002
Eine ausgeglichene Teamzusammensetzung muss nicht immer einen Frauenanteil von 50% bedeuten. Denn die Anteile sind von der Fachdisziplin abhängig. Überprüfen Sie, ob die Zusammensetzung Ihres Teams dem relevanten wissenschaftlichen Fachbereich entspricht. So kann auch in Förderanträgen argumentiert werden.
Die She-Figures 2018
geben beispielsweise die Anzahl der Doktorand*innen nach Geschlecht und breitem Studiengebiet für das Jahr 2016 für die EU-28-Länder an (vgl. Europäische Kommission 2019a). Diese Zahlen sind für die Natur- und Ingenieurwissenschaften weiter in sieben Bereiche aufgegliedert, für andere Wissenschaftsbereiche werden keine Details berichtet.
Im Jahr 2017 erstellte Elsevier eine Studie auf der Grundlage von Publikationen, die auf Scopus und ScienceDirect gelistet sind, kombiniert mit Geschlechterdaten von verschiedenen Plattformen (vgl. Elsevier 2017). Die Studie beinhaltet die Anteile von Forschenden, die im Zeitraum 2011-2015 in 27 verschiedenen Themenbereichen publizierten (EU28). Laut dieser Studie liegt der Anteil der Frauen in der Informatik bei 22%, im Maschinenbau (mechanical engineering
) bei 24%, in Physik und Astronomie bei 25%, in der chemischen Verfahrenstechnik (chemical engineering
) bei 35%.
Literatur zu Beispiel 6.2.
Elsevier (2017). Gender in the Global Research Landscape. Analysis of research performance through gender lends across 20 years, 12 geographies, and 27 subject area. Online: https://www.elsevier.com/__data/assets/pdf_file/0008/265661/ElsevierGenderReport_final_for-web.pdf
Europäische Kommission (2019a). SHE FIGURES 2018. Directorate-General for Research and Innovation. Online: https://ec.europa.eu/info/publications/she-figures-2018_en
Soziale Vielfalt und interdisziplinäre Zusammenarbeit in einem Forschungsteam können bereichernd, aber auch sehr herausfordernd sein. Um das Potenzial zu nutzen, bedarf es gegenseitiger Wertschätzung. Hilfreich sind klare Rollen und Verantwortlichkeiten, gemeinsame Visionen und ein gemeinsames Verständnis zentraler Konzepte und Begriffe.
Mentoring ist eine häufig eingesetzte Maßnahme, um Chancengleichheit in der Karriereentwicklung zu fördern. Susan Colantuono hat in ihren Studien festgestellt, dass die Themen, die im Mentoring besprochen werden, sehr unterschiedlich sein können. Wenn der Fokus auf dem Aufbau von Selbstvertrauen liegt, werden wesentliche Aspekte der Karriereentwicklung vernachlässigt. Wichtig für die Karriere ist es, solche Aufgaben zu übernehmen, die Kompetenzen sichtbar machen und tatsächlich von strategischer Bedeutung sind. Das kann bspw. die Möglichkeit sein, selbständig zu publizieren oder eine Leitungsfunktion zu übernehmen. Führungskräfte sollten also besonders darauf achten, ob Aufgaben fair verteilt werden und wie Teammitglieder in der Entwicklung Ihrer Karriere unterstützt werden. (vgl. Colantuono 2012).
Literatur zu Beispiel 6.3.
Colantuono, Susan L (2012). Make the Most of Mentoring – Capitalize on Mentoring and Take your Career to the Next Level; Interlude Productions, Charlestown