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Ziel der OPS-SAT Mission, die vom Europäischen Raumflugkontrollzentrum der ESA in Darmstadt kontrolliert wird, ist der risikoarme Test von „Weltraumsoftware“ direkt im orbitalen Flug. Solche sogenannten In-Orbit Tests waren bislang aus Gründen der Zuverlässigkeit ein Tabu im Satellitenbetrieb. OPS-SAT soll nun als „Labor im All“ neue operationelle Konzepte der ESA im Flug validieren. Diese reichen von neuen Technologien für die Satellitensteuerung bis hin zu intelligenter Software für Raumfahrzeuge, wie beispielsweise die automatische Bilderkennung oder Künstliche Intelligenz an Bord. Damit testet die ESA neueste Technologien risikoarm für künftige Anwendungen. „OPS-SAT gibt Raum für Innovation. Trotz seiner geringen Größe steckt dieser Kleinstsatellit voller Möglichkeiten, wie z.B. die In-Orbit Validierung von Bausteinen zukünftiger Explorationsmissionen und das Testen komplexer Bodeninfrastruktur.“, sagt Rolf Densing, ESA-Direktor für Missionsbetrieb und Leiter des Kontrollzentrums. Die 2,4 Millionen Euro teure, erste ESA-CubeSat-Mission steht unter der technischen Leitung der TU Graz, mit UniTel IT-Innovation als Hauptauftragnehmer. Unterauftragnehmer kommen aus Deutschland, Polen, Dänemark und Österreich, weitere Zulieferer aus Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Italien. Der Launch Service wird von TYVAK International bereitgestellt.
Fliegendes Hard- und Softwarelaboratorium
Otto Koudelka, Technischer Leiter der Mission und Leiter des Instituts für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz, schildert: „Derzeit finden bei Weltraummissionen noch Kommunikationsstandards aus dem Jahr 1994 Anwendung. Die strahlungssicheren und daher sehr teuren Prozessoren in der Weltraumtechnik hinken ihren terrestrischen Pendants etwa 10 Jahre hinterher.“ Die in die Jahre gekommenen Technologien haben aber auch ihre Daseinsberechtigung: Sowohl die ESA als auch andere Weltraumorganisationen setzen aus Gründen der Zuverlässigkeit auf Bewährtes und gehen auf Nummer sicher. Hier leistet OPS-SAT einen wichtigen Betrag zur Innovation. „Es ist nun Zeit für Neues“, so das Fazit von Koudelka. Mit der OPS-SAT Mission entwickelt und testet die ESA jetzt neue operationelle Raumfahrtanwendungen. „OPS-SAT testet neue leistungsfähige Prozessoren, Funkempfänger und Weltraum-Software risikoarm und kostengünstig unter realen Weltraumbedingungen“, erklärt Otto Koudelka.
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Otto Koudelka zum OPS-SAT-Start: "Ich bin sehr erleichtert."
Über 130 Experimente aus 12 Ländern
Herzstück des 30 mal 10 mal 10 Zentimeter großen fliegenden Laboratoriums ist ein an der TU Graz entwickelter, sehr leistungsfähiger Prozessor. Von den OPS-SAT-Experimentatoren entwickelte und bei ESOC am Boden vorgetestete Software wird von der Bodenstation in Darmstadt in den OPS-SAT-Prozessor hochgeladen. Dieser Prozessor hat Zugriff auf die Peripherie, wie eine zur Erde gerichtete Kamera, optische Empfänger und Funkempfänger sowie ein experimentelles Lageregelungssystem zum Test neuer Algorithmen. Am Plan steht außerdem die erste Datenübertragung eines Nanosatelliten via Laser zwischen dem Observatorium Lustbühel in Graz und OPS-SAT. In diesem Experiment zur Datensicherheit wird ein kryptographischer Schlüssel verwendet, um den Funkkanal zu verschlüsseln, der Daten mit bis zu 50 Megabit pro Sekunde zum Boden sendet. Auch Fernerkundungsexperimente mit Bildverarbeitung an Bord werden durchgeführt. Ein ebenso an Bord befindlicher programmierbarer Funkempfänger soll von der Erde kommende Störungssignale in bestimmten Frequenzbereichen detektieren. OPS-SAT ermöglicht erstmals das Laden und Ändern ganzer Softwareprogramme und eines großen frei konfigurierbaren Logikbausteins (Field Programmable Array) während des Fluges. Damit soll für zukünftige ESA-Missionen getestet werden, wie man zuverlässig und sicher Flugsoftware während der Mission ändert. Und trotz seiner geringen Größe hat der Satellit mit 256 Kilobit/Sekunde in der Aufwärtsstrecke und 1 Megabit/Sekunde in der Abwärtsstreckeim Vergleich zu den üblichen 64 Kilobit/Sekunde die höchste Datenübertragungsrate für die Telemetrie aller bisherigen ESA-Satelliten.
