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Um die halbe Welt an die TU Graz

05.02.2025 |

Von Victoria Graf und Ines Hopfer-Pfister

An der TU Graz arbeiten Menschen aus über 70 Nationen. Zwei Kolleginnen und ein Kollege geben Einblicke in nahe wie ferne Länder und schildern ihre Sicht der Arbeitskultur in Österreich.

Shiva Pouya, Klaus Schliep und Aikata arbeiten an der TU Graz und geben Einblicke in nahe wie ferne Länder. Bildquelle: TU Graz

Mehr als 800 TU Graz-Angestellte stammen aus anderen Ländern als Österreich, das ist über ein Fünftel aller Mitarbeitenden. Aktuell sind Personen aus 74 Nationen vertreten. Aus dem EU-Raum zieht es häufig Kolleg*innen aus Deutschland, Italien und Kroatien an die TU Graz, außerhalb der EU sind Bosnien, der Iran und Indien die häufigsten Herkunftsländer. Stellvertretend für die große internationale Community an unserer Universität hat TU Graz people drei Kolleg*innen porträtiert.

Aikata

Als Aikata auf die Möglichkeit einer PhD-Stelle in Graz aufmerksam wurde, zögerte sie nicht, sich zu bewerben – obwohl sie gerade erst ihren Bachelorabschluss am Indian Institute of Technology Bhilai (IIT Bhilai) gemacht hatte. „Mein Fokus liegt auf Kryptographie und TU Graz-Forschende haben eine sehr gute Reputation in diesem Forschungsfeld“, erklärt Aikata den Grund, warum sie sich für unsere Universität entschieden hat. Die Bewerbung der jungen Frau war erfolgreich und so kam Aikata 2020 nach Graz, wo sie zuerst ihr Masterstudium abschloss und nun am Institute of Information Security an ihrer Dissertation arbeitet. Sowohl die Mitarbeitenden des Institutes als auch die Organisationseinheit International Office – Welcome Center halfen Aikata vor ihrer Ankunft und unterstützen sie auch weiterhin während ihrer Zeit in Graz.

Beide Universitäten bieten eine hochwertige Ausbildung an. Der größte Unterschied im Studierendenleben ist, dass am IIT Bhilai die Studierenden in Hostels am Campus leben. Das schafft eine lebendige Atmosphäre.

„Beide Universitäten bieten eine hochwertige Ausbildung an“, sagt Aikata, wenn sie ihre Erfahrungen mit der Hochschulbildung in Indien mit jenen in Österreich vergleicht. „Der größte Unterschied im Studierendenleben ist, dass am IIT Bhilai die Studierenden in Hostels am Campus leben. Das schafft eine lebendige Atmosphäre.“ Im Vergleich zu Indien haben Studierende in Österreich viel Flexibilität, wenn es um die Auswahl der Lehrveranstaltungen, die Anwesenheit in den Kursen und um Prüfungstermine geht, stellt Aikata fest. „Im Arbeitsleben gibt es allerdings überall eine Art Nine-to-five-Routine.“

Aikata nimmt mehrere Unterschiede zwischen dem Leben in Indien und Österreich wahr. „Ich fühle mich viel sicherer in Graz, und die Stadt ist sehr zugänglich, man kann fast überallhin zu Fuß gehen. Ich habe auch begonnen zu wandern, seit ich hier bin.“ Was Aikata am meisten an Indien vermisst, sind die Streetfoodkultur und ihre Eltern. „Ich nehme üblicherweise einmal im Jahr einen Monat frei, um sie zu besuchen.“ Wenn sie zurück in Indien ist, vermisst Aikata zwei Dinge: gefüllte Paprika, für die sie in Graz eine Vorliebe entwickelt hat, und dass die Verkehrsregeln eingehalten werden. „Daran habe ich mich gewöhnt, daher erscheint es nun schwieriger, in Indien eine Straße sicher zu überqueren.“

Gemeinsame Zeit mit ihren Eltern zu verbringen, ist der Inbegriff von „Heimat“ für Aikata, doch auch in Graz hat sie viele großartige Freund*innen gefunden, die ihr hier das Gefühl einer zweiten Heimat geben. „Besonders gerne spaziere ich zur Seifenfabrik und besuche das Café neben dem Fluss.“ Als Aikata nach Österreich gekommen – und dafür um die halbe Welt gereist – ist, war es das erste Mal, dass sie ein neues Land besucht hat. „Ich bin seitdem definitiv selbstständiger geworden, es ist einfacher für mich, mich anzupassen. Und ich denke, es ist sehr wichtig, an einem neuen Ort Freund*innen zu finden, sodass man ihn gemeinsam erkunden kann.“

