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In Österreich ereignen sich jährlich rund 4200 Motorradunfälle. Bei mehr als der Hälfte dieser Unfälle sind andere Fahrzeuge beteiligt. Hauptgrund ist dabei, dass Motorräder von PKW-Fahrenden übersehen werden. „Optimierungen am Motorrad sind in diesem Zusammenhang nicht zielführend“, erklärt Arno Eichberger, Professor am Institut für Fahrzeugtechnik der TU Graz. Ein Konsortium aus Spezialistinnen und Spezialisten der Reco-Tech GmbH, der Fraunhofer Austria und des Instituts für Fahrzeugtechnik entwickelte deshalb im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie Maßnahmen zur Verbesserung der Wahrnehmbarkeit von Motorrädern. Die Studie verfolgte dabei zwei Ansätze: Zum einen sollten angehende Autofahrerinnen und Autofahrer im Zuge ihrer Fahrausbildung durch gezielte Trainings für derartige Situationen sensibilisiert werden. Zum anderen wollten die Forschenden die Potentiale von Warnsystemen im Fahrzeug untersuchen.
Nun präsentierten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter ihre Ergebnisse: Sie plädieren für spezielle Fahrsimulatoren-Trainings, um Führerscheinneulinge auf häufige vorkommende Szenarien vorzubereiten, in denen Motorräder nur eingeschränkt sichtbar sind. Zum anderen empfehlen sie die Implementierung eines multimodalen Motorrad-Warnsystems in Fahrzeugen, das auf einer Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation beruht. Die Grundlagen für so eine Technologie existieren bereits.
Zweijährige Studie mit Fahrschülerinnen und Fahrschülern
Für ihre Untersuchungen stellten die Forschenden in einem Fahrsimulator die häufigsten Verkehrsszenarien nach, die auf Freilandstrecken und im Ortsgebiet zu Kollisionen zwischen PKWs und Motorrädern führen. 80 Fahrschülerinnen und Fahrschüler steirischer Fahrschulen wurden mit den Szenarien konfrontiert. Anhand mehrfacher Übungsfahrten im Simulator wurde überprüft, ob und wie früh die Testpersonen das Motorrad erkennen. Ein eigens für die Studie konzipiertes Fahrerassistenzsystem unterstützte sie dabei mit akustischen und optischen Warnsignalen. Dieses basiert auf der Fahrzeug-Fahrzeug-Kommunikation (C2C-Communication), bei der die Fahrzeuge miteinander kommunizieren und sich gegenseitig über ihre jeweilige Position und Geschwindigkeit informieren. „Technisch ist das heute bereits möglich. Allerdings scheitert die Markteinführung bislang an den hohen Kosten“, weiß Eichberger. Er geht aber davon aus, dass die C2C-Kommunikation in den nächsten Jahren in Serienfahrzeugen ankommt.
Signifikante Verbesserung durch Fahrtrainings
Die Studie zeigt: Eine Fahrsimulator-gestützte Fahrausbildung kann die Wahrnehmung von Motorädern signifikant verbessern. Der Nutzen des Fahrassistenzsystems mit Warnsignalen ist situationsabhängig. Auf Landstraßen trägt es zu einer Früherkennung bei. Im Ortsgebiet sinkt die Performance aber. „Im innerstädtischen Verkehr verlassen sich die Fahrerinnen und Fahrer nach der Gewöhnung zu sehr auf das Fahrerassistenzsystem“, so die Interpretation von Eichberger, der den Einsatz auch bei Ablenkung und Unaufmerksamkeit als sinnvoll erachtet. Eichberger kann sich vorstellen, dass die Trainingsmethode zukünftig mannigfach zum Einsatz kommt: „Die Studie unterstreicht die Vorteile von Fahrsimulatoren. Das Verhalten in kritischen Situationen kann so risikofrei trainiert und die Fahrtüchtigkeit verbessert werden.“
Dieses Forschungsprojekt ist im Field of Expertise „Mobility & Production“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.
Es wurde vom Österreichischen Verkehrssicherheitsfond des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie gefördert und erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit.