Mikrobioreaktoren sind verkleinerte Bioreaktoren mit Strukturen im Mikrometermaßstab. Sie sind ein Spezialgebiet der Mikrofluidik oder Lab-on-chip-Technologie und bestehen aus Kanälen und Kammern in Größen von 10 μm bis 3 mm und einer Tiefe von 10 bis 800 μm. Sie sind aus Glas, Silicium oder Polymermaterial gefertigt. Im Vergleich zu herkömmlichen Bioreaktoren zeichnen sich Mikrobioreaktoren aufgrund ihres kleinen Volumens durch einen schnelleren Wärmetransport, eine verbesserte Reaktionskontrolle, ein geringeres Sicherheitsrisiko, einen geringeren Material- und Energieeinsatz sowie eine höhere Produktausbeute aus und erlauben Experimente unter gut kontrollierbaren Versuchsbedingungen. Sie ermöglichen die Herstellung von kleinen Substanzmengen, können aber auch kontinuierlich betrieben werden. Mikrobioreaktoren haben das Potenzial, in zukünftigen industriellen Bioprozessen, der Prozessoptimierung, der Herstellung von personalisierter Medizin und Forschung und Entwicklung vermehrt zum Einsatz zu kommen.
Verkleinerter Maßstab
Mikrobioreaktoren gibt es in verschiedenen Designs, die von einfachen Kammern zu meanderförmigen Kanälen bis hin zu Kanälen mit gepackten Mikro-Partikeln reichen. Spezielle Strukturen können eingebracht werden, um eine gute Durchmischung zu ermöglichen.
Typischer Messaufbau für mikrofluidische Reaktoren. Die Reaktionslösungen oder Zellmedien werden mit Spritzenpumpen in den Reaktor injiziert. Die Reaktionen können mit integrierten Sensoren online kontrolliert werden.
Mikrobioreaktoren können für verschiedene Anwendungsbereiche eingesetzt werden. Für biokatalytische Anwendungen werden z. B. Enzyme auf die Oberfläche der Kanäle immobilisiert. Dies ermöglicht eine Wiederverwendung oder Regeneration von teuren Enzymen oder ein kontinuierliches Betreiben der Reaktoren. Mikrobioreaktoren werden auch zur Untersuchung und Optimierung von Prozessen eingesetzt. Hierbei wird versucht, im Kleinen die besten Reaktions- und Prozessbedingungen zu ermitteln, um dann Prozesse im großen Maßstab zu optimieren. Die entwickelten miniaturisierten Werkzeuge werden helfen, Bioprozesse besser zu verstehen und deren Optimierung einfacher zu machen. Für die Kultivierung von Zellen und Mikroorganismen sind mikrofluidische Systeme aufgrund der vergleichbaren Größenverhältnisse optimal geeignet. Im Vergleich zu statischen in-vitro Kulturen in Petrischalen oder Schüttelkolben lassen sich Scherkräfte und Nährstoffversorgung nachbilden, wie sie unter physiologischen Bedingungen zu finden sind. Zusätzlich können die Zellkulturbedingungen durch die automatische Kontrolle des Flusses reproduzierbar eingestellt werden.
Beschleunigte Forschung
Mikrobioreaktoren bieten durch ihre kleinen Dimensionen und die genaue Kontrolle der Mikroumgebung die Möglichkeit, Forschung und Entwicklung in diesen Bereichen zu beschleunigen. Hierzu ist eine Überwachung mit integrierten Analysensystemen nötig, um eine kontinuierliche Messung zu ermöglichen. Zu den wichtigsten Parametern, die in Mikrobioreaktoren online gemessen werden können, zählen die Sauerstoffkonzentration und der pH-Wert. Optochemische Sensoren kommen hier zur Anwendung, da sie viele Vorteile gegenüber anderen Messtechniken haben. Sie sind leicht integrierbar, nicht-invasiv und können kontaktlos mit Licht von außerhalb ausgelesen werden.
Mitglieder des Instituts für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie und des Instituts für Biotechnologie und Bioprozesstechnik, die sich mit Mikrobioreaktoren beschäftigen.
Die integrierten Sensoren ermöglichen sowohl die Detektion der Umsetzung von Substanzen in biokatalytischer Anwendung als auch die Überwachung der Nährstoffversorgung in Zellkulturen. Ein sehr hohes Potenzial liegt in der Messung von Metabolismusraten, mit Sauerstoff-, pH- und Glucose-Sensoren, die auf bestimmte Zellkulturen abgestimmt sind. Die Kombination dieser Sensoren ermöglicht die Messung des Energiehaushalts von Säugerzellen. Diese Messungen können wertvolle Informationen über die Toxizität eines Medikaments oder Wirkstoffes geben. Diese Sensoren sind auch wichtige Werkzeuge für die neue Organ-on-chip-Technologie, bei der versucht wird, komplexe drei-dimensionale Gewebekulturen der menschlichen Organe in mikrofluidischen Systemen nachzubilden.