Klaus Schliep

„Eigentlich war ich nie ein Zugvogel, die ersten dreißig Jahre meines Lebens habe ich nur in München verbracht“, lacht Klaus Schliep. Mittlerweile blickt der Biomathematiker auf jahrzehntelange Erfahrungen im Ausland zurück: So hat der Deutsche an der Massey University in Palmerston North in Neuseeland promoviert, jahrelang in Paris (Naturhistorisches Museum und Universität Pierre et Marie Curie) und in Spanien (Universität Vigo) geforscht, um dann als Post Doctoral Fellow in den USA zu landen. Als 2019 eine Senior-Scientist-Stelle an der TU Graz ausgeschrieben wurde, ging es wieder zurück nach Europa. „Die Arbeit an der University of Massachusetts in Boston hat mir sehr gut gefallen, mein Supervisor hatte gute Kontakte zu Harvard, die Forschung war spannend. Doch das alltägliche Leben habe ich als schwierig empfunden. Boston ist so eine riesige Stadt, das Leben teuer, der öffentliche Verkehr funktioniert nicht.“ In Graz und am Institut hat er sich sofort wohlgefühlt, auch wenn drei Monate nach seinem Einstellungsbeginn der coronabedingte Lockdown startete.

Auch die TU Graz, ebenso wie die Stadt Graz, empfindet er als sehr offen, „viel internationaler als meine Heimatstadt München“.

„Mein Arbeitsalltag an der TU Graz unterscheidet sich nicht besonders von meinen anderen Arbeitsplätzen.“ Auch hier am Institut für Molekulare Biotechnologie spricht er zum Großteil Englisch mit Kolleg*innen und Studierenden, ähnlich wie in Spanien ist die Arbeitsethik hoch. Größter Unterschied: Im angelsächsischen Raum sind die Hierarchien flacher. „Da geht der Professor gleich mit den Studierenden auf einen Kaffee, alles ist sehr informell. Die Neuseeländer*innen sind zudem sehr aufgeschlossen, das hat mich geprägt.“ Auch die TU Graz, ebenso wie die Stadt Graz, empfindet er als sehr offen, „viel internationaler als meine Heimatstadt München“. Was er am meisten vermisst? „Das Meer und gutes asiatisches Essen, so wie es in Neuseeland der Fall war.“ Dafür hat Klaus Schliep in Graz seine Schwäche für regionale Köstlichkeiten und Bauernmärkte entdeckt, er ist jeden Samstag dort anzutreffen. An der TU Graz fühlt er sich nun angekommen und in Graz zu Hause: Der Forscher hat sich hier eine Wohnung gekauft. Im Ausland Erfahrungen zu sammeln, würde er allerdings allen Studierenden und Forschenden raten. „Das kann man sich von den USA abschauen, dort ist es üblich, den Bachelor und den Master auf anderen (auch internationalen) Universitäten zu machen. Ein Auslandssemester reicht nicht, um die Mentalität wirklich kennenzulernen.“

Shiva Pouya

„Was ich als Erstes an Graz mochte: Alles ist in der Nähe! Ich kann überallhin zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren, das ist wirklich großartig für meine Work-Life-Balance“, sagt Shiva Pouya mit einem strahlenden Lächeln. Ursprünglich ist sie aus dem Iran und lebte früher in Teheran, wo sie Software Engineering studierte und als Entwicklerin arbeitete. Später kam sie nach Budapest, wo sie Animation studierte und weitere Arbeitserfahrung sammelte. Im Sommer 2023 begann Shiva Pouya an der TU Graz in der Organisationseinheit Zentraler Informatikdienst zu arbeiten. Heute würde sie nicht mehr in einer Millionenstadt leben wollen: „Es gibt viele Staus und die Menschen sind andauernd in Eile. In Graz lächeln dich Menschen auf der Straße an, sie sind einfach nicht so gestresst.“

Shiva Pouya genießt das freundliche und hilfsbereite Arbeitsumfeld in ihrem Team. Sie betrachtet die relativ flexiblen Arbeitszeiten an der TU Graz im Gleitzeitmodell als riesigen Benefit. „Obwohl mein Job sehr projektbezogen ist – daher bin ich an manchen Tagen früher fertig, an manchen Tagen später –, musste ich mich in meinen früheren Stellen jeden Tag an die exakt gleichen Arbeitszeiten halten. Ich denke aber, das hängt vorrangig von der Arbeitskultur des jeweiligen Unternehmens ab – mehr als von dem Land, in dem man arbeitet.“ Die Entwicklerin nutzt außerdem die breite Palette an internen Weiterbildungskursen, die die TU Graz für Mitarbeitende anbietet, und besucht aktuell einen Deutschkurs.

