Hauptprozessoren (CPUs) von Computern sind so konstruiert, dass auf ihnen mehrere Anwendungen parallel laufen. Das ist gut für die Effizienz, birgt aber ein Sicherheitsrisiko. Das haben Forschende der TU Graz und des Helmholtz-Zentrums für Informationssicherheit entdeckt: Eine neuartige Methode erlaubt es Angreifenden, Daten aus dem Speicher von CPUs auszulesen, indem sie den Energieverbrauch des Prozessors analysieren. Sie nennen diese Angriffsmethode „Collide+Power“.
Tausendfaches Überschreiben von Daten
Bei einem „Collide+Power“-Angriff speichern die Angreifenden ein Datenpaket auf einem Segment des Prozessors. In einem zweiten Schritt sorgt ein Schadcode dafür, dass der eigene Datensatz mit den Daten überschrieben wird („Collide“), auf den es die Angreifende abgesehen haben. Dieses Überschreiben verbraucht Strom („Power“) – je stärker die beiden Datenpakete voneinander abweichen, desto mehr Strom wird verbraucht. Anschließend wird der gesamte Prozess tausende Male wiederholt, jeweils mit minimal anderen zu überschreibenden Angreifenden-Datenpaketen. Aus den dabei auftretenden, geringfügig voneinander abweichenden Stromverbräuchen lässt sich schließlich das Datenpaket des Angriffsopfers rekonstruieren.
Erhöhter Stromverbrauch und Zeitverzögerungen liefern Hinweise
Zwar lässt sich der Stromverbrauch von CPUs nicht ohne Administratorenrechte ablesen, aber Angreifende können diese Sicherheitssperre umgehen: Das Überschreiben der Datenpakete führt neben erhöhtem Stromverbrauch auch zu zeitlichen Verzögerungen bei den Rechenvorgängen auf dem angegriffenen Prozessor. Durch diese Verzögerungen kann auf den Stromverbrauch und damit wiederum auf die Zieldaten rückgeschlossen werden.
Angriff derzeit noch sehr zeitaufwendig
„Betroffen von der Sicherheitslücke sind alle Rechner mit modernen Prozessoren“, sagt Andreas Kogler vom Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Kommunikationstechnologie (IAIK) der TU Graz. „Und dieses Sicherheitsrisiko lässt sich sehr schwer beheben.“ Allerdings ist ein „Collide+Power“-Angriff derzeit noch äußerst zeitaufwendig: Durch die unzähligen Überschreibungsvorgänge benötigt der Datenklau mindestens 16 Stunden pro Bit, in anderen Szenarien sogar bis zu einem Jahr. Zukünftige technologische Entwicklungssprünge könnten die benötigte Zeit jedoch deutlich reduzieren, womit „Collide+Power“-Angriffe ein alltagsrelevantes Sicherheitsrisiko würden.
Prinzipiell ist das Sicherheitsrisiko durch sogenannte Strom-Seitenkanäle schon länger bekannt und eines der Forschungsthemen von Stefan Mangard, Leiter des IAIK an der TU Graz, der die "Collide+Power"-Studie mitverfasst hat. Allerdings hat die Forschungsgruppe von Daniel Gruss vom IAIK erst in der jüngeren Vergangenheit entdeckt, dass Strommessungen an modernen Computern keine teuren Messgeräte und physischen Zugang benötigen, sondern direkt aus Software heraus möglich sind.
Chiphersteller sind informiert
Die großen Chiphersteller sind über das „Collide+Power“-Risiko vorab informiert worden und haben ihre Leitlinien entsprechend angepasst. Für die allgemeine Öffentlichkeit haben die Forschenden eine Website eingerichtet, auf der die Sicherheitslücke detailliert beschrieben ist: collidepower.com
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