MRT ist als bildgebende Diagnostikmethode aus der modernen Medizin aufgrund der ausgezeichneten Bildauflösung, der hohen Eindringtiefe und des hervorragenden Gewebekontrasts bei gleichzeitigem Verzicht auf ionisierende Strahlung nicht mehr wegzudenken. Der Bildkontrast entsteht durch gewebeabhängige Dichte und Relaxationseigenschaften der enthaltenen Protonen. Während die Methode bei der morphologischen und funktionellen Bildgebung extrem erfolgreich ist, gibt es im Bereich molekularer Bildgebung aber noch einiges an Luft nach oben. Auf molekulare Prozesse sensitive und gleichzeitig biokompatible Kontrastmittel könnten es ermöglichen, Pathologien und biologische Abläufe auf dieser Ebene abzubilden, und unzählige neue Möglichkeiten in der medizinischen Diagnostik eröffnen. Im Projekt CONQUER haben Chemiker/innen, Materialwissenschafter/innen, biomedizinische Techniker/innen, Quantenphysiker/innen und Toxikolog/innen in einem interdisziplinären, internationalen Forschendenteam genau an dieser Idee gearbeitet.
Idee
Die Grundidee zeigt Abbildung 1: Wassermoleküle mit transversal magnetisierten Protonen (blau) nähern sich einem Quadrupol-Kern (QK), bis magnetische Dipol-Dipol-Kopplung auftritt (1). Bei langsamer Rotation des Komplexes kann ein Magnetisierungstransfer vom Proton zum QK stattfinden (2), wodurch der Protonenspin schneller als gewöhnlich relaxiert, weil die Magnetisierung über den QK an die Umgebung weitergegeben wird (3). Bei kontinuierlichem Austausch von Wassermolekülen kann so viel Magnetisierung abgegeben werden, dass es zu einer Kontrastverstärkung im MRT-Bild kommt (4).
Abbildung 1: Funktion eines auf QRE basierenden MRT-Kontrastmittels.
Ein ähnlicher Prozess ist von etablierten, paramagnetischen Kontrastmitteln bekannt, wo aber ungepaarte Elektronen statt der QK involviert sind und der Verstärkungsmechanismus im Gegensatz nicht sehr magnetfeldabhängig ist. QRE hingegen kann nur bei bestimmten Magnetfeldern B0 auftreten, bei denen die Übergangsfrequenzen (ÜF) von Protonenspins und Kernspins übereinstimmen. In Abbildung 2 sind mehrere ÜF eines QK in Abhängigkeit von B0 dargestellt, die sich an bestimmten Stellen mit der Protonenfrequenz kreuzen (rote Kreise). Durch Verschieben der Feldstärke des MR-Scanners von B01 (blau) zu B02 (orange) kann QRE eingeschaltet werden. In Abbildung 3 verschiebt sich die ÜF durch eine kleine Veränderung der chemischen Struktur des Kontrastmittels, zum Beispiel nach Bindung an ein Zielgewebe. Dadurch wandert ein Kreuzungspunkt zum B0 des Scanners, was den Kontrast aktiviert; dies ist ein Schlüsselmechanismus für molekulare Bildgebung.
Abbildung 2: Ein QN (hier Spin 5/2) hat mehrere TFs (grün), die von B0 abhängen und zu Kreuzungspunkten mit der Protonen-Larmor-Frequenz (rot) führen. Die QRE-Effizienz kann hoch sein und Kontrast erzeugen. Wird das Scanner-Feld von B0,1 (blau) zu B0,2 (orange) verschoben, ist der QRE ein.
Damit die Partikel in Lösung langsam genug rotieren, müssen die QK-Moleküle auf Nanopartikel > 5 nm gebunden werden. Komplexe, in CONQUER entwickelte quantenmechanische Simulationsprogramme sagen eine theoretisch erreichbare Relaxationsverstärkung um den Faktor 5 bis 10 für eine Kontrastmittel-Konzentration von 10 mM im Vergleich zu purem Wasser voraus, was praktische medizinische Anwendung ermöglichen würde. Eine Reihe von Bi-Aryl-Verbindungen wurde synthetisiert und eine extrem flexible Technik zur kovalenten Bindung von 209Bi-Verbindungen auf Nanopartikel konnte entwickelt werden. Nuklear-Quadrupol-Resonanz- Spektroskopie hat gezeigt, dass deren ÜF sehr nahe an den Zielfrequenzen für klinische MRTScanner liegen. Eine Vielzahl von biokompatiblen, funktionellen Nanopartikeln basierend auf Polysacchariden wurde produziert. Daraus wurden Verbund-Nanopartikel mit ausgesuchten Bi-Verbindungen sowie polymerbeschichtete Nanokristallite hergestellt.
Abbildung 3: Ändern sich die ÜF des QRE-aktiven Moleküls, zum Beispiel durch eine leichte Veränderung der Molekülstruktur oder durch Bindung an eine andere Substanz, verändert sich auch die Lage der Kreuzungspunkte. Durch Veränderung von Violett nach Grün verschiebt sich auch der oberste, rot eingekreiste Kreuzungspunkt genau auf die Scanner-Frequenz. Somit wird erst durch eine chemische Änderung die Kontrastverstärkung aktiv.
Proof of Concept
Nach umfangreicher Materialcharakterisierung wurden vielversprechende Proben in einem Fast-Field-Cycling(FFC)-NMR-Relaxometer untersucht. Um auch Tests an einem klinischen MR-Scanner durchzuführen, wurde außerdem ein 3T-Forschung-MR-Scanner der TU Graz mit einem Insert ausgestattet, das erlaubt, die Scanner-Feldstärke zu verschieben. Damit konnte gezeigt werden, dass Bildkontraste auf Basis feldstärkenabhängiger Relaxation um 3T möglich sind.
Schließlich konnte QRE erstmals in einer wässrigen Dispersion 209Bi-haltiger Nanokristalle nachgewiesen werden (Abb. 4). Obwohl der Effekt noch zu schwach für die Bildgebung ist, stellt dessen Nachweis einen Durchbruch in der Kontrastmittelforschung dar und motiviert Folgeprojekte, um die Nanopartikel hinsichtlich ihrer Effizienz zu optimieren. Parameter wie Wasseraustausch, strukturelle Ordnung der QRE-Moleküle und die Quadrupol-Relaxations-Eigenschaften sind Stellgrößen, die den QRE-Effekt in die klinische Anwendung bringen könnten. In CONQUER wurden nötige Schlüsselelemente wie umfangreiches Wissen, Simulationsverfahren und Synthesestrategien für Bi-Komponenten sowie Nanopartikel geschaffen. Somit ist das Fundament für die Optimierung der Relaxations-Beschleunigung gelegt.
Abbildung 4: QRE-Peaks (N1–N5), beobachtet bei bestimmten Feldstärken B0 in zwei verschiedenen Nanopartikel-Präparationen. Die großen und damit langsameren Partikel zeigen eine größere Relaxationsverstärkung. Peak N5 ist bereits recht nahe der gewünschten Feldstärke für einen klinischen 3T-MRT-Scanner (blaue, vertikale Linie).