Die Testphase beginnt, sobald das Raumflugkontrollzentrum der ESA in Darmstadt heute Abend um etwa 18:30 Uhr die ersten Signale des OPS-SAT erhält. Nach der Kommissionierungsphase werden die ersten Experimente durchgeführt werden.
Graz: International sichtbares Zentrum der Weltraumforschung
Der Rektor der TU Graz, Harald Kainz zeigt sich hocherfreut über die Erfolge seiner Universität im All: „Das Team der TU Graz rund um ‚Satellitenvater‘ Otto Koudelka hat mit TUGSAT-1 den ersten österreichischen Satelliten ins All geschickt und damit den Grundstein für weitere Missionen wie die heute gestartete ESA- Nanosatellitenmission OPS-SAT gelegt.“ Zum Erfolg der Weltraum-Uni TU Graz trägt auch die enge Vernetzung mit den großen nationalen Playern sowie die lokale Infrastruktur bei. Rektor Harald Kainz: „Wir arbeiten sehr eng mit dem Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zusammen, haben mit dem Observatorium Lustbühel eine international anerkannte Messstation für Weltraumprojekte aller Art, betreiben am Campus der TU Graz die Bodenstation für die ebenfalls internationale Satellitenmission BRITE und haben österreichische Pioniere der Weltraumforschung wie Willibald Riedler, Hans Sünkel und Wolfgang Baumjohann im Lande. Österreich, insbesondere Graz, ist heute zweifelsfrei ein international sichtbares Zentrum der Weltraumforschung“.
Die Satellitenforschung ist an der TU Graz in den beiden Fields of Expertise „Information, Communication & Computing“ sowie „Mobility & Production“ angesiedelt, zwei von fünf wissenschaftlichen Stärkefeldern der TU Graz.
Cubesat Mission OPS-SAT
Facts & Figures
Technische Leitung
- TU Graz (A) – Design, Entwicklung, Test des Satelliten, Entwicklung des Payload Prozessors in Kooperation mit UniTel IT
Hauptauftragnehmer
Subunternehmer
- Berlin Space Technologies (D) – Lageregelung, Kamera
- GMV (PL) – On-board Software
- GOMSPACE (DK) – Cubesat Subsysteme
- MAGNA STEYR Aerospace (A) – Mechanisches Design
- MEW Aerospace (D) – Optischer Empfänger and programmierbarer Funkempfänger
- Space Research Centre, Warsaw (PL) – Telemetrie- Encoder/Decoder in Kooperation mit CREOTECH (PL)
Zulieferer
- Syrlinks (F) – X- band Sender, S-band Telemetriesystem
- Clydespace (UK) – Solarpaneele und mechanische Struktur
- Tyvak International (I) – Launch Service und Startkassette (Deployer)
Kosten und Kostenträger der Mission
Die Kosten für den Satelliten und dessen Start in Höhe von 2,4 Millionen Euro wurden von den folgenden Mitgliedstaaten im Rahmen des General Support Technology Programme (GSTP) der ESA abgedeckt: Österreich (33%), Deutschland (25%), Polen (29%) und Dänemark (13%).
Dauer der Mission
Mindestes ein Jahr, mit der Option auf Verlängerung um ein weiteres Jahr.
OPS-SAT wird nach 4 bis 6 Jahren auf natürliche Weise wieder in die Erdatmosphäre eindringen und verglühen. Der Satellit entspricht den ESA-Richtlinien zur Minimierung von Weltraumschrott.
Charakteristik des OPS SAT
OPS-SAT ist ein 3U Cubesat (10x10x30 cm). Die ausklappbaren Solarzellen haben eine Fläche von 30 x 50 cm und versorgen den Satelliten mit einer Leistung von ca. 24 W. Der Satellit hat eine Masse von 4,6 kg.
Kernstück ist der von der TU Graz entwickelte sehr leistungsfähige Prozessor für die experimentellen Nutzlasten und die Durchführung der zahlreichen Software- und Hardwareexperimente, u.a.:
Test innovativer Verfahren für die Abwicklung von Weltraummissionen und neuer Übertragungsprotokolle, Kamera- und Fernerkundungsexperimente mit Bildverarbeitung an Bord, Funksignalanalysator im All, Datenempfang per Laser für ein Cyber-Security-Experiment, Lageregelungsexperimente
OPS-SAT verhält sich wie jeder andere ESA-Satellit und ist kompatibel mit der Bodenstationsinfrastruktur der ESA – ein Novum für CubeSats. Er kommuniziert mit Datenraten bis 50 Mbit/s mit der Bodenstation in Darmstadt. Die Erstkontakte mit OPS-SAT werden mit Hilfe der Bodenstation an der TU Graz durchgeführt.
Umlaufbahn
OPS-SAT wird in eine polnahe, sonnensynchrone kreisförmige Umlaufbahn in einer Höhe von 515 km Höhe gebracht. Er wird in seiner Umlaufbahn die meiste Zeit im Sonnenlicht sein, um optimale Stromversorgung zu gewährleisten.