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„Wir müssen den städtischen Wasserkreislauf wieder naturnah gestalten“

07.09.2023 | Planet research | FoE Sustainable Systems

Von Philipp Jarke und Falko Schoklitsch

Wie können wir mit Dürren und Überschwemmungen umgehen? Inwieweit sind wir selbst schuld daran? Daniela Fuchs-Hanusch vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau der TU Graz im Interview.

Für die Modellierung zukünftiger Grundwasserstände wünscht sich Daniela Fuchs-Hanusch detaillierte Daten zum Wasserverbrauch, vor allem in der Landwirtschaft. Derzeit sind Forschende noch auf Schätzungen angewiesen. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz

News + Stories: Es drängt sich der Eindruck auf, dass wir uns zwischen den Extremzuständen hin und her bewegen: Entweder haben wir viel zu viel Wasser oder viel zu wenig. Sind wir selbst schuld an dieser Situation?

Daniela Fuchs-Hanusch: Indem wir in den Wasserkreislauf eingreifen, sind wir mitverantwortlich. Nehmen wir den Hitzeinseleffekt in den Städten – durch aufsteigende Hitze nehmen die Gewitterstärke und die Niederschlagsintensität zu. Oder die Versiegelung: Ein Großteil des urbanen Niederschlags fließt relativ schnell in die Kanalisation. Bei Starkregen zu schnell. Man kann die Kanalisation nicht für solche Extremereignisse dimensionieren, das ist auch gar nicht in Bemessungsnormen gefordert. Mit einem Restrisiko ist daher immer zu rechnen. Wir beeinflussen also auch die Art und Intensität der Starkregenereignisse aber insbesondere deren Auswirkungen. Und die Versiegelung vermindert auch die Grundwasserneubildung, zumindest regional.

Es lässt sich also sagen, Versiegelung und fehlender Grünraum sind Faktoren, dass so viel Hitze in den Städten entsteht?

Fuchs-Hanusch: Genau, Hitzeinseln in den Städten sind Folge der Versiegelung. Neuere Studien zeigen außerdem, dass parkende Autos noch in der Nacht viel Hitze abgeben und daher die nötige Abkühlung nicht stattfindet. Vom Verkehr an sich brauchen wir gar nicht zu reden.

Spielt auch die Art der Materialien von Gebäuden und Straßen eine Rolle beim Hitzestau?

Fuchs-Hanusch: Die Gestaltung der Oberflächen spielt sicher eine Rolle, sei es bei der Farbe, dem Material oder der Struktur. Ideal sind Oberflächen, die Niederschlag aufnehmen, über Verdunstung wieder abgeben und so die Umgebung kühlen können. Daher ist urbanes Grün enorm wichtig: Seine Verdunstungsleistung stabilisiert den lokalen Wasserhaushalt und reduziert den Hitzeinseleffekt. Allerdings pflanzen viele Städte mittlerweile dürreresistente Bäume. Das Problem: Deren Verdunstungs- und Kühlungseffekt ist sehr gering. Zusammenfassend lässt sich sagen: Wasser in der Stadt zu halten und den urbanen Wasserkreislauf wieder naturnaher zu gestalten, ist entscheidend.

Ist in Stadtplanung und Architektur das nötige Bewusstsein für den Wasserkreislauf vorhanden?

Fuchs-Hanusch: Es könnte größer sein. Mit dem Projekt UniNEtZ, das sich unter anderem mit nachhaltiger Quartiersentwicklung beschäftigt, waren wir im Sonnwendviertel, dem Wiener Vorzeigequartier. Ich musste mit Schrecken feststellen, dass der naturnahe urbane Wasserkreislauf kaum eine Rolle spielt. Das Viertel besitzt zwar eine große Parkanalage, ist ansonsten aber stark versiegelt, es wurden nur sehr kleine Bäume gepflanzt, es gibt keine Fassadenbegrünungen und auch keine Biotope, obwohl genug Platz vorhanden wäre.

Welche Interessenkonflikte führen dazu, dass Wasser kaum berücksichtigt wird?

Fuchs-Hanusch: Das analysieren wir gerade. Ein Mitinitiator einer Baugruppe im Sonnwendviertel sagte mir: Hier gibt es leistbares Wohnen, Verkehrsberuhigung, Leih- und Lastenräder für alle, kleine Geschäfte – aber alles geht halt nicht. Immerhin ein Vorzeigeprojekt gibt es mit Dachbegrünung, Photovoltaik und einem kleinen Garten am Dach. Aber Konzepte der Schwammstadt – z.B. die Speicherung von Niederschlagswasser in den großflächigen unbefahrenen Bereichen – wurden nicht berücksichtigt. In bestehenden Teilen der Stadt ist das ohnehin schwierig, aber bei der Entwicklung neuer Quartiere ist es wirklich schade, wenn das nicht mit umgesetzt wird.

