News+Stories: Frau Fischer, am 12. April wird das Verbindungsbüro der TU Graz an der Tongji Universität in Shanghai offiziell eröffnet. Was steht am Programm und wie laufen die Vorbereitungen?
Clara Fischer: Die Vorbereitungen sind in vollem Gange und alles läuft sehr gut. Wir freuen uns, dass Senatspräsident Yang von der Tongji Universität und Rektor Harald Kainz von der TU Graz das Büro gemeinsam eröffnen werden. Die offizielle Schlüsselübergabe ist dabei ein zentraler Programmpunkt und wichtiges Symbol der Kooperation der beiden Universitäten, die wir durch das Verbindungsbüro nun weiter intensivieren. Wir erwarten zur Büroeröffnung hochrangige Gäste, darunter die österreichische Generalkonsulin in Shanghai, Silvia Neureiter, AVL-Geschäftsführer Robert Fischer oder Alexandra Wagner vom OeAD-Kooperationsbüro in Shanghai. Neben Bürobesichtigung und Mittagsimbiss erwartet die Gäste auch eine kleine Überraschung: gemeinsam mit Julia Zotter von der gleichnamigen österreichischen Schokolademanufaktur habe ich Schokoladen zur Verkostung ausgesucht. Wir sind schon gespannt, wie die Kürbiskern-Schokolade bei unseren chinesischen Gästen geschmacklich ankommt.Welche Aktivitäten sind seitens des Verbindungsbüros für die kommenden Monate geplant?
Clara Fischer: Ich bin gerade intensiv dabei, mich an der Tongji mit allen wichtigen Kontaktpersonen der Uni noch enger zu vernetzen. Außerdem plane ich Informationsveranstaltungen für Studierende und Lehrende der Tongji Universität, um unsere Austauschprogramme bestmöglich zu bewerben. Vor einigen Tagen habe ich bereits bei einer gemeinsamen Informationsveranstaltung mit Unis aus Deutschland die TU Graz repräsentiert und interessierte Studierende über einen Austausch informiert. Ich habe hier in China die Erfahrung gemacht, dass viele Studierende noch nicht von Österreich gehört haben und etwa gar nicht wissen, dass man bei uns Deutsch spricht. Es ist Zeit, dass sich das ändert. Und dann bin ich natürlich für unsere TU Graz-Studierenden und TU Graz-Lehrenden da, die sich im Rahmen eines Mobilitäts- oder Studienprogramms an der Tongji Uni aufhalten. Ich berate, wenn es Fragen zu Land, Leuten und chinesischer Lebensart gibt, plane und organisiere gemeinsame Aktivitäten wie Willkommens-Treffen oder österreichische Weihnachtsfeiern, oder ich bin bei einer Tasse guten Kaffees in meinem Büro einfach nur das Bindeglied zur Heimatuniversität TU Graz.Wie dürfen wir Europäer uns denn das Campusleben an einer chinesischen Eliteuniversität wie der Tongji Universität vorstellen?
Clara Fischer: Viele TU Graz-Studierende, die an die Tongji kommen, sind überrascht, dass es am Campus alles gibt, was man zum (Über)Leben braucht: Studierendenheime, Cafes, Restaurants, kleine Supermärkte – theoretisch müsste man den Campus während des Semesters kein einziges Mal verlassen. Die Uni-Einrichtungen befinden sich alle auf dem Campus und nicht über die Stadt verteilt.Wie viele Studierende und Lehrende der TU Graz befinden sich aktuell an der Tongji Universität und wie sind die Erfahrungen?
Im Moment befinden sich zwei TU Graz-Studierende der Studienrichtung Architektur an der Tongji. Beide sind mit dem Joint Study Programm für zwei Semester in Shanghai. Mit einem der beiden Studierenden hatte ich bereits ein längeres interessantes Gespräch. Studierende aus Österreich profitieren einerseits fachlich von den interessanten Lehrveranstaltungen an einer chinesischen Eliteuniversität wie der Tongji, zum anderen machen sie wertvolle interkulturelle Erfahrungen, die man durch nichts anderes als einen Auslandsaufenthalt sammeln kann. Viele Studierende nützen ihren Aufenthalt hier auch, um weitere Orte und nahegelegene Länder zu bereisen, die von Österreich aus nur schwerer zu erreichen wären.Warum sollten Studierende bzw. Lehrende einen Aufenthalt an der Tongji Universität in Betracht ziehen?
Clara Fischer: Die Tongji ist eine der renommiertesten und ältesten chinesischen Universitäten und die Joint Study Programme von TU Graz und Tongji in den Bereichen Architektur, Elektrotechnik und Maschinenbau hoch attraktiv. Vor allem aber ist Chinas Geschichte und (wirtschaftlicher) Werdegang einzigartig: In China wurden der Buchdruck, das Schwarzpulver, das Papier und der Kompasses erfunden. Das Leben hier ist aufregend und abwechslungsreich: Es ist spannend in Shanghai in die traditionelle chinesische Kultur einzutauchen, und gleichzeitig das moderne U-Bahnsystem, das internationale Flair, die unendliche Vielfalt der Architektur und die beeindruckende Skyline mit dem dritthöchsten Turm der Welt zu erleben. Keine andere Stadt ist wie Shanghai und nach einem Aufenthalt hier, sieht man jede andere Stadt durch die „Shanghai-Brille“. Um zu wissen, wie das ist, muss man es selbst erleben!Sie leben mit Ihrer Familie seit drei Jahren in China. Erzählen Sie uns doch ein wenig aus Ihrem Alltag.
Clara Fischer: Ich lebe nun seit über 3 Jahren mit meinem Mann in China und seit acht Monaten ist auch unser kleiner Sohn Arthur dabei, der in Shanghai zur Welt kam. In den letzten Jahren habe ich am Goethe Institut als Deutschlehrkraft gearbeitet. Auch da habe ich bereits unzählige chinesische Studierende kennengelernt, die an einem Studium in Deutschland oder Österreich interessiert waren. Als Büroleiterin des TU Graz-Verbindungsbüros kann ich dies nun in einer anderen Form unterstützen und fördern.Mein Alltag in China ist ganz anders, als er in Österreich wäre. Ich fahre meist mit dem Taxi von A nach B. Die Entfernungen in Shanghai sind riesig - zwei Stunden Fahrzeit pro Tag sind hier nichts Außergewöhnliches. Ich habe ein sehr nettes chinesisches Kindermädchen, das sich ganztägig liebevoll um mein acht Monate altes Baby kümmert, damit ich mich gut auf meine Arbeit konzentrieren kann. Zugleich lernt Arthur auch ein bisschen Chinesisch. Diese in Österreich fast unerschwinglichen „Bequemlichkeiten“ sind hier in Shanghai keine Ausnahme, sondern ganz normal. Luxus ist für mich hier westliches und gesundheitlich unbedenkliches Essen. Gute, klare und gesunde Luft, grüne Natur und ein blauer Himmel – all das gibt es in Shanghai eher selten – und das fehlt mir sehr.