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TU Graz entwickelt modulares Holzhochhaus für ressourcenschonendes Bauen

19.12.2024 | TU Graz news | Forschung

Von Falko Schoklitsch

Reparaturfähige und tauschbare Skelettmodule mit offenen Tragstrukturen ermöglichen unterschiedliche Nutzungsarten und unkomplizierte Anpassungen bei zukünftigen Veränderungen. Gebäudehöhen bis 24 Stockwerke sind möglich.

Die Module lassen sich über- und nebeneinander einbauen, können einzeln gewechselt werden und bieten einen flexiblen Grundriss. Bildquelle: IAT - TU Graz

Die Nutzungs- und die Lebensdauer von Gebäuden liegen oft weit auseinander. Wenn der Nutzungszweck einer Immobilie nicht mehr gegeben ist, wird sie meist abgerissen, obwohl sie noch einwandfrei nutzbar wäre. Auch bei Schäden in einzelnen Gebäudeteilen muss meist gleich das ganze Gebäude weichen. Das liegt daran, dass ein Neubau in den meisten Fällen günstiger ist als ein Umbau oder eine Renovierung des Bestandes. Ressourcenschonend ist dieses Vorgehen allerdings nicht. Im Projekt MOHOHO hat ein interdisziplinäres Team des Instituts für Architekturtechnologie und des Instituts für Holzbau und Holztechnologie der TU Graz gemeinsam mit den Unternehmenspartnern Kaufmann Bausysteme und KS Ingenieure das System für ein modulares Holzhochhaus entwickelt, bei dem durch seine flexible Adaptierbarkeit die Nutzungs- und Lebensdauer verlängert werden sollen. Dieses System ist zum Patent angemeldet. Gefördert hat das Projekt die Forschungsförderungsgesellschaft FFG.

Kreislauffähigkeit

„Die Bauindustrie ist für rund 60% des weltweiten Ressourcenverbrauchs sowie für fast die Hälfte des weltweiten Abfallaufkommens und der weltweiten Emissionen von klimaschädlichen Gasen verantwortlich“, sagt Christian Keuschnig vom Institut für Architekturtechnologie der TU Graz. „Daher waren für uns im Projekt MOHOHO die zirkulären R-Strategien, wie z.B. Refurbishment, Repair oder Reuse sehr wichtig, um ein Gebäudesystem zu entwickeln, das eine CO2-reduzierte Alternative zu herkömmlichen Bauweisen im Hochhausbau bietet und möglichst lange für unterschiedliche Zwecke genutzt werden kann.“

Gelungen ist dies durch die Kombination von Modul- und Skelettbau. Im Modulbau kommen komplett vorgefertigte Raummodule aus Holz zum Einsatz, die neben- und übereinander gestapelt werden. Der Skelettbau bietet ein Tragwerk für freie und damit flexible Grundrisse, die sich durch das Einziehen oder Entfernen von Zwischenwänden adaptieren lassen. Diese kreislauffähigen Skelettmodule bestehen aus einem Brettsperrholzboden und Stützen aus Brettschichtholz. Die vorproduzierten Skelettmodule können durch den im Rahmen des Projekts entwickelten Verbindungsknoten schnell und sicher gefügt werden. Der Verbindungsknoten ermöglicht zudem Lastumlagerungen, wodurch der Ausfall einzelner Stützen nicht zum Kollaps des gesamten Gebäudes führt, was erstens die Robustheit und damit die Sicherheit erhöht und in weiterer Folge die gezielte Reparatur einzelner Module ermöglicht. Zusätzlich sorgt ein im Knoten integriertes Elastomer-Lager für eine hohe Schalldämmung zwischen den Einheiten.

Reparaturfähige Tragstruktur

Um ein Modul oder einzelne Elemente zu wechseln, ist es notwendig, die Zuleitungen für Strom, Wasser und Heizung zu lösen und die Verbindungen freizulegen. Der Knoten ist so konzipiert, dass ein Hubzylinder zwischen den Abstandhaltern eingesetzt werden kann, der die darüberliegende Stütze leicht anhebt. Dadurch lassen sich die Abstandhalter entfernen und eine Scherplatte leitet die Kräfte nach dem Absenken des Hubzylinders um. Dies entlastet die darunterliegenden Bauteile und schafft den erforderlichen Raum für den Tauschprozess. Neben der Zugänglichkeit müssen die einzelnen Elemente zerlegbar sein, um eine reparaturfähige Konstruktion zu gewährleisten. Rechnerisch kann ein Gebäude mit diesem Bausystem bis zu 24 Geschosse hoch sein, wobei ab einer Höhe von mehr als sechs Geschossen zwingend ein Betonkern notwendig ist, was den Ressourcenverbrauch und die CO2-Emissionen deutlich erhöht.

„Mit MOHOHO haben wir die Vorteile des Holzmodulbaus, wie den hohen Vorfertigungsgrad und die kurze Bauzeit, mit den Vorteilen des Skelettbaus kombiniert“, sagt Christian Keuschnig. „Die Vorfertigung der Module in einer Produktionshalle unter kontrollierten Bedingungen ermöglicht eine höhere Qualität und Nachvollziehbarkeit der Fügungen im Vergleich zur Baustellenmontage und sorgt für verkürzte Bauzeit sowie reduzierte Lärm- und Schmutzbelastung. Die Reparaturfähigkeit und Flexibilität des Bausystems soll die Lebens- und Nutzungsdauer des Gebäudes signifikant verlängern. Im Rückbau können die Module entweder direkt wiederverwendet oder sortenrein getrennt werden. Wir haben bereits ein Folgeprojekt in Planung, bei dem wir all diese Dinge in der Praxis genau testen und prüfen möchten.“

Kontakt

Christian KEUSCHNIG
BSc
TU Graz | Institut für Architekturtechnologie
Professur für Architektur und Holzbau
keuschnignoSpam@tugraz.at

Timo BERKMANN
Dipl.-Ing. BSc
TU Graz I Institut für Holzbau und Holztechnologie
timo.berkmannnoSpam@tugraz.at

Am Verbindungsknoten werden die Module auf- oder nebeneinander zusammengefügt. Bildquelle: Ingo Candussi
Das Fehlen eines Moduls kompensiert der Verbindungsknoten. Bildquelle: Ingo Candussi