Man kann Gebäude auch so gestalten, dass sie den natürlichen Wasserhaushalt nicht stören.

Gibt es auch einen Zusammenhang zwischen Wohnform und Wasserverbrauch?

Fuchs-Hanusch: Ja, den gibt es. Wir arbeiten gerade gemeinsam mit der BOKU und dem Landwirtschaftsministerium an einer Studie zum Wasserbedarf und Verbrauchsspitzen in Abhängigkeit von der Wohnform. Das Einfamilienhaus mit Pool liegt da natürlich ganz vorne, sowohl beim Durchschnittsverbrauch als auch den Spitzen, die durchs Poolfüllen entstehen. In Wohnungen ist der Wasserverbrauch niedriger. Es macht schon einen Unterschied, ob Menschen ihren Traum vom Einfamilienhaus verwirklichen oder ob man den Stadtraum verdichtet und dort Gebäude mit begrünten Dächern und Fassaden ausstattet und den Menschen öffentlichen Naherholungsraum inklusive Wasserflächen zur Verfügung stellt. Man kann Gebäude auch so gestalten, dass sie den natürlichen Wasserhaushalt nicht stören.

Worauf liegt Ihr Forschungsfokus derzeit?

Fuchs-Hanusch: Mein Fokus liegt derzeit unter anderem auf der nachhaltigen Quartiersentwicklung, und hier natürlich auf der Berücksichtigung des Themas naturnaher urbaner Wasserhaushalt. Das ist eine große Herausforderung für mich als Technikerin. Die Gruppen, in denen ich aktiv bin, sind transdisziplinär, mit teilweise stark unterschiedlichen Herangehensweisen an das Thema. Eine Kollegin von der Architektur versucht, Nachhaltigkeitsindikatoren zu entwickeln, andere, die von der Soziologie kommen, analysieren auf Metaebenen. Ein so diverses Team finde ich sehr bereichernd

Was wäre eine wasserbezogene Maßnahme, um Stadtquartiere nachhaltiger zu gestalten?

Fuchs-Hanusch: Die Nutzung von Grauwasser, also zuvor genutztes Wasser aus Haushalten – ohne Toilettenabwasser. Grauwassernutzung ist nicht gerade populär in Österreich. Es heißt immer, zwei Wasserkreisläufe seien zu teuer. Außerdem muss Wasser derzeit im gesamten Haushalt Trinkwasserqualität haben, selbst in der Toilette - es könnte ja jemand auf die Idee kommen, daraus zu trinken. Meiner Meinung nach sollten wir bei der Begrünung von Fassaden in Städten unbedingt darüber nachdenken, Grauwasser zu verwenden. Das funktioniert sehr gut: Eine meiner Dissertant*innen hat beispielsweise mit Maschinenlernmethoden den Bewässerungsbedarf einer begrünten Wand untersucht. Der Grauwasseranfall aus Wohnungen ist nach ersten Abschätzungen, in Abhängigkeit der Haushaltsgrößen und Wohnformen, ausreichend, um den berechneten Bewässerungsbedarf der Pflanzen zu decken.

Das Bewässern von Fassadenbegrünungen mit Niederschlagswasser ist aufgrund der Unregelmäßigkeit von Niederschlägen und den dadurch benötigten Speichervolumina nur schwer möglich. Grauwasser kann im Zuge von Sanierungen der Installation auch im Bestand nutzbar gemacht werden, man könnte so auf Trinkwasser als Bewässerungswasser verzichten. Natürlich sind bei diesen Konzepten der Energiebedarf für die Kreislaufführung des Grauwassers und der benötigte Wasseranfall für die Funktionsweise bestehender Schwemmkanäle mitzudenken.

Wie hat sich der Trinkwasserverbrauch in Österreich entwickelt in den letzten Jahrzehnten?

Fuchs-Hanusch: Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch in Österreich ist von den 1970er bis Ende der 1990er Jahre gesunken, da viel in effiziente Geräte investiert wurde. Im Haushaltswasserverbrauch lässt sich daher kaum noch etwas einsparen. Aber mit der zunehmenden Hitze und den langen Trockenperioden steigen die Wasserverbräuche und insbesondere die Bewässerungsverbräuche in den Haushalten mit Garten. Auch da lohnt es sich, über Grauwassernutzung nachzudenken.

