Als Informatikstudent aus Rumänien an der Technischen Universität Graz (TU Graz) erforsche ich während meines Studiums nicht nur meine Leidenschaft für Computer und Netzwerksysteme, sondern auch die Besonderheiten des österreichischen Universitätssystems. Deshalb möchte ich meine Erfahrungen mit dir teilen und am Beispiel der TU Graz zeigen, wie das Hochschulstudium in Österreich funktioniert.
Aufnahmeverfahren
Die meisten Bachelor-Studiengänge an österreichischen Universitäten stehen allen Studierenden offen, die eine Reifeprüfung abgelegt haben. Für einige Studiengänge sind jedoch Aufnahmeprüfungen oder besondere Zulassungsvoraussetzungen erforderlich, die vor allem vom gewählten Studium abhängen. Alle Informationen über die Zulassung zu einem bestimmten Studium findest du auf der Webseite „Überblick Bachelorstudien“.
Mehr über das Aufnahmeverfahren an der TU Graz erfährst du im Blogbeitrag „Wie kann ich an der TU Graz studieren“.
Einteilung des Studienjahres
Das Studienjahr in Österreich gliedert sich in zwei Semester:
- Wintersemester: Oktober bis Jänner
- Sommersemester: März bis Juni
Ferienzeiten:
- Winterferien: Zwei Wochen zwischen Weihnachten und Neujahr
- Semesterferien: Ganzer Monat Februar zwischen Winter- und Sommersemester
- Sommerferien: Drei Monate zwischen Juli und September
- Einige religiöse und staatliche Feiertage
Während der Semesterferien finden zwar keine regulären Lehrveranstaltungen statt, die Universität bleibt jedoch weiterhin aktiv im Sinne von Prüfungszeiten, Laborarbeit, Praktika und Forschungsaktivitäten. Es ist wichtig zu erwähnen, dass diese flexible Struktur es den Studierenden ermöglicht, Prüfungen während der Prüfungs- oder Ferienzeiten abzulegen oder zu wiederholen und ihren Studienplan an ihre persönlichen Bedürfnisse anzupassen. Dieser Zeitplan unterscheidet sich von vielen anderen Ländern, in denen das akademische Jahr eher einer festen Standardstruktur folgt.
Auf der Webeseite der TU Graz findest du im Bereich Einteilung des Studienjahres eine aktuelle Liste mit wichtigen Terminen, wie zum Beispiel den Beginn des Winter- und Sommersemesters und die Zulassungsfristen.
Flexible Studienorganisation
Eines der markantesten Merkmale des österreichischen Universitätssystems ist die bemerkenswerte Freiheit, die Studierende bei der Organisation ihres Studiums haben. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, in denen die Studierenden einem starren Lehrplan von Semester zu Semester folgen, bieten die österreichischen Universitäten eine große Flexibilität. Die Studierenden können weitgehend selbst entscheiden, welche Lehrveranstaltungen sie in welchem Semester belegen, solange sie alle erforderlichen Kurse und Voraussetzungen erfüllen. Dieses System, das als „freie Studieneinteilung“ bekannt ist, ermöglicht es den Studierenden:
- jedes Semester ihren persönlichen Studienplan zu erstellen und ihre Kurse innerhalb des Lehrplans auszuwählen,
- ein ausgewogenes Verhältnis zwischen schwierigeren und leichteren Kursen entsprechend ihren Neigungen zu finden,
- ihr Studienpensum an ihre Teilzeitarbeit oder andere Verpflichtungen anzupassen,
- Kurse in anderen Semestern zu wiederholen, falls nötig,
- Pflichtveranstaltungen und Wahlfächer auszubalancieren.
Diese Flexibilität ist besonders wertvoll für Studierende, die neben dem Studium arbeiten müssen oder sich intensiver mit bestimmten Interessengebieten beschäftigen wollen. Sie erfordert jedoch auch eine gute Selbstorganisation und eine sorgfältige Planung, um sicherzustellen, dass alle Studienanforderungen erfüllt werden.
Studiendauer
In Österreich ist ein Bachelor-Studium auf sechs Semester (drei Jahre) ausgelegt. Das System sieht jedoch eine „Toleranzzeit“ von acht Semestern (vier Jahre einschließlich der drei Regelstudienjahre) vor, um unterschiedlichen Studiensituationen Rechnung zu tragen. Wenn du die Toleranzfrist überschreitest, könnest du bis zu vierzehn Semester (sieben Jahre) zu den Gebühren für die verlängerte Frist studieren.
Auf einen Blick:
- Regelstudiendauer: 6 Semester (3 Jahre)
- Toleranzfrist: 2 Semester (1 Jahr)
- Verlängerte Dauer: 14 Semester (7 Jahre)
Warum Studierende oft länger brauchen
Viele Studierende brauchen länger als drei Jahre, um ihr Studium abzuschließen, was im österreichischen System aus mehreren Gründen normal ist. Die Flexibilität der österreichischen Universitäten ermöglicht es den Studierenden, ihr Studium mit einer Teilzeitbeschäftigung zu verbinden und so wertvolle Berufserfahrung zu sammeln und gleichzeitig ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Studierende absolvieren häufig Praktika, um ihre praktischen Fähigkeiten zu verbessern und Kontakte zur Industrie zu knüpfen. Einige entscheiden sich für die Teilnahme an Studentenaustauschprogrammen, um ihre akademischen Erfahrungen durch internationale Kontakte zu bereichern.
