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Vertrau' mir!

06.12.2020 | TU Graz screenshots | TU Graz news | Forschung | Studium

Von Cornelia Kröpfl BA MA

Fahren Autos autonom, können technische Gebrechen fatal sein. Können wir der Technik vertrauen? An der TU Graz arbeiten Forschende daran, Verlässlichkeit zu berechnen und letztlich zu beweisen.

Wie sehr vertrauen wir der Technik? Universitätsprofessor Kay Römer forscht an der TU Graz zur Verlässlichkeit im Internet der Dinge.

75 Milliarden Alltagsgegenstände – von der Smart-Watch und dem selbstfahrenden Auto bis hin zu ganzen Produktionsanlagen in der Industrie 4.0 – sollen bis 2025 vernetzt sein. Man spricht vom Internet der Dinge (Internet of Things oder kurz IoT). „Der Integration von kleinen Computern in unsere Alltagswelt, die mit Sensoren ihre Umgebung wahrnehmen und Informationen austauschen“, erläutert Kay Römer. Römer ist Leiter des Instituts für Technische Informatik an der TU Graz.

Und was genau ist hier mit „Verlässlichkeit“ gemeint? Der Experte erklärt dies, indem er eine Analogie zur Bank herstellt: „Ich will korrekte Auskünfte, Verfügbarkeit rund um die Uhr und natürlich Sicherheit.“

Zu Beginn bestand das IoT aus „Spielereien“ wie einem smarten Kühlschrank, der automatisch Milch nachbestellt. Oder der smarten Uhr für das Lauftraining. „Auch bei diesen IoT-Anwendungen ist es nicht angenehm, wenn sie ausfallen, die Konsequenzen sind aber meist nicht lebensbedrohlich. Ganz anders kann das sein, wenn es in einer intelligenten Fabrik oder einem selbstfahrenden Auto zu einem Ausfall kommt …“

Im Leadprojekt „Verlässlichkeit im Internet der Dinge“, das Römer an der TU Graz leitet, widmet man sich diesen Herausforderungen.

„Wir waren damit unter den Ersten, die sich all die unterschiedlichen Aspekte, die für die Verlässlichkeit eine Rolle spielen, aus dem Blickwinkel verschiedener Fachdisziplinen angeschaut haben. Diese Systembetrachtung ist immens wichtig, weil das Ganze wie eine Kette funktioniert. Sie bricht an der schwächsten Stelle und das betrifft dann aber das ganze System.“

Das multidisziplinäre Forschungsteam befasst sich unter anderem mit der Sicherheit: „Bisher ist es ja so, dass sich Hackerinnen und Hacker sowie Herstellerinnen und Hersteller ein Wettrennen liefern – wer entdeckt Sicherheitslücken früher? Um aus diesem ‚Hase-Igel-Spiel‘ rauszukommen, gehen wir mathematisch heran. Wir wollen beweisen können, dass ein System sicher ist.“

Im Projektfokus steht auch die fehlende Nachvollziehbarkeit der Artificial Intelligence (AI). „Man kann sich das so vorstellen wie bei Kindern, die täglich immens viel lernen. Ich weiß aber nicht, wohin sie sich mit dem Gelernten in ein paar Jahren entwickeln – bei der AI weiß ich es auch nicht. Gerade bei Dingen wie dem selbstfahrenden Auto wollen wir sicher sein können, dass die AI richtig ‚gelernt‘ hat. Ob es sich um eine Fußgängerin bzw. einen Fußgänger oder einen Schatten handelt zum Beispiel.“

Garantiert keine Bugs

In einem modernen Auto interagieren bis zu 100 Mikroprozessoren miteinander. Dies wird als Embedded System bezeichnet. Dabei handelt es sich um elektronische Komponenten, die in Gegenständen verbaut sind.

„Wenn ich auf die Bremse steige, müssen die daran beteiligten Prozessoren verlässlich funktionieren“, nennt Bernhard Aichernig ein Beispiel. Er leitet das TU Graz – SAL Dependable Embedded Systems Lab (DES LAB). Die TU Graz betreibt es gemeinsam mit Silicon Austria Labs (SAL), um die Grundlagen zuverlässiger elektronischer Systeme zu erforschen. Diese Zusammenarbeit untermauert einmal mehr, dass die TU Graz als wichtigste Forschungspartnerin der heimischen Elektronikindustrie gilt. Auch in der Ausbildung geht sie seit Jahrzehnten auf die immer engere Verschränkung zwischen Elektronik und Informatik ein.