Wasserversorgungsunternehmen haben es oft nicht gern, wenn man zum Sparen von Trinkwasser aufruft …

Fuchs-Hanusch: Richtig, denn die hohen Fixkosten für Leitungsnetz und technische Infrastruktur werden zum Großteil über Verbrauchsgebühren finanziert und die Fixkosten ändern sich nicht, wenn die Menschen weniger Wasser verbrauchen. Als ich meine Dissertation geschrieben habe, war die Message der Versorgungsunternehmen: Wassersparen ist ganz kontraproduktiv. Diese Stimmen sind jetzt leiser geworden, weil sinkende Grundwasserstände zu beobachten sind - gerade im Osten Österreichs. Einige Versorgungsunternehmen möchten neue Wasserressourcen erschließen. Aus Nachhaltigkeitsgründen frage ich mich: Was können Stadtentwicklung, geänderte Wohnformen und alternativer Umgang mit Wasser dazu beitragen, dass wir keine zusätzlichen Ressourcen erschließen müssen?

Dieser Artikel ist Teil des aktuellen TU Graz-Dossiers "Überschwemmt und ausgetrocknet" zum Thema Wasser. Unter www.tugraz.at/go/dossiers finden sich regelmäßig zu einem neuen Schwerpunktthema Newsmeldungen, Interviews, grundlegende Informationen, Kontakte zu Expertinnen und Experten, Videos, Podcasts und Fachmeinungen.

Was sind die Ursachen für die häufiger werdenden Überschwemmungen, abgesehen vom Klimawandel und der von Ihnen beschriebenen Bodenversiegelung? Liegt es auch an falscher Bodenbewirtschaftung in der Landwirtschaft?

Fuchs-Hanusch: Einige Anbauformen und Pflanzen sind in der Tat abflussfördernd, Mais beispielsweise. Deswegen ist der Hype um Biogas schnell in Verruf gekommen: Der Maisanbau braucht nicht nur viel Düngemittel, das teilweise in Grundwasser und Fließgewässern landet, er fördert auch den Abfluss und den Bodenverlust, eines unserer größten Probleme weltweit. Was den passiven Hochwasserschutz anbelangt, ist Wald ein wichtiger Faktor. Ein natürlicher Wald hat sehr wenig oberflächlichen Abfluss. Ein Kollege von mir sagt daher: „Der Wasserkreislauf einer Stadt sollte sich wieder dem eines Waldes annähern.“ Es gibt Architekten, die sich damit beschäftigen, aber es ist technisch nicht so leicht.

Gibt es ingenieurtechnische Möglichkeiten, Hochwasser zu verringern?

Fuchs-Hanusch: Die gibt es auf jeden Fall, Hochwasserrückhaltebecken und ähnliches. Aber das ist nicht so ganz mein Vibe. Wenn ich unterirdisch Speichermöglichkeiten vorsehe, müssen diese für Extremereignisse groß genug sein. Da gibt es einfach Grenzen. Meine Botschaft ist eine andere: Den städtischen Wasserkreislauf wieder naturnah gestalten: Hitzeinsel-Reduktion durch urbanes Grün mit Schwammstadt-Konzept, wo es möglich ist. Technisch gibt es da aber noch Herausforderungen. Urbanes Grün braucht relativ lockeres Substrat, das ist ungünstig für Straßen mit schwerem Verkehr. Also beschränkt sich der Raum für Schwammstadtelemente auf Flächen wie Geh- und Radwege. Wir müssen aber auch hinterfragen, wie wir urbanes Grün bewässern. Das ist ein Riesenthema: Wir pflanzen einen Haufen Bäume, die alle mit Trinkwasser bewässert werden.

Man sollte solche innovativen Konzepte durch strenge Richtlinien nicht komplett ausbremsen.

Ihr Ansatz wäre, dafür Grauwasser zu nutzen?

Fuchs-Hanusch: In der Fassade auf jeden Fall. In einem BOKU-Projekt hat man sich das angesehen: Das Grauwasser war völlig ungereinigt, die Pflanzen haben das gut ausgehalten. Es gab sogar einen Reinigungseffekt.

Als Laie würde man denken, dass im Grauwasser etliche Schadstoffe stecken. Ist so etwas kein Problem?

