News+Stories: Ein Studierendenteam stellt in rund 6 Monaten ein Eigenbau-Rennauto an den Start. Wie ist das möglich?
Ingo: Es ist die volle Teamleistung. Es gibt Leute, die Tag und Nacht arbeiten, mehrere Tage am Stück. Ohne die geht es nicht. Wir haben zeitlich viel Druck. Jeder aus dem Kernteam von ungefähr 25 Personen übernimmt einen kleinen Part, manche eben mehr. Wir arbeiten in 7 Modulen. Meines ist Management, Antheas Marketing, dann gibt es noch Chassis/Aerodynamik, Suspension, wo es um das Fahrwerk geht, Powertrain, also Motor und Antriebsstrang, Elektronik und IT. Wir bauen auf dem Wissen vom Vorjahr auf. Unsere Alumni – ehemalige Teammitglieder, die nicht mehr aktiv sind – unterstützen uns und geben das Know how von Jahr zu Jahr weiter. Anthea: Prinzipiell übernehmen wir das Konzept vom Vorjahr. Wenn etwas nicht geklappt hat, verbessern wir es. Alles wird neu gebaut, auch das Monocoque, also das Fahrgestell. Daran werkt ein Studierendenteam von 6 bis 8 Leuten bei Mubea Carbo Tech in Salzburg. Die Carbo Tech ist ein Hersteller für Leichtbau-Verbundwerkstoffe wie Carbon, der unter anderem die Monocoques für McLaren baut. Das Unternehmen ist einer unserer Sponsoren der ersten Stunde. Ingo: Für das Carbon Fahrgestell waren 8 Wochen geplant, heuer haben wir es in 6 Wochen geschafft. Unsere Leute bauen in Salzburg durchgehend von Montag bis Freitag. Mittlerweile arbeitet ein ehemaliges Teammitglied bei der Mubea Carbo Tech Graz. Das ist generell eine gute Connection für Fragen. Parallel zum Fahrgestell tüfteln wir immer am TANKIA-Motor. Dafür dürfen wir den Motorprüfstand der AVL 6 Wochen lang frei nutzen, von 0 bis 24 Uhr.Ihr habt viele Kontakte zu Unternehmen, ein gutes Netzwerk?
Ingo: Wir haben zu allen unseren Sponsoren einen guten Draht. Der langjährige Kooperationspartner AVL ist der Hauptarbeitgeber ehemaliger Teammitglieder. Unser Powertrain-Leiter vom Vorjahr macht demnächst ein Praktikum bei Audi. Es ergeben sich viele Jobmöglichkeiten. Durch Praktika von Teammitgliedern werden wir wiederum auf Sponsor-Möglichkeiten aufmerksam gemacht. So schließt sich der Kreis.Am 22. April zeigt sich der neue TANKIA der Öffentlichkeit. Wie lebt es sich als Teammitglieder wenige Wochen vor dem Event?
Anthea: Jeder ist nervös und gestresst. Am besten ist man jeden Tag von in der Früh bis am Abend in den Büros und Werkstätten, die uns die TU Graz am Campus Inffeldgasse zur Verfügung stellt. Aber wir haben dabei immer das Endergebnis vor Augen. Ingo: Die großen Teile sind 5 Wochen vor dem Rollout erledigt. Jetzt kommen die Feinheiten. Wir brauchen Formen für die Carbonteile, die erst knapp vor dem 22. April kommen. Da haben wir nur mehr wenige Tage Zeit, das zu finalisieren.Warum steckt man als Studentin oder als Student so viel Grips und Freizeit in ein Rennauto?
Anthea: Es macht Spaß, zum Schluss das Auto zu sehen und zu wissen, dass wir das zusammen geschafft haben. Und wenn man dann bei den Wettbewerben eine gute Platzierung einfährt, ist man unglaublich stolz darauf. Ingo: Das erste Mal, wenn das Auto fährt, das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Nach einer Saison bist du aber trotzdem ziemlich ausgelaugt. In dieser Zeit läuft das Studium eher nebenbei. Durchschnittlich sind die Teammitglieder deshalb nur 4 Semester aktiv, also 2 Saisonen lang. In der 1. Saison hilft man mit, in der 2. Saison gibt man Vollgas, zum Beispiel als Modulleiter. Dann wird es wirklich zeitintensiv. Das Problem ist, dass die Bewerbe in den Sommerferien stattfinden, von Juli bis Ende August. Geld verdienen oder Praktikum machen wird schwer… Deshalb belohnt ihr euch und alle, die das Team unterstützen, mit einem großen Fest, dem Rollout? Ingo: Bei der öffentlichen Präsentation des TANKIA der Saison geben wir allen die Gelegenheit, das Auto zu sehen, das ohne ihre Unterstützung so nicht dastehen würde. Wir laden Mitglieder der TU Graz ein, Professoren von Instituten, die uns geholfen haben, aber auch viele ehemalige Teammitglieder, die gerade Doktorat machen oder Leute, die an Bachelor- oder Masterarbeiten mit Bezug zum TANKIA arbeiten. Unsere Sponsoren nützen das Rollout, um untereinander zu netzwerken. Und natürlich sind auch Eltern und Angehörige mit dabei. Die sehen dann endlich, was wir in unserer Freizeit so machen. Es ist ein großes Fest, auch für unsere Fans.Warum kann der TANKIA 2016 sein erfolgreiches Vorgängermodell toppen?