Im DES LAB beschäftigen sich Aichernig und seine Kolleginnen und Kollegen mit Ansätzen für „Zero Bug Software“ – eine fehlerfreie Software. „Wir automatisieren Testverfahren, damit sie effizienter werden. Und es gibt auch Möglichkeiten, um mathematisch und logisch zu beweisen, dass eine Software gewisse Eigenschaften erfüllt. Dann lässt sich auch eine Garantie dafür geben, was derzeit meistens nicht der Fall ist. Das sollte man nicht akzeptieren, besonders wenn so eine Software etwa in einem Auto läuft.“ Auch bei Fragen der Infrastruktur – Stichwort „Blackout“ – ist die Verlässlichkeit ein zentrales Thema. Aichernig spricht sich für eine Reglementierung von Software aus: „Wir brauchen hier Mindeststandards, ähnlich wie wir sie heute im Umweltschutz haben.“

Das menschliche Gehirn als Vorbild

Der Umweltaspekt findet auch im Internet und im Bereich Artificial Intelligence immer stärkere Beachtung. Benötigen AI-Systeme doch immens viel Energie. Das Institut für Grundlagen der Informationsverarbeitung beschäftigt sich damit, AI energieeffizienter zu machen. Es gibt dafür ein großes Vorbild: das menschliche Gehirn. Bekannt ist dieses Forschungsgebiet als Brain-inspired Computing.

„Das Gehirn ist von der Rechenleistung her mit einem Supercomputer vergleichbar. Ein solcher würde aber so viel Strom wie ein Stadtteil von Graz benötigen, das Gehirn hingegen nur 20 Watt“, formuliert Forscher Wolfgang Maass es plakativ. „Anders als in einem Supercomputer sind im Gehirn nur jene Neuronen aktiv, die gerade benötigt werden.“

Maass und sein Team sind Teil des europäischen Leuchtturmprojekts Human Brain Project und haben den neuen Lernalgorithmus e-prop entwickelt. Dieser ermöglicht das Trainieren von besonders energieeffizienten, gehirnartigen Netzwerken von Neuronen, die mittels elektrischer Impulse (Spikes) kommunizieren. Außerdem benötigt e-prop – anders als die meisten bisher eingesetzten Lernalgorithmen – keinen laufenden Datentransfer zwischen dem Speicher und dem Prozessor. Das spart zusätzlich Energie. Robert Legenstein vom Institut für Grundlagen der Informationsverarbeitung erläutert: „Bei Edge-Computing, also wenn die Datenverarbeitung direkt im selbstfahrenden Auto oder einem IoT-Gerät erfolgt und Daten dazu nicht vom Gerät in die Cloud geschickt werden, ist Energieeffizienz entscheidend.“ Ziel sei es, durch Edge-Computing die CO2-Emissionen von AI-Systemen zu verringern, beschreibt Legenstein die Veränderung hin zu mehr Nachhaltigkeit.

Challenge accepted!

Don’t feed the bugs“ lautet das Credo der LosFuzzys. Das ist eines von zahlreichen Studierendenteams an der TU Graz, in dem die Studierenden ihre praktischen Fähigkeiten vertiefen können. Bei der Hacker-Nachwuchs-Europameisterschaft European Cyber Security Challenge erreichte das Team 2019 den 3. Platz. Ein weiteres der 16 studentischen Wettbewerbsteams ist das TU Graz Data Team, das laufend an wirtschaftlich orientierten Data Science Challenges teilnimmt.

Die Forschenden der TU Graz suchen Lösungen für die brennenden Probleme der Gegenwart. Welche Themen sie derzeit auf dem Schirm haben und was man studieren kann, um wie sie die Zukunft zu verändern, erfahren Sie auf TU Graz screenshots.

Information

Studieren an der TU Graz

Das Studienangebot im Bereich Information, Communication and Computing ist vielfältig und abwechslungsreich. Es wird im Master-Bereich auf Englisch angeboten. Das Masterstudium Information and Computer Engineering kombiniert Informatik mit Elektrotechnik. Es bietet als Vertiefung einen Major in Internet of Things. Für alle, die ihr Interesse auf Artificial Intelligence, Robotics oder Machine Learning richten, gibt es in den IT-Masterstudien Vertiefungsmöglichkeiten. Hier bekommen Sie einen Überblick zum Studienangebot

Kontakt

Kay RÖMER
Univ.-Prof. Dipl.-Inform. Dr.sc.ETH
Institut für Technische Informatik
Inffeldgasse 16/I
8010 Graz
Tel.: +43 316 873 6400
roemernoSpam@tugraz.at