Am Iran vermisst Shiva Pouya vor allem die hausgemachten Gerichte ihrer Mutter. Ihre Lieblingsspeise ist Tahchin, ein Reiskuchen mit köstlicher Füllung. „Ich vermisse auch die Valiasr-Straße in Teheran – es ist ein verträumter Ort mit schönen Bäumen, die beide Seiten der Straße säumen, und mit vielen kleinen Cafés, die für eine gemütliche Atmosphäre sorgen.“ Es gibt aber einen Ort in Graz, der Shiva Pouya an den Iran erinnert: „Der Schloßberg ist mein Lieblingsplatz hier. Er erinnert mich an den Berg Tochal in Teheran, dort zu stehen und über die Stadt zu blicken, gibt mir ein Gefühl von Frieden und Perspektive.“

Das freundliche Umfeld, sowohl im Büro als auch in der Stadt, gibt mir das Gefühl, dazuzugehören.

In ihrer Freizeit liebt es die Entwicklerin, wandern zu gehen – und sieht sich damit ganz auf einer Linie mit den Empfehlungen des österreichischen Gesundheitssystems, das Shiva Pouya für exzellent hält. „Mir ist besonders ins Auge gesprungen, wie sehr ein gesunder Lebensstil gefördert wird, indem Menschen dazu ermutigt werden, sich in verschiedenen Sportarten zu betätigen.“ Seit sie vor zwei Jahren mit ihrem Ehemann hierhergezogen ist, ist Graz zu einer echten Heimat für Shiva Pouya geworden: „Das freundliche Umfeld, sowohl im Büro als auch in der Stadt, gibt mir das Gefühl, dazuzugehören. Es fühlt sich an, als würde ich alle kennen, was mir ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gibt.“

Ankommen leicht gemacht

Erste Anlaufstelle für internationale Mitarbeitende ist häufig das Welcome Center der TU Graz, das Neuankömmlingen ebenso zur Seite steht wie ihren Gastinstituten. Hier gibt es Hilfe bei formellen Anforderungen wie dem passenden Visum/Aufenthaltstitel, zudem unterstützt das Welcome Center bei der Wohnungssuche und hat hilfreiche Tipps zum Leben in Graz auf Lager. Außerdem organisiert das vierköpfige Team regelmäßige Veranstaltungen, die von der Tanzstunde bis hin zur Impro-Show reichen, um internationale Mitarbeitende zu vernetzen.

Im vergangenen Dezember bot das Welcome Center erstmals den interaktiven Workshop „Understanding Austrian Work Culture“ an, um internationalen Mitarbeitenden dabei zu helfen, sich im österreichischen Arbeitsumfeld noch besser zurechtzufinden. Dabei lernten die Teilnehmenden nicht nur Merkmale der hiesigen Arbeitskultur kennen, sondern konnten sich auch zu eigenen Erfahrungen und Erkenntnissen rund um die Arbeit in Österreich und an der TU Graz austauschen.

Insbesondere an Institutssekretariate richtet sich der Kurs „Wissenswertes zur Anstellung von internationalen Mitarbeitenden an der TU Graz“, der auch im Sommersemester 2025 von den Organisationseinheiten International Office – Welcome Center und Personal im Rahmen der Internen Weiterbildung angeboten wird. Dabei erhalten Sie hilfreiche Informationen rund um die Neuaufnahme internationaler Kolleg*innen, von Anstellungsverhältnissen über notwendige Unterlagen bis hin zu Prozessabläufen. Neben einem Exkurs zu Aufenthalts- und Fremdenrecht kommt auch der gegenseitige Austausch nicht zu kurz.

Information

Diesen Beitrag und weitere Artikel zum Schmökern finden Sie in TU Graz people #91, dem Magazin für TU Graz-Mitarbeitende und Interessierte.

Kontakt

International Office – Welcome Center
International House, Lessingstraße 32, 1. Stock
8010 Graz