Fuchs-Hanusch: Wir haben in dem Kontext viel Forschungsbedarf. Das betrifft vor allem die Schwammstadt-Konzepte, da hier Oberflächenverschmutzung von der Straße kommt. Dazu laufen Untersuchungen. Ich persönlich finde, man sollte solche innovativen Konzepte durch strenge Richtlinien nicht komplett ausbremsen. Man muss sich zumindest anschauen, welche Reinigungsleistung im Bereich der Baumwurzeln und Substrate möglich ist und welche technischen Maßnahmen zusätzlich nötig sind. Kritiker sagen, das alles sei sehr wartungsintensiv und teuer. Aber was sind die langfristigen und volkswirtschaftlichen Kosten, wenn wir in den Städten nichts unternehmen gegen Hitze? Viele reden von Klimawandelanpassung. Ich kann es nicht mehr hören. Ich möchte mich in meiner Forschung nicht mehr nur mit Anpassung beschäftigen und immer einen Schritt hinterherhinken. Für mich ist es an der Zeit für einen Schritt nach vorn, d.h. gegen die Klimakrise im regionalen Kontext etwas zu unternehmen.

Wir hatten vorhin die niedrigen Grundwasserstände angesprochen – inwieweit trägt unsere Nutzung hier eine Mitschuld?

Fuchs-Hanusch: Weltweit ist es ganz klar: Die niedrigen Grundwasserstände sind Folge massiver Übernutzung. Teile Spaniens und der USA können gar kein Grundwasser mehr nutzen, es ist schlicht keines mehr da. So weit wird es bei uns nicht kommen, da wir im Großteil Österreichs eine stark positive klimatische Wasserbilanz (Niederschlag vs. Verdunstung) haben und so genug Grundwasserneubildung stattfindet. In Ostösterreich hingegen ist die klimatische Wasserbilanz bereits jetzt negativ. In der Süd- und Südoststeiermark hatten wir in den letzten 20 Jahren eine Veränderung der klimatischen Wasserbilanz hin zu einem Defizit. Hier sollte auch zeitnah über ein verstärktes Monitoring aller Nutzungen, insbesondere von Landwirtschaft und Industrie, nachgedacht werden.

Der Klimawandel ist ein wichtiger Faktor, aber entnehmen wir auch zu viel Grundwasser?

Fuchs-Hanusch: Das kann man im Moment nicht eindeutig sagen. Es gibt die Wasserschatzstudie Österreich des BML, aus der nicht hervorgeht, dass wir Übernutzungen hätten. Der geschätzte Anteil der Landwirtschaft in Österreich ist erstaunlich niedrig. Die genaue Grundwassernutzung kennen wir aber leider nicht, weil sie außer in der Trinkwasserversorgung nicht gemessen wird. Es ist aktuell nicht Stand der Technik und auch nicht rechtlich erforderlich, die Nutzung zu messen und irgendeiner Behörde zu melden. Lediglich bei den Wasserversorgungsunternehmen wird dies gemacht, um Bilanzen aus Förderung und Verbrauch zu errechnen, Wasserverluste erkennen zu können bzw. den täglichen Wasserverbrauch ermitteln zu können.

Landwirt*innen können also nach Belieben ihre Sprinkler aufstellen?

Fuchs-Hanusch: Sie müssen um eine wasserrechtliche Bewilligung ansuchen. Die erstellten Bescheide geben meist an, wieviel täglich entnommen werden kann und haben meist sehr lange Laufzeiten. Das Grundwasser wird dann nach Bedarf entnommen: In Dürrejahren mehr als in feuchten Jahren. Es wurden zwar Umfragen gemacht, aber man weiß nicht genau, wie viel Wasser tatsächlich genutzt wird. Die industrielle Nutzung in Österreich ist mit 70 Prozent des Wasserverbrauchs der größte Faktor. Vier Prozent entfallen auf die Landwirtschaft, der Rest auf die Trinkwasserversorgung. Der Anteil der Landwirtschaft wird zunehmen, aber es ist eine spannende Frage, wie das wirklich weitergehen kann. Wir brauchen Grundwassermodellierungen mit Simulationen verschiedenster Nutzungsszenarien.

Dazu bräuchte man aber echte, verlässliche Nutzungsdaten, um zunächst einmal den Status quo zu ermitteln.

Fuchs-Hanusch: Absolut! Das wäre wirklich notwendig, damit wir Grundwassermodelle aufsetzen können und wissen, wie stark das Grundwasser jetzt schon von Nutzungen beeinflusst wird. Das reizt mich auch aus wissenschaftlicher Sicht. In einem Gespräch mit Vertretern des Landwirtschaftsministeriums konnte ich erfahren, dass auch dort der Wunsch besteht, den Wasserverbrauch in der Landwirtschaft vermehrt zu messen. Aber uns fehlen nicht nur in der Landwirtschaft hochauflösende Daten. Selbst in den Städten fehlen uns zum Teil wirklich gute Daten, vor allem fehlen Smart-Meter, also Zähler, die es erlauben, zumindest den täglichen Wasserverbrauch zu messen. Smart-Meter werden leider in der Trinkwasserversorgung in Österreich noch wenig eingesetzt. Für die Branche ist der Vorteil eines Smart-Meters noch immer nicht erkennbar.

