Der erste österreichische Satellit in der Erdumlaufbahn feiert seinen zehnten Geburtstag. Am 25. Februar 2013 startete TUGSAT-1 an Bord einer Trägerrakete vom Satish Dhawan Space Centre in Indien aus ins All. Mit an Bord war sein Schwesternsatellit UniBRITE von der Uni Wien, der nur wenige Augenblicke nach ihm von der Rakete in den Orbit entlassen wurde. Eigentlich für eine Missionsdauer von zwei Jahren vorgesehen, hat TUGSAT-1 die ursprünglichen Erwartungen mittlerweile weit übertroffen. Entwickelt und gebaut wurde TUGSAT-1 an der TU Graz unter der Leitung von Otto Koudelka, dem nunmehr emeritierten Leiter des Instituts für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation. Damals als Systemingenieurin ebenfalls mit an Bord war Manuela Wenger (noch mit dem Nachnamen Unterberger), die heute in leitender Rolle immer noch ein wachsames Auge auf den Nanosatelliten hat.
Als Teil der aus fünf Nanosatelliten bestehenden Mission BRITE ist TUGSAT-1 so etwas wie das Gegenstück großer Weltraumteleskope wie Hubble oder James Webb. Während die großen Teleskope sehr weit in den Weltraum schauen und sehr lichtschwache Objekte aufnehmen, blickt TUGSAT-1 mit seinem 17 Zentimeter großen Teleskop auf nahegelegene Sterne, die wegen ihrer Helligkeit bei Hubble oder James Webb nur überbelichtete Bilder liefern würden. Die wissenschaftlichen Daten, die diese Beobachtung nahegelegener Sterne liefert, brachten spannende Erkenntnisse. „Wir haben beispielsweise vorher nicht gewusst, dass Orion einige sogenannte Herzschlagfrequenzen hat. 2017 haben wir mit dem BRITE-Satellitenverbund dann auch den Ausbruch einer Nova beobachtet, vom Aufbau bis zur Explosion. Das war ein sehr spannender Moment, da die Daten gezeigt haben, so entwickelt sich eine Nova“, erzählt Manuela Wenger.
Erstkontakt eine halbe Minute zu früh
Beinahe ebenso spannend war jener Moment, indem der Erstkontakt mit TUGSAT-1 hergestellt wurde, nachdem der Satellit in seiner Umlaufbahn in 780 Kilometern Höhe angekommen war. Zusammen mit einem Kollegen hatte sich Manuela Wenger in der eigens eingerichteten Bodenstation am TU Graz-Campus Inffeldgasse einquartiert und darauf gewartet, dem Publikum im voll besetzen Hörsaal der Launch-Party ein paar Stockwerke unter ihnen die Erfolgsmeldung zu übermitteln. „Wir hatten einen Countdown und wussten, wann der Satellit über den Horizont kommt. Wir haben immer auf die Uhr geschaut und es war eigentlich noch eine halbe Minute zu früh und auf einmal war das Signal schon da. Wir waren so perplex, dass wir dann nur gesagt haben: ‚Wir haben Kontakt‘“, erinnert sich Manuela Wenger.
Daten für zwei weitere Jahre
Zehn Jahre später liefert TUGSAT-1 nach wie vor Daten, wobei sich das Alter mittlerweile bemerkbar macht. Die Batterien verlieren an Leistung und wenn in den Wintermonaten nur wenig Sonnenenergie zur Verfügung steht, muss der Satellit kurzzeitig auch heruntergefahren werden. Und die Bildaufnahmetechnik hat unter der Weltraumstrahlung gelitten, sodass hauptsächlich lichtintensive Sterne beobachtet werden können. Dennoch hofft Manuela Wenger, dass TUGSAT-1 noch weitere zwei Jahre Daten liefert, wobei sie ihren Einsatz dafür aufgrund der ausgelaufenen Finanzierung mittlerweile vor allem aus Eigeninteresse fortführt.
Der endgültige Ruhestand des Satelliten ist jedenfalls nicht mehr fern und dann wird TUGSAT-1 kontrolliert abgeschaltet. Für Manuela Wenger wird das ein Moment der Wehmut, aber auch der schönen Erinnerung sein. „Es ist dann natürlich Wehmut dabei, aber andererseits kann man sagen, er hat sein Soll bei Weitem erfüllt. Man wird halt einsehen müssen, dass es wirklich nicht mehr geht.“ In der Erdumlaufbahn wird TUGSAT-1 danach trotzdem noch einige Zeit bleiben – wohl mehr als 100 Jahre. Er hat keinen eigenen Antrieb und in seinem Orbit von rund 780 Kilometern ist die Atmosphäre so dünn, dass er kaum gebremst wird – aufgrund neuer Vorschriften ist so ein hoher Orbit für Erdbeobachtungssatelliten heutzutage gar nicht mehr erlaubt.
Es braucht mehr Unterstützung
Nach 10 Jahren im All hat TUGSAT-1 jedenfalls bewiesen, dass man auch mit relativ knappen Mitteln eine kleine Plattform bauen kann, die einen großen Input für die Wissenschaft hat. Mit dem 2019 gestarteten OPS-SAT und dem startbereiten Satelliten PRETTY hat die TU Graz diesen Weg auch erfolgreich weitergeführt. Insgesamt sind aktuell fünf österreichische Satelliten im All – mit PRETTY soll der sechste noch 2023 starten. „Ich würde mir natürlich wünschen, dass Österreich auch von der Forschungsseite her, nicht nur im Weltraumbereich, solche Projekte noch mehr unterstützt, weil die Forschung jetzt leider in den letzten Jahren in Österreich ziemlich auf Sparflamme gesetzt wurde. Ich hoffe, dass man mit solchen Projekten auch ziemlich viele Jugendliche und Schüler*innen ein bisschen mehr dafür begeistern kann, in den MINT-Fächern mitzuwirken. Weil durch so etwas sehen sie, dass man an einer Hochschule wie der TU Graz auch bei solchen Projekten dabei sein kann und dass diese nicht nur irgendwo unerreichbar bei der NASA oder ESA passieren“, sagt Manuela Wenger.
Dieser Artikel ist Teil des TU Graz Dossiers „Die TU Graz im All”. Sie möchten die aktuellen Stories, News, Forschungsgeschichten, Interviews oder Blogbeiträge der TU Graz direkt auf Ihr Smartphone oder in Ihren E-Mail-Eingang erhalten? Abonnieren Sie kostenfrei den TU Graz-Telegram-Newsletter.