News+Stories: Sie betreuen Maria an der TU Graz im Rahmen der MORE Initiative für Flüchtlinge. Worum geht es dabei?
Nina: Das MORE-Projekt wurde österreichweit ins Leben gerufen, um Flüchtlingen, die ein Studium in Österreich beginnen oder fortsetzen wollen, im Studienalltag zu helfen. Es reicht von der unbürokratischen Anmeldung als außerordentliche Studierende oder außerordentlicher Studierender über Sprachkurse und Bibliotheksnutzung bis zum Besuch bestimmter Lehrveranstaltungen. Die Mentorinnen und Mentoren erklären alles Wichtige am Campus und unterstützen bei der Alltagsbewältigung.Wie sind Sie dazu gekommen, Begleiterin für geflüchtete Menschen an der TU Graz zu werden?
Nina: Im Sommer 2015 hat die TU Graz eine E-Mail an alle Studierenden ausgeschickt. Darin stand, dass das Programm ins Leben gerufen wird und sich Studierende melden können, die daran Interesse haben. In diesem Sommer sind ja viele Flüchtlinge zu uns nach Österreich gekommen. Ich habe damals schon bei der Caritas gearbeitet, deswegen war auch der Bezug da. Ich wollte auf jeden Fall etwas machen, um zu helfen und zu unterstützen, und habe mich dann gleich gemeldet. Es dauerte leider noch ein Jahr bis abgeklärt war, ob das Programm nicht in das Asylrecht eingreift. Schlussendlich bin ich von der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der TU Graz Maria zugeteilt worden.Welchen Status muss ein Flüchtling haben, um sich für das Programm anmelden zu können?
Nina: Maria war Asylwerberin und hat sich damals einfach beim Welcome Center der TU Graz gemeldet.Welche Stationen führten Sie an die TU Graz?
Maria: Ich bin vor rund eineinhalb Jahren nach Österreich gekommen. Im meiner Heimat, dem Iran, habe ich den Bachelor in Tourismusmanagement gemacht. An der TU Graz habe ich mich für einen Deutschkurs angemeldet, und dann gleich eine Mail von Nina bekommen. Die Stationen waren also TU Graz-Welcome Center, Deutschkurs und dann schon direkt der erste Kontakt zu Nina. Vielleicht wird es noch ein Studium aus der Elektrotechnik oder dem Maschinenbau.
Was ist Ihre Studienrichtung, Nina?
Nina: Ich studiere Chemie, jetzt im fünften Semester.Betreuerin und Betreute müssen also nicht ähnliche Fachrichtungen haben?
Nina: Genau, das wäre zwar von Vorteil, aber bei vielen Flüchtlingen gab es nur die Information, dass sie auf jeden Fall studieren möchten, ohne genaue Angabe der Studienrichtung. Grundsätzlich wird schon nach Fachrichtungen zugeteilt, aber es gibt nicht immer Überschneidungen.Was war für Sie am Anfang fremd an der Universität in Österreich oder ist immer noch fremd?
Maria: Es gibt viele Unterschiede zwischen meiner Heimat und hier. Hier sind die Menschen zum Beispiel freundlicher. Das gefällt mir. Wir haben keine Freiheit im Iran. Männer und Frauen können zum Beispiel nicht zusammen sitzen. Einige Kurse an iranischen Universitäten sind nach Geschlecht getrennt, entweder nur für Männer oder nur für Frauen.
Ist das Studiensystem in Österreich ganz anders als im Iran?
Maria: Ja, ganz anders. Man kann sagen moderner und besser. Das Studium ist anders aufgebaut.Welche Lehrveranstaltungen besuchen Sie derzeit, Maria?
Maria: Ich besuche momentan den Deutschkurs, der über „treffpunkt sprachen“ an der Uni Graz stattfindet, und vielleicht kann ich nächstes Semester studieren. Dafür muss ich einen bestimmten Level in Deutsch erreichen.Welche Erfahrungen haben Sie beide – als Begleiterin und Begleitete – gemacht?
Nina: Also, für mich war es eine große Bereicherung. Ich freue mich sehr, dass wir mittlerweile gute Freundinnen geworden sind. Wir sehen uns fast jede Woche. Es ist sehr spannend und auch lustig, sich über die verschiedenen Kulturen auszutauschen – und ja, wir lernen auch viel voneinander.Das heißt, Sie werden nach Ende des Programmes auch in Kontakt bleiben?
Nina: Ja, auf jeden Fall. Wir waren Ende November gemeinsam beim Roten Kreuz und haben wegen einer Arbeitsstelle angefragt, ohne Asylbescheid geht das einstweilen nur freiwillig. Sobald der Bescheid da ist, will Maria dann bezahlt arbeiten. Und ich möchte mich dafür einsetzen, dass sie auch Studienbeihilfe bekommt, damit sie sich das Studium finanzieren kann. Wenn sie dann wirklich ins Studium einsteigt, bin ich natürlich für sie da. Dann zeige ich Maria den Campus, das TUGRAZonline-System und vieles mehr.Gibt es finanzielle Unterstützung innerhalb der MORE-Initiative?
Nina: Es werden Spenden gesammelt und daraus ergibt sich dann ein Budget, aus dem die Deutschkurse gezahlt werden. Außerdem wohnen viele Betreute gar nicht in Graz, sie sind außerhalb in Flüchtlingsheimen untergebracht. Die Anreise nach Graz wird auch aus dem Spendentopf bezahlt.Wie lange läuft die offizielle Betreuung innerhalb des MORE-Programmes?
Nina: Das Programm läuft jeweils für ein Semester, aber natürlich ist die Betreuungszeit länger, wenn man sich gut versteht.Warum würden Sie das Programm weiter empfehlen?
Nina: Als österreichische Studentin finde ich es eine Bereicherung, dass man Einblick in andere Kulturen bekommt, zu sehen, wie schnell man sich gut verständigen kann – und dass sich da wirklich Freundschaften ergeben. Ich glaube, für die Flüchtlinge ist es super, weil man ihnen eine Anlaufstelle für Fragen zum alltäglichen Leben bietet und sie für den Studienalltag Unterstützung finden. Und ich habe es voll nett gefunden, dass wir im Welcome Center zu Weihnachten gemeinsam Kekse gebacken haben.Bleibt Ihnen genug Zeit für das eigene Studium?
Nina: Natürlich nimmt die Betreuungsarbeit viel Zeit in Anspruch, aber man muss sich einfach den Zeitplan richtig legen, dann schafft man das schon - und Prioritäten setzen.Werden Sie sich wieder für eine Betreuung melden?
Nina: Ich glaube schon.Links für Menschen mit Fluchthintergrund
Als Asylwerberin oder Asylwerber als ordentliche Studentin bzw. ordentlicher Student an der TU Graz studieren.Als Asylwerberin oder Asylwerber als außerordentliche Studentin bzw. außerordentlicher Student an der TU Graz einzelne Lehrveranstaltungen besuchen (MORE Programm).
Generelle Informationen zur MORE-Initiative der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko).