Zum Hauptinhalt springen
TU Graz/ TU Graz/ Services/ News+Stories/

Neue Methode zur Analyse nanoporöser Materialien entwickelt

21.03.2024 | TU Graz news | Forschung

Von Philipp Jarke

Anhand eines einzigen elektronenmikroskopischen Bildes können Forschende der TU Graz die Art und genaue Position von Fremdatomen in Hightech-Werkstoffen bestimmen. Auch dem Rätsel um die blaue Farbe des Aquamarins kommen sie so auf die Spur.

Ferdinand Hofer (links) und Daniel Knez neben dem Austrian Scanning Transmission Electron Microscope (ASTEM) am Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz.

Neben ihren Hauptbestandteilen hängen die Eigenschaften kristalliner und nanoporöser Materialien oft entscheidend von Fremdatomen ab, die in den winzigen Poren ihrer Gitterstruktur eingelagert sind. Das gilt für High-Tech-Materialien im Bereich der Sensorik oder Trenntechnik ebenso wie für Naturstoffe. Der bläuliche Edelstein Aquamarin etwa wäre ohne solche Fremdatome farblos. Die Bestimmung der Art und Position von Fremdatomen ist schwierig, da viele Materialien sensibel auf die Strahlungsemissionen von Elektronenmikroskopen reagieren. Dank einer neuen Methode, die ein Team um Daniel Knez und Ferdinand Hofer vom Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz entwickelt hat, gelingt dies nun strahlungsärmer und damit wesentlich einfacher. „Die Einzigartigkeit unserer Methode liegt darin, dass wir ausgehend von einem einzigen elektronenmikroskopischen Bild die dreidimensionale Verteilung von Ionen in Kristallkanälen bzw. Nanoporen ermitteln können“, sagt Daniel Knez.

Rätsel um die blaue Farbe des Aquamarins

Entwickelt haben die Forschenden ihre Methode bei Untersuchungen des Edelsteins Aquamarin. Bislang war nicht genau bekannt, wo genau das farbgebende Eisen im Kristall positioniert ist. Eine Hypothese lautete, dass einzelne Eisenatome in den Poren stecken und von dort dem Edelstein seine blaue Farbe verleihen. Das ist nun widerlegt: Die Forschenden haben bei ihren Versuchen zweifelsfrei festgestellt, dass kein Eisen in den Poren steckt, sondern Cäsiumionen. Die farbgebenden Eisenatome befinden sich in direkter Nähe zu den Cäsiumionen, sind aber in die Säulen des Kristallgitters integriert.

Ein einziges Bild mit atomarer Auflösung als Basis

Für ihre Experimente haben die Forschenden mit dem atomar auflösenden ASTEM-Mikroskop ein sogenanntes Z-Kontrast-Bild von dem Aquamarinkristall aufgenommen. Der Elektronenstrahl des ASTEM-Mikroskops wird dabei auf die Oberfläche der Kristallprobe fokussiert, er dringt aber auch in die Poren des Materials ein. Trifft er dort eingelagerte Ionen, erscheinen sie als helle Punkte im Bild. Anhand der Stärke des Kontrasts zu leeren Poren und den angrenzenden Gitterstrukturen können die Forschenden die Art der eingelagerten Ionen bestimmen und auch abschätzen, wie tief diese in den Poren sitzen. Diese Daten wurden statistisch analysiert und mit einer Vielzahl von Simulationen der Kristallstruktur abgeglichen, um die verschiedenen Einflussfaktoren auf das gemessene Signal abschätzen zu können. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden jüngst in der Fachzeitschrift Communications Materials veröffentlicht.

Innovative Methode eröffnet neue Möglichkeiten für Materialwissenschaft

Die neuartige Methode eignet sich neben der Grundlagenforschung auch für die gezielte Entwicklung neuer Materialien. „Mit unserer Methode kann die Position von Dotierelementen, also gezielten funktionssteuernden Zusätzen, in nanoporösen Materialien wie Zeolithen oder metallorganischen Gerüstverbindungen genau bestimmt werden“, sagt Ferdinand Hofer. Dies erleichtert etwa die Optimierung von (Einzelatom-)Katalysatoren und Festkörperelektrolyten in zukünftigen Batterien oder die Entwicklung biomedizinischer Anwendungen zur Steuerung der Medikamentenaufnahme.

Dieses Forschungsprojekt ist im Field of Expertise „Advanced Materials Scienceverankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.

Sie möchten die aktuellen Stories, News, Forschungsgeschichten, Interviews oder Blogbeiträge der TU Graz direkt auf Ihr Smartphone oder in Ihren E-Mail-Eingang erhalten? Abonnieren Sie kostenfrei den TU Graz-Telegram-Newsletter.

Information

Publikation:
Three-dimensional distribution of individual atoms in the channels of beryl
Communications Materials, 22. Februar 2024

Autor*innen:
Daniel Knez, Christian Gspan, Nikola Šimić, Stefan Mitsche, Harald Fitzek, Karl Gatterer, Helmar Wiltsche, Gerald Kothleitner, Werner Grogger, Ferdinand Hofer

DOI: https://doi.org/10.1038/s43246-024-00458-8

Kontakt

Daniel KNEZ
Dipl.-Ing. Dr.techn. BSc
TU Graz | Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik
Tel.: +43 316 873 8831
kneznoSpam@tugraz.at

Ferdinand HOFER
Ao.Univ.-Prof.i.R. Dipl.-Ing. Dr.techn.
TU Graz | Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik
Tel.: +43 316 873 8349
ferdinand.hofernoSpam@tugraz.at

Daniel Knez (links) und Ferdinand Hofer neben dem Austrian Scanning Transmission Electron Microscope (ASTEM) am Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz.
Der Aquamarin verdankt seine blaue Farbe vereinzelten Eisenatomen im Kristallgitter. Bildquelle: Margit Wallner - TU Graz.
Ein elektronenmikroskopisches Bild eines Aquamarins. Die gelben Pfeile markieren Cäsiumionen in den Kristallporen. Bildquelle: FELMI-ZFE.
Daniel Knez vom Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz.
Ferdinand Hofer vom Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz.