Wie kann man aus Social-Media-Daten kollektive Emotionen und Meinungen ablesen? Wie lassen sich neueste Data Science und KI-Technologien ethisch und konstruktiv in Politik, Forschung und Wirtschaft einbringen? Lässt sich das Verhalten ganzer Gesellschaften simulieren, um Vorhersagen zu treffen? Und wie kann man Analysen digitaler Spuren menschlichen Verhaltens verantwortungsvoll und gewinnbringend verwenden? Diese und ähnliche Fragen sind Gegenstand des neuen englischsprachigen Masterstudiums „Computational Social Systems“, das die Universität Graz und die TU Graz als gemeinsames Angebot ab dem Wintersemester 2021/22 im Programm haben.
Das österreichweit einzigartige Studium richtet sich an Studierende, die sich vertiefend mit den Auswirkungen der Digitalisierung und den damit einhergehenden Herausforderungen und Chancen beschäftigen möchten. Vorausgesetzt werden ein abgeschlossenes Vorstudium aus den Fachrichtungen Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Psychologie, Rechtswissenschaften oder Informatik, sowie ausreichende Englischkenntnisse. In vier Semestern erhalten die Studierenden einerseits eine akademische Ausbildung in Themen der Informatik wie Datenstrukturen, Algorithmen, Statistik, maschinelles Lernen und Data Science. Andererseits lernen sie das Verhalten von Benutzerinnen und Benutzern digitaler Technologien zu verstehen, einzuordnen und vorherzusagen. Je nach Schwerpunkt beschäftigen sich die Studierenden beispielsweise mit datenbasierten Geschäftsmodellen, soziotechnischen Fragestellungen, Artificial Life bzw. Robotik oder datenrechtlichen Aspekten.
Chancen der Digitalen Transformation nutzen lernen
Neben der engen Zusammenarbeit im Rahmen der Kooperation „NAWI Graz“ ist dieses interuniversitäre Studium eine weitere Verschränkung der Kompetenzen von Universität Graz und TU Graz. Gemeinsam wollen die beiden Grazer Universitäten Studierende und damit in weiterer Folge die Wirtschaft fit machen dafür, die digitale Transformation der Gesellschaft aus betriebswirtschaftlicher, gesellschaftlicher, informatischer, juristischer und menschlicher Sicht zu begleiten und zu gestalten.
Alina Herderich hat ihren Master an der Schnittstelle von Informatik und Psychologie absolviert (im Rahmen der bestehenden Kooperation Route 63 von Universität Graz und TU Graz, wo Studierende einzelne Lehrveranstaltungen aus Informatik, Soziologie, BWL und Psychologie der jeweils anderen Universität besuchen können). Als Doktorandin am Institute of Interactive Systems and Data Science der TU Graz sagt sie über das interdisziplinäre Themenfeld des neuen Masterstudiums: „Die Digitalisierung ist Herausforderung und Chance zugleich - sowohl für die Gesellschaft, als auch für Wirtschaft und Forschung. Was vor einigen Jahren noch undenkbar schien, wird möglich. So können unter anderem gesamtgesellschaftliche Phänomene wie die Ausbreitung von Fake News mit Hilfe riesiger Datensätze erforscht werden. Die Möglichkeiten neuer Forschungsansätze und Ideen erfordern zusätzlichen Austausch und Wissen unterschiedlichster Disziplinen. Ich persönlich finde es herausfordernd und motivierend am Puls der Zeit zu lernen und bin mir sicher, dass auch andere in Zukunft daran Spaß haben werden.“
Roderick Bloem, Dekan der Fakultät für Informatik und Biomedizinische Technik der TU Graz, bekräftigt: „Das Masterstudium „Computational Social Systems“ bildet Expertinnen und Experten verschiedener Fachrichtungen aus, die aus diesen Datenmengen mit Methoden der Informatik wertvolles Wissen ableiten können und eine verantwortungsvolle Nutzung dieser Daten garantieren“.
Heinz Königsmaier, Studiendekan der SOWI-Fakultät der Universität Graz ergänzt: „Studierende bekommen in diesem interdisziplinären Masterprogramm die notwendigen Fähigkeiten, um die digitale Gesellschaft zu verstehen und die Chancen der digitalen Transformation zu nutzen. Wir wollen damit mehr Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen aus dem Bereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften mit fundierten Informatikkenntnissen ausstatten und umgekehrt Informatikerinnen und Informatiker in den Bereichen Recht, Soziologie, Psychologie und Wirtschaft ausbilden.“
Berufsbilder
Absolventinnen und Absolventen des Masterstudiums erforschen beispielsweise als Social Data Scientists soziale Themen und menschliches Verhalten mithilfe digitaler Daten, unterstützen als Business Analytics Experts die Unternehmensperformance durch Datenauswertung, entwickeln als Interface Designer Technologien zur Mensch-Computer-Interaktion oder beraten als Digital Law Experts zu Rechtsfragen, die neue Technologien ergeben, etwa Datenschutz und Urheberrecht. Auch zur Gründung von Start-ups trägt der Studienabschluss wertvolles interdisziplinäres Wissen bei – etwa bei der Gründung eines Software-Unternehmens, wo kombinierte Informatik- und BWL-Kenntnisse besonders vorteilhaft sind.
Ein Basismodul, vier Spezialisierungen
Im Basismodul werden die Studierenden mit den Themenfeldern der „Computational Social Systems“ vertraut und erhalten die notwendigen Vorkenntnisse für die darauffolgenden Vertiefungen. Sie beschäftigen sich mit verschiedenen Forschungsmethoden zur Analyse sozialer Systeme und erlernen den Umgang mit Technologien und statistische Methoden zur Verarbeitung, Auswertung und Interpretation von Daten. Anschließend spezialisieren sie sich je nach Vorbildung in einer der vier Richtungen Business Analytics, Societies, Technologies and Social Research, Human Factors oder Law and Computer Science.