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Mmmh, was für ein "Geschmack" ...

11.12.2020 | TU Graz screenshots | TU Graz news | Forschung | Studium

Von Mag. Beate Mosing

Für kulinarischen Genuss ist keinesfalls "Geschmack" allein ausschlaggebend, wissen die Forschenden am Sensoriklabor des Instituts für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie der TU Graz.

Legen als Expertin und Experte besonderen Wert auf frische Lebensmittel: Barbara Siegmund und Erich Leitner auf dem Grazer Kaiser-Josef-Markt.

„Aus wissenschaftlicher Sicht unterscheiden wir beim Geschmack nur süß, sauer, salzig, bitter und umami. Vielmehr sind es die gesamten sensorischen Eigenschaften, die wir bei Lebensmitteln wahrnehmen. Denn die umfassen neben dem Geschmack auch den Geruch, das Aussehen, die Konsistenz und den akustischen Eindruck“, erklärt Universitätsprofessorin Barbara Siegmund den feinen Unterschied. Das Englische sei hier mit dem Begriff „flavour“ umfassender, sagt die Lebensmittelchemikerin. Wesentlich sind diese sensorischen Eigenschaften in jedem Fall. Denn was uns als Konsumentinnen und Konsumenten nicht passt, das kaufen wir auch nicht mehr.

Beeinflusst werden wir dabei aber unter anderem von Modeströmungen, weiß Wolfgang Thomann.

Der Produzent des steirischen Gins „Aeijst“ erklärt: „Gin ist auf jeden Fall ein Trend. Wir haben zum Zeitpunkt des Gin-Booms in der Steiermark begonnen und mit unserem klassischen Gin, der sehr puristisch ist, genau den Geschmack getroffen.

Aktuell bringen wir eine neue Sorte mit dem Namen ,peat‘ auf den Markt. Das ist das englische Wort für Torf, denn für diese Sorte wird der Wacholder über steirischem Torf geräuchert.“ Dabei orientiert man sich an den bisherigen Sorten. „Man trinkt schon gerne das, was man gewohnt ist. Das ist für uns sehr positiv, weil wir am Markt bereits etabliert sind. Die Erwartung an uns ist, dass das wieder ein guter Gin ist“, betont der steirische Gin-Produzent.

Chemie: Es geht um das „Wie“

„Qualität definieren wir meist als das, was wir kennen“, unterstreicht Universitätsprofessor Erich Leitner von der TU Graz. Der Konsument und die Konsumentin geht von seinen und ihren persönlichen Vorlieben und Gewohnheiten aus und beurteilt danach die Qualität.

Die sensorische Analyse, wie sie an der TU Graz passiert, darf hingegen nie subjektiv sein: „In unserem Sensoriklabor geht es vielmehr um das ,Wie‘. Wie genau schmeckt das? Und wie stark? Wie riecht das?“ Fruchtig ist hier als Definition zu wenig – „riecht wie grüner Apfel“ trifft es. „Es geht wirklich um klar definierte Begriffe, die unsere sensorisch geschulten Expertinnen und Experten kennen und erkennen müssen. Das zugehörige Training kann man mit dem Vokabellernen vergleichen“, erzählt Barbara Siegmund. Sie hat das Sensoriklabor der TU Graz mitaufgebaut, betreut sensorische Ausbildungen für Menschen aus lebensmittelproduzierenden Unternehmen ebenso wie jene für Studierende im Fachbereich Chemie und Biotechnologie.

Analysiert wird an der TU Graz aber nicht in erster Linie um Qualität zu erkennen. Meist geht es darum, Geheimnisse aufzudecken: „Wir werden zum Beispiel kontaktiert, wenn es stinkt. Wir finden heraus, warum ein Lebensmittel oder auch eine Verpackung stinkt, also was für das so genannte Fehlaroma verantwortlich ist“, erzählt Siegmund.

„Wir verstehen auch Lebensmittel als komplexe chemische Gemische und alle Prozesse, wie Rösten, Braten, Haltbarmachen, haben einen Einfluss auf diese chemischen Substanzen“, sagt Erich Leitner.

Sind sie einem Fehlaroma auf der Spur, werden Proben einerseits instrumentell untersucht und andererseits kommen die geschulten Nasen der Expertinnen und Experten zum Einsatz: „Kann ich das Fehlaroma zum Beispiel in einer Weinprobe mit unserem Vokabular benennen, dann wissen wir als Chemikerinnen und Chemiker welche Verbindungen dafür verantwortlich sein können und damit auch, wonach wir bei der chemischen Analyse suchen müssen. Sonst wäre das ein Unterfangen wie die Nadel im Heuhaufen zu suchen“, beschreibt Leitner.

Gewohnheitstiere: Es soll wie immer schmecken …

Manchmal geht es darum, dem Fehlaroma auf die Spur zu kommen, um es verhindern zu können. Das kann beispielsweise sein, die Schachteln für die Zwischenlagerung des Obstes auszutauschen. Und manchmal geht es darum, den ursprünglichen „Geschmack“ für die Konsumentinnen und Konsumenten zu bewahren.

„Optimiert ein Unternehmen seine Produktion, kann das einen Einfluss auf das Lebensmittel haben.

Ein Produzent von Kondensmilch hat beispielsweise seine uralte Anlage erneuert, mit dem Effekt, dass das Endprodukt anders geschmeckt hat, als es die Menschen gewöhnt waren. Doch die wollten, dass die Milch wie immer schmeckt. Dann geht es darum, wie man die Produktion dementsprechend verändern kann“, sagt Leitner. Das kann sogar so weit gehen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten die objektive Qualitätssteigerung nicht goutieren: Als am Markt beschichtete Dosen eingeführt wurden und die Ananas ihr „Blech-Aroma“ verlor, waren die Reaktionen nicht nur positiv …

Mit iGEM NAWI Graz haben die Naturwissenschaften ein international erfolgreiches Studierendenteam im Bereich Synthetische Biologie. Biologische Systeme, die es in dieser Form in der Natur nicht gibt, werden erschaffen bzw. bereits bekannte Systeme verbessert und möglichst kreativ angewendet.

Die Forschenden der TU Graz suchen Lösungen für die brennenden Probleme der Gegenwart. Welche Themen sie derzeit auf dem Schirm haben und was man studieren kann, um wie sie die Zukunft zu verändern, erfahren Sie auf TU Graz screenshots.

Information

Studieren an der TU Graz

NAWI Graz, das naturwissenschaftliche Studienangebot von TU Graz und Uni Graz, umfasst 6 Bachelor- und 15 Masterstudien, davon 9 Master in Englisch. Das Spektrum reicht von (Technischer) Chemie, (Technischer) Physik oder Mathematik über Molekularbiologie, Umweltsystemwissenschaften und Geowissenschaften bis zu Biochemie, Molekulare Biomedizin, Geosciences und vielem mehr.

Hier bekommen Sie einen Überblick zum Studienangebot

Kontakt

Barbara SIEGMUND
Assoc.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.
Institut für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie
Tel.: +43 316 873 32506
E-Mail: barbara.siegmundnoSpam@tugraz.at

Erich LEITNER
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.
Institut für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie
Tel.: +43 316 873 32503
E-Mail: erich.leitnernoSpam@tugraz.at