Ingo: Aerodynamisch ist er extrem stark, weil wir das Aeropaket, das sind Frontflügel, Seitenflügel und Heckflügel, komplett überarbeitet haben. Außerdem haben wir ein völlig neues Chassis konstruiert und gebaut, weil wir letztes Jahr auf der Hinterachse in der Kurve ein „Haxlheben“ hatten. Am Fahrgestell sind ja alle Teile angeschraubt. Wir haben die Anlenkungspunkte versetzt, um dem Problem entgegenzuwirken. Da haben wir uns viele Gedanken gemacht und auch viel mit TU Graz-Instituten zusammengearbeitet. Der Schwerpunkt liegt nun tiefer und genau in der Mitte. Davon erhoffen wir uns mehr Stabilität und noch bessere Rundenzeiten.Was sind die Ziele für die Saison 2016?
Anthea: Wieder Silverstone, England, das ist der erste Bewerb der Saison im Juli. Danach kommt der Red Bull Ring in Österreich, dann Hockenheim in Deutschland. Die Formula student in Barcelona, Spanien, ist der letzte Wettbewerb der Saison. Wir können nicht überall mitfahren. Entscheidend ist, wo die Konkurrenz für uns stärker ist.Ingo: Für das Team und für die Sponsoren ist ein wirklich starkes Starterfeld interessant. Eine gute Platzierung zählt dann mehr. Ein guter Platz in Italien ist weniger wert als in Deutschland. Deutschland ist das wichtigste Rennen in Europa. Das Schwierigste wird, an die Saison 2015 anzuknüpfen. Wir waren in Japan Gesamtsieger, am Hockenheim Ring in Deutschland vierte und am Red Bull Ring zweite.
Konkurrenz oder Teamgeist – was beherrscht die Rennstrecken?
Anthea: Das beste Beispiel sind unsere „Lieblingsrivalen“, das Rennteam der Uni Stuttgart. Die haben ein extrem starkes Auto und sind auf der Rennstrecke unsere härtesten Konkurrenten. Trotzdem testen wir in der Woche vor dem deutschen Bewerb gemeinsam und helfen uns. Es ist nicht wie in der Formel 1, es kochen alle nur mit Wasser. Als sechstplatzierte auf der Weltrangliste werden wir via Mail oder Facebook regelmäßig von internationalen Teams etwa aus Indien, China oder Thailand kontaktiert, um Wissen auszutauschen. Ingo: Auch die Japaner fahren voll auf unser Auto ab und wollen uns beim Bewerb 2016 wiedersehen. Außerdem haben uns Italiener angeschrieben, ob wir unsere Carbon-Felgen verkaufen oder die Business Pläne des 2008er TANKIA oder den ganzen TANKIA von 2008. Tun wir natürlich nicht. Das sind dann wirklich kuriose Anfragen (grinst).TANKIA Steckbrief
TANKIA 2016 in 3 Worten? aerodynamisch, kraftvoll, schnellGesamtkonzept? Leichtbauauto, bringt rund 150 Kilogramm auf die Waage
Wie das? Monocoque und Nase aus Carbon, die Felgen ein Mix aus Carbon und Aluminium, Einzylinder-Motor mit weniger PS aber auch weniger Kilos.
Motto? Nicht Top-Speed sondern Kurvengeschwindigkeit zählt.
Warum das funktioniert? Lange Gerade sind bei Bewerben selten, wenn nicht, zählt das Können der Fahrer.
Design-Konzept? Nach außen hin traditionell, das Know-how steckt innen – in jeder Lage Carbon, der Wabenstruktur mit Alukomponenten.
Schwächen? Carbon ist teuer, daher relativ hohe Fertigungskosten – ein Nachteil im theoretischen Cost-Bewerb, wenn es um die Kosten in der Serienfertigung geht.