Die Abwicklung komplexer Bauprojekte – von der Projektidee bis zur Inbetriebnahme – ist anfällig für Reibungsverluste: Überflüssige Arbeitsschritte, Missverständnisse in der Kommunikation oder schlecht geplante Materialflüsse wirken sich negativ auf die Zeitplanung sowie auf die Kosten und die Zufriedenheit aller Beteiligten aus. „Die Baubranche steht vor einem großen Umbruch, denn die traditionelle Abwicklung von Bauprojekten ist aufgrund zunehmender Komplexität nicht mehr effizient“, sagt Gottfried Mauerhofer vom Institut für Baubetrieb und Bauwirtschaft der TU Graz.
Der „Lean Baumanagement“-Ansatz eröffnet hier neue Wege in der Bauprojektabwicklung und gewinnt daher zunehmend an Bedeutung in der Baubranche. „Vergleicht man den Trubel auf einer Baustelle mit den geordneten, perfekt geplanten Abläufen in Produktionshallen der Automobilindustrie wird schnell deutlich: Bauprojekte können mit verschlankten Prozessen noch deutlich effizienter werden“, so Mauerhofer. Er ist der wissenschaftliche Leiter des berufsbegleitenden Masterlehrgangs „Lean Baumanagement“, den die TU Graz als erste Bildungseinrichtung im deutschsprachigen Raum ab September 2019 anbietet.
Konstante Informations- und Materialflüsse
Die „Lean“-Denkweise hat – ausgehend von der stationären Automobilindustrie – bereits vor Jahren Eingang in die Bereiche Maschinenbau und Produktion gefunden. Sie soll Material- und Informationsflüsse möglichst konstant und verschwendungsfrei halten. Gottfried Mauerhofer gibt ein anschauliches Beispiel: „Es geht um baunahe Arbeitsabläufe und effiziente Logistik, damit lassen sich unnötige Transporte und Wartezeiten vermeiden. Wenn Baumaterial zum Beispiel ‚just in time‘ bestellt und geliefert wird, muss es nicht zwischengelagert und hin- und hertransportiert werden.“ Im Zentrum steht also nicht primär eine möglichst schnelle Umsetzung von Bauprojekten, sondern das strukturierte und effiziente Arbeiten in bestmöglicher Qualität. Die Devise lautet: Kein Handgriff zu viel oder zu wenig! Dafür braucht es einen möglichst freien Informationsfluss, eine partnerschaftliche Projektabwicklung und eine offene Fehlerkultur. „Im ‚Lean Baumanagement‘ werden die Ressourcen Mensch, Maschine und Material optimal eingeteilt und aufeinander abgestimmt“, so Mauerhofer. „Das funktioniert nur, wenn alle Beteiligten miteinbezogen werden und am selben Informationsstand sind.“ Zentral sind dabei von Projektbeginn an die wertschätzende Zusammenarbeit und intensive Kommunikation zwischen den Planungs-, Bau- und Betriebsteams, vom Vorarbeiter bis zur Bauleiterin, vom Nachunternehmen bis zum Auftraggeber.
Nähere Informationen zum Lehrgang gibt es unter www.leanbaumanagement.at
In vier Semestern und acht Modulen befassen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Universitätslehrgangs „Lean Baumanagement“ mit „Lean Management“ als grundlegendes Prinzip. „Lebenszyklusorientiertes Bauen“ und „Building Information Modeling“, also Gebäudedatenmodellierung mit entsprechender Software, stehen ebenso am Lehrplan wie die Themen „Wissenschaftliches Arbeiten“, „Bau-Betriebswirtschaftslehre“ und „Bauprojektmanagement“. Die Vortragenden stammen zu einem Drittel von Universitäten und Hochschulen, der Rest kommt direkt aus der Praxis. Nach dem erfolgreichen Verfassen einer Masterarbeit sowie einer kommissionellen Prüfung schließen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Lehrgang mit dem Titel „Master of Engineering in Lean Baumanagement“ ab. Die Ausbildung richtet sich an Berufstätige in Führungspositionen in der gesamten Bauwirtschaft mit theoretischen und praktischen Vorkenntnissen. Es gibt 20 Plätze, die bereits stark nachgefragt sind.
Das gesamte universitäre Weiterbildungsangebot der TU Graz im Rahmen von LifeLongLearning