News+Stories: Welche Meilensteine gab es in der Entwicklung der TU Graz in den letzten fünf Jahren?
Karin Schaupp: Wir haben als erste Universität Österreichs ein Vizerektorat für Kommunikation und Change Management eingerichtet. Das ist ein Meilenstein, damit sich die Universität in einem sich gravierend ändernden Umfeld zu einer weiterhin wettbewerbsfähigen und attraktiven Partnerin der Gesellschaft entwickelt. Außerdem hat sich die TU Graz internationalisierungsfit gemacht. Wir haben mehrere strategische Kooperationen unterzeichnet, die auch zunehmend mit Leben gefüllt wurden – insbesondere die Kooperationen mit der TU Darmstadt und dem Polytechnikum Mailand waren Meilensteine. Die mit der Internationalisierung verbundenen englischen Studiengänge schlagen sich auch in der Zunahme internationaler Berufungen nieder. Diese Diversität ist ein wesentlicher Faktor, um die Gesamtqualität in Forschung und Lehre permanent zu verbessern.Wo soll die TU Graz in fünf Jahren stehen, am Ende der Funktionsperiode des neuen Universitätsrates?
Karin Schaupp: Vor fünf Jahren habe ich mit dem Rektor das Ziel ausgesprochen: In zehn Jahren soll die TU Graz in Europa zu den zehn besten Universitäten in unseren wesentlichen Stärkefeldern zählen. Dieses Bestreben ist noch immer aufrecht – und ich bin optimistischer denn je, dass die Universität dieses Ziel erreicht. Das bedeutet sowohl einen großen Fokus auf Exzellenz in Forschung und Lehre wie auch auf die organisatorischen Prozesse. Wir sind im Vergleich zu anderen Top-Universitäten mit viel geringeren Globalmitteln ausgestattet und müssen den österreichischen Weg gehen, mit geringeren Ressourcen exzellente Ergebnisse zu erzielen.Unser Ziel: Die TU Graz soll in Europa zu den zehn besten Universitäten in unseren wesentlichen Stärkefeldern zählen.
Insbesondere hoffen wir, mit der kommenden Leistungsvereinbarung eine Verbesserung der zum Teil sehr schlechten Betreuungsverhältnisse zu schaffen. Denn natürlich ist es ein Erfolgsfaktor, wie viel Betreuung wir den Studierenden bieten können, damit sie das Studium bestmöglich absolvieren und mit Begeisterung ihre Talente entfalten. In dieser Periode wird auch das strategische Projekt „Lehre 2020“ realisiert werden – das schulden wir den Studierenden, die heute vollkommen andere Anforderungen haben als noch vor zehn Jahren. Es gilt vor allem, die durch die Digitalisierung entstehenden Möglichkeiten bestens zu nutzen, aber gleichzeitig die Anforderungen an soziales Lernen nicht zu vernachlässigen. Seitens des Wissenschaftsministeriums wurden wir auch beauftragt, als Pilotuniversität für das Thema Digitalisierung eine entsprechende Policy für die digitale Universität auszuarbeiten. Von diesem Wandel ist die gesamte Universität betroffen: wie wir denken, wie wir uns organisieren, wie wir Wissen managen. Es ist nicht einfach, altvertraute Wege zu verlassen. Daher ist die Unterstützung dieses Umwandlungsprozesses durch ein professionelles Transformationsmanagement unabdingbar. Aber wesentlich für das Gelingen wird sein, die Leidenschaft und Begeisterung dafür in allen zu wecken, dass wir hier etwas ganz Besonderes machen – und uns eine neue Identität schaffen als moderne Universität.Der Wissenstransfer – die sogenannte Third Mission – hat in den letzten Jahren einen immer größeren Stellenwert bekommen. Welche Rolle nimmt die TU Graz hier ein?
Karin Schaupp: Universitäten sind nicht nur da, um Wissen zu generieren, sondern auch um an der gesellschaftlichen Weiterentwicklung mitzuwirken. Die TU Graz hat bereits über Jahrzehnte eine Kultur der Zusammenarbeit mit der Industrie und der Wirtschaft entwickelt und unter anderem für den ganzen südösterreichischen Raum eine enorme Bedeutung. Die regionale wirtschaftliche Entwicklung auf dem Technologiesektor ist undenkbar ohne die TU Graz, umgekehrt ist die Kooperation mit der Wirtschaft unabdingbarer Baustein für die Weiterentwicklung der TU Graz. Die Kompetenzzentren sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür: Ein Großteil der Projekte, an denen die TU Graz beteiligt ist, hat sich zu globalen Zentren mit internationalen Branchengrößen als Kooperationspartnern entwickelt.Universitäten sind nicht nur da, um Wissen zu generieren, sondern auch um an der gesellschaftlichen Weiterentwicklung mitzuwirken.
Zudem darf auch nicht vergessen werden, wie viele Start-ups wir gegründet haben: Die TU Graz motiviert junge Menschen dazu, hier Firmen zu gründen, und unterstützt sie dabei bestmöglich. Für eine technische Universität ist es wichtig, auch mit den Geisteswissenschaften und den medizinischen Wissenschaften zu kooperieren – BioTechMed-Graz ist dafür ein Paradebeispiel. Die juridischen und ethischen Regelungen hinken momentan der technologischen Entwicklung hinterher. Das Machbare und das für die Gesellschaft Akzeptable driften immer weiter auseinander. Daher ist es uns als Universität ein Anliegen, dass unsere Absolventinnen und Absolventen als kritische Bürgerinnen und Bürger nicht nur die technologische Machbarkeit, sondern auch die Auswirkungen auf die Gesellschaft im Auge behalten.