Es sind also nicht die Verbraucher*innen, die sich gegen Smart-Meter sperren, weil sie nicht gläsern sein möchten?

Fuchs-Hanusch: Da wird es immer ein paar geben. Aber ich würde schon sagen, die Wasserversorgungsunternehmen selber bremsen da. In der Strombranche ist es verpflichtend, Smart-Meter zumindest anzubieten. Es wäre wünschenswert, wenn es das auch in der Wasserversorgung gäbe.

Ich hoffe, dass die Digitalisierung in der Wasserwelt ankommt.

Würde eine präzisere Datengrundlage helfen, Städte wassersparender zu organisieren?

Fuchs-Hanusch: Sicher würde es das. Wenn man diese Daten hat, könnte man noch viel besser analysieren, in welchen Wohnformen die Verbräuche im Kontext des Klimawandels sehr stark ansteigen und in welchen nicht. Im Kontext der Wassereffizienz ist das essentiell. Es würde natürlich auch einen großen Beitrag liefern, dass Wasserversorgungsunternehmen selbst möglichst wenig Wasser unnötig verbrauchen, etwa in Form von Lecks und Verlusten.

Gibt es Möglichkeiten, Grundwasser künstlich aufzufüllen? Also durch die die Einspeisung von Überschüssen in regenreichen Perioden, oder kleinräumig bei Starkregenereignissen und Hochwasser? Oder ist das unrealistisch?

Fuchs-Hanusch: Das ist gar nicht unrealistisch. Wenn man in urbanen Räumen versucht, durch Zwischenspeicher Wasser zu halten - aber nicht in Betonbecken -, wird es auch dem Grundwasser zugeführt. Im passiven Hochwasserschutz, z.B. bei der Waldbewirtschaftung, spielt das auch eine Rolle: In Bayern versucht man, durch kleinere Gruben und Liegenlassen von Bäumen das Wasser im Wald zurückzuhalten. Das nützt den Bäumen, trägt aber auch dazu bei, dass Wasser lokal zur Versickerung gebracht wird. In der Stadt sollte man über den Einsatz von intensiv begrünten Dächern nachdenken: Dächer, die einen höheren Aufbau haben, wo Wasser gehalten wird und sogar Bäume wachsen können. Dann kommt es gar nicht zu starkem Abfluss. All diese kleinen Maßnahmen in der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung fördern die lokale Speicherung, verlangsamen und reduzieren den Abfluss.

Und übrigens, die von Ihnen angesprochene künstliche Auffüllung von Grundwasser wird schon lange gemacht, in Graz zum Beispiel in Andritz und in Friesach. Dort dient das Auffüllen aber dazu, die Fließrichtung des Grundwassers zu ändern: Man wollte die Trinkwasserbrunnen vor dem damals sehr dreckigen Wasser der Mur schützen. In anderen Regionen der Welt werden tatsächlich Überschüsse aus regenreichen Perioden dem Grundwasser zugeführt, um das Wasser in späteren Trockenperioden nutzen zu können. In Indien beispielsweise gibt es viele kleine Dämme, die Regenwasser während des Monsuns stauen und lokal versickern lassen, um es später für die Bewässerung nutzen zu können.

Mit Blick auf das Thema Wasser: Was würden Sie sich wünschen für die kommenden Jahre?

Fuchs-Hanusch: Ich hoffe, dass die Digitalisierung in der Wasserwelt ankommt und die Messdaten zunehmen. Ich wünsche mir kontinuierliche Zeitreihen mit Daten zum Wasserbedarf und zur Nutzung, damit wir genaue Modelle für den Umgang mit der Klimakrise bilden und verschiedene Szenarien durchrechnen können. So ließen sich Alternativen im Städtebau oder in der Bewässerungslandwirtschaft miteinander vergleichen. Wir haben hervorragende, auch regionale Klimamodelle, aber wir haben nicht die nötigen Basisdaten, um unsere Modelle zum Wasserbedarf zu kalibrieren. Dazu wäre eine Zeitreihe des Wasserverbrauchs der letzten 20 bis 30 Jahre ideal. Wir könnten diese Daten in Verbindung setzen mit regionalen Klimadaten und so die Modelle des Wasserkreislaufs kalibrieren. Also: Mehr messen!

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Kontakt

Daniela FUCHS-HANUSCH
Assoc.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.
TU Graz | Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Landschaftswasserbau
Tel.: +43 316 873 7900
fuchs-hanuschnoSpam@tugraz.at