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Handwerker im Geiste, Wissenschafter im Herzen

03.03.2016 | Face to face

Von Birgit Baustädter

Dynamik und Flexibilität prägen die Industrie von morgen, sagt Franz Haas, Leiter des TU Graz-Instituts für Fertigungstechnik. Ein Blick in die Zukunft der Produktion.

Franz Haas in den Labors des Instituts für Fertigungstechnik.

Franz Haas leitete über viele Jahre ein hochspezialisiertes Fertigungsunternehmen und wechselte 2007 aus Liebe zur Forschung und Lehre hauptberuflich in die Welt der Wissenschaft. Seit 2013 leitet er nun das TU Graz-Institut für Fertigungstechnik und bringt seit Jahresbeginn seine Sicht auf Fertigung und Produktion auch als Mitglied im Leitungsteam im Field of ExpertiseMobility & Production“ mit ein. 

 

Ich sehe mich nach wie vor dem Handwerk verpflichtet. Mein Vater war Handwerker und vermittelte mir den enormen Wert des Learning-By-Doing.

News+StoriesWie sehr ist das Handwerk noch Teil Ihres Tuns?

Franz Haas: Ich sehe mich nach wie vor dem Handwerk verpflichtet. Mein Vater war Handwerker, baute den Betrieb, der noch heute existiert, auf und vermittelte mir den enormen Wert des Learning-By-Doing. Das versuche ich auch heute in der Lehre umzusetzen, verbunden mit der wissenschaftlichen Idee.

Mit der smartfactory@tugraz entsteht am Campus Inffeldgasse gerade eine Forschungs- und Lernfabrik – spiegelt sich dieser Gedanke dort wieder?

Franz Haas: Natürlich. Die smartfactory@tugraz ist eine Forschungs- aber vor allem eine Ausbildungsstätte. Hier sollen den Studierenden fortschrittlichste Technologien angeboten werden, ein flexibles System an individuell angepassten Fertigungsmaschinen. Wir wollen so zusätzlich auch der Industrie ein Angebot machen. Wir wollen vielversprechende neue Fertigungsverfahren kombinieren – die erste Maschine, die in wenigen Monaten in Betrieb genommen wird, ist eine Laserschmelzanlage für den 3-D-Druck von Metallteilen. Für den Aufbau und die Leitung der smartfactory@tugraz wurde eine neue Professur geschaffen. Die Vorbereitungen dazu und der Ausschreibungsprozess haben mich im vergangenen Jahr sehr beschäftigt. Mit der Berufung von Rudolf Pichler, der nun die Lernfabrik aufbauen wird, nimmt das abstrakte Gebilde smartfactory@tugraz nun langsam Gestalt an. Das Schiff ist so zu sagen auf Kurs.

Was genau reizt Sie an dieser Forschungs- und Lernfabrik?

Franz Haas:Neue Wege in der Lehre zu beschreiten. Die smartfactory@tugraz ist letztlich eine Pilotfabrik für die Ingenieurinnen und Ingenieure und damit die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger der Zukunft. Anhand neuester Erkenntnisse sollen hier vernünftige, wirtschaftlich sinnvolle Produktionsverfahren für geringe Stückzahlen und individualisierte Produkte aufgebaut werden, wobei verschiedenste Verfahren kombiniert werden. Wir beschreiten damit auch einen neuen Weg in der Produktion – im Sinne der Industrie 4.0. Modularität und Flexibilität sind die Schlagworte der Zukunft.

Wie geht es Ihnen als Handwerker mit dieser Entwicklung?

Franz Haas: Ich habe da keine nostalgischen Gefühle. Es geht um Weiterentwicklung, darum, Akzente an der TU Graz im Bereich der Produktion zu setzen. Man muss nach vorne schauen. Als Unternehmer sehe ich es vor allem von der wirtschaftlichen Seite: Kann ich mir das leisten? Komplexere Verfahren kosten zu Beginn natürlich mehr. Außerdem sehe ich mit Sorge, dass es immer mehr Menschen schwer fällt, mit den Anforderungen und der Dynamik der Industrie 4.0 Schritt zu halten. Darauf Rücksicht zu nehmen ist ein wichtiger Aspekt meiner wissenschaftlichen Arbeit.

Inwiefern?

Franz Haas: In der Gestaltung der Arbeitssysteme. Das eigentliche Handwerk in der Produktion wird sich sicherlich verändern, auf eine höhere Ebene transferiert werden. Viele Schritte, die früher von Handwerkerinnen und Handwerkern gemacht wurden, werden in Zukunft von Maschinen erledigt. Es werden aber andere Fertigkeiten gebraucht werden: Systeme konstruieren, programmieren und miteinander verbinden. Für diese neuen Herausforderungen ist die Jugend sehr gut gerüstet – man muss ihr nur ein Angebot machen.

Ich sehe mich hier als Erster unter Gleichen, wie man so schön sagt. Es ist nicht mein Stil, einfach nur vorzugeben. 

Balance zu halten ist Ihnen auch im Instituts-Alltag wichtig?

Franz Haas: Ja – ich sehe mich hier als Erster unter Gleichen, wie man so schön sagt. Es ist nicht mein Stil, einfach nur vorzugeben. Unter anderem auch, weil man Arbeits- und Leistungsfähigkeit nur dann erreicht, wenn man sich auch mal zurücknimmt und Zeit für sich selbst findet.

Wie gelingt Ihnen das selbst?

Franz Haas: Das musste ich im Laufe der Zeit lernen. Ich habe pro Woche zwei bis drei fixe Abendtermine, die mir neben der beruflichen Tätigkeit sehr wichtig sind und wo ich Kraft tanken kann. Montags mache ich Yoga. Dienstags gehe ich sehr gerne mit meiner Frau in einen Tanzsportclub, wo alle Teilnehmenden zusammen kommen und einmal pro Woche trainieren. Seit Jahren gehe ich auch regelmäßig Laufen und spiele in einer kleinen Runde Tischtennis. Und seit Weihnachten versuche ich mich am E-Piano.

Kontakt

Franz HAAS
Univ.-Prof. Dipl.-ing. Dr.techn.
Institut für Fertigungstechnik
Kopernikusgasse 24/I
8010 Graz
Tel.: +43 316 873 7170
franz.haasnoSpam@tugraz.at