Das System kommt auch denjenigen entgegen, die über die Mindestanforderungen hinaus zusätzliche Kurse belegen möchten, um ihre Wissensbasis zu erweitern. Diese Flexibilität erstreckt sich auch auf das Studientempo selbst, so dass die Studierenden ihr Studienpensum so gestalten können, dass es ihren individuellen Umständen am besten entspricht. Die Toleranzfrist ist speziell darauf ausgerichtet, diesen flexiblen Ansatz zu unterstützen und gleichzeitig die Studierenden zu ermutigen, ihr Studium innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abzuschließen.
Auswirkungen auf die Studiengebühren
Während der Regelstudienzeit und der Toleranzfrist zahlen die Studierenden die regulären Studiengebühren. Bei Überschreitung der Toleranzfrist müssen die Studierenden jedoch in jedem Semester deutlich höhere Studiengebühren entrichten. Die Studiengebühren betragen
Für EU/EWR-Studierende:
- Reguläre Kosten: EU/EWR-Studierende sind vom Studierendenbeitrag befreit, sie zahlen nur den Studienbeitrag (ÖH-Beitrag) von 24,70 Euro pro Semester
- Kosten bei verlängerter Studiendauer: Studierende, die die Regelstudienzeit überschreiten, zahlen den Studierendenbeitrag von 363,36 Euro pro Semester (plus 24,70 Euro ÖH-Beitrag).
Für Studierende aus Nicht-EU-Staaten:
- Reguläre Kosten: Studienbeitrag von 726,72 Euro pro Semester (zuzüglich 24,70 Euro ÖH-Beitrag). Studierende aus Südosteuropa haben die Möglichkeit, eine Rückerstattung des Studienbeitrags zu beantragen, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. Es gibt auch Befreiung vom Beitrag für einige andere Länder.
- Kosten bei verlängerter Studiendauer: Zusätzliche Gebühren können anfallen
Auf der Webseite „Studienbeitrag und Studierendenbeitrag“ findest du alle Informationen rund um das Thema.
TU Graz: Einzigartige Mischung aus technischer und naturwissenschaftlicher Ausbildung
Die TU Graz zeichnet sich durch ein breites Studienangebot aus. Eine Besonderheit ist die Kooperation mit der Universität Graz im Rahmen der Initiative NAWI Graz (Naturwissenschaften Graz). Diese Partnerschaft ist einzigartig in Österreich und ermöglicht es den Studierenden, von der Expertise und den Ressourcen beider Institutionen zu profitieren. Die TU Graz bietet ein breites Spektrum an Bachelor-Studiengängen in verschiedenen technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen an.
Die aktuellen Bachelor-Studien sind:
TU Graz Studien:
- Architektur
- Bauingenieurwissenschaften und Wirtschaftsingenieurwesen
- Biomedical Engineering
- Digital Engineering
- Electrical and Electronics Engineering
- Elektrotechnik-Toningenieur
- Geodäsie
- Informatik
- Information and Computer Engineering
- Maschinenbau
- Software Engineering and Management
- Verfahrenstechnik
- Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau
NAWI Graz Studien (in Kooperation mit der Universität Graz):
- Chemie
- Mathematik
- Geowissenschaften
- Molekularbiologie
- Physik
- Umweltsystemwissenschaften / Naturwissenschaften-Technologie
Detaillierte Informationen zu den einzelnen Studien und Zulassungsvoraussetzungen findest du auf der Webseite Überblick Bachelorstudien der TU Graz.
Unterrichtssprache
Während die Bachelor-Studien in erster Linie auf Deutsch unterrichtet werden, bietet die TU Graz eine zunehmende Anzahl von Masterstudien in englischer Sprache an. Von internationalen Studierenden werden für Bachelor-Studien Deutschkenntnisse auf dem Niveau C1 erwartet, es besteht jedoch die Möglichkeit, das Studium als außerordentliche Studentin oder außerordentlicher Student auf einem Niveau von mindestens A2 in Deutsch zu beginnen.
Detaillierte Informationen zu den erforderlichen Deutschkenntnissen findest du im Blogbeitrag „Erforderliche Deutschkenntnisse für das Studium“.
Fazit
Das österreichische Universitätssystem, wie am Beispiel der TU Graz beschrieben, bietet eine qualitativ hochwertige Ausbildung mit klaren Vorteilen, darunter eine solide theoretische Grundlage in Kombination mit praktischer Erfahrung, einzigartige Kooperationen wie NAWI Graz und eine im Vergleich zu vielen anderen Ländern erschwingliche Ausbildung. Studierende profitieren von flexiblen Studienmodellen und Fakultäten, die auf europäischer und globaler Ebene anerkannt sind. Unabhängig davon, ob Du dich für technische oder naturwissenschaftliche Fächer interessierst, das Verständnis dieser Merkmale des österreichischen Universitätssystems kann dir helfen, eine fundierte Entscheidung über ein Studium in Österreich zu treffen.
Wenn du dich für ein Studium an der TU Graz interessierst und schon vor deiner Ankunft Hilfe für deinen Aufenthalt in Österreich benötigst, wende dich bitte an das Welcome Center. Du kannst dich auch auf der Webseite „Internationale Studierende an der TU Graz“ informieren.