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Speichern oder exportieren?

24.09.2024 | TU Graz news | Forschung | Planet research | FoE Sustainable Systems

Von Philipp Jarke

Im Jahr 2040 wird die Stromproduktion von Solaranlagen zur Mittagszeit die Nachfrage häufig deutlich übersteigen. Robert Schürhuber vom Institut für Elektrische Anlagen und Netze erläutert, wie die Netzstabilität künftig gewährleistet bleibt, ohne PV-Anlagen zeitweise vom Netz nehmen zu müssen.

Robert Schürhuber vom Institut für Elektrische Anlagen und Netze der TU Graz. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz

News + Stories: Die österreichische Stromproduktion aus Photovoltaik-Anlagen soll sich bis 2030 verdoppeln, 2040 soll knapp ein Drittel des landesweiten Stromverbrauchs auf diese Weise gedeckt werden. Angenommen, die Ausbauziele werden tatsächlich erreicht: Wird es Solarstromüberschüsse geben, wie sie in Nachbarländern wie Deutschland häufig vorkommen?

Robert Schürhuber: Diese Überschüsse gibt es bereits heute. Insbesondere an sonnigen Tagen gepaart mit geringem Verbrauch kann dieser Effekt deutlich beobachtet werden.

Drohen durch solche Angebotspeaks Überlastungen des Stromnetzes?

Robert Schürhuber: Aus Netzsicht ergeben sich durch massive PV-Einspeisung im Wesentlichen zwei neue Herausforderungen: Eine deutlich höhere transportierte Leistung sowie eine veränderte Leistungsflussrichtung. Beide Faktoren entsprechen nicht den Annahmen, welche der Netzplanung und dem Netzbetrieb ursprünglich zugrunde gelegt wurden und erfordern damit Anpassungen. Die wesentlichste Maßnahme ist dabei der Ausbau der Netze. Die Geschwindigkeit des Netzausbau hinkt den hohen Ausbauraten der PV allerdings weit hinterher.

Zur Netzstabilisierung könnte man PV-Anlagen temporär vom Netz nehmen. Besser wäre es aber, den Peak-Solarstrom nutzbar zu machen. Was ist aus Ihrer Sicht sinnvoller: Ihn zu speichern oder in andere Regionen bzw. Länder mit höherer Nachfrage zu transportieren?

Robert Schürhuber: Hier ist die Energiespeicherung zu bevorzugen, da nicht nur Österreich, sondern auch die übrigen Staaten Europas in den nächsten Jahren einen intensiven PV-Ausbau verfolgen. Berechnungen unseres Instituts für das europäische Energiesystem im Jahr 2040 zeigen, dass die prognostizierte Gesamterzeugung zu Spitzenzeiten der PV die prognostizierte Last deutlich übersteigt. Somit stellt sich die Frage, wo zu diesen Zeiten überhaupt eine entsprechende Nachfrage herrschen könnte. Darüber hinaus ist ein Stromtransport über weite Strecken auch verlustbehaftet und erfordert entsprechend große Übertragungskapazitäten. Die erwähnte netzdienliche Abregelung von PV-Anlagen in Ausnahmesituationen ist somit volkswirtschaftlich oft sinnvoller als das gesamte Netz teuer für Belastungen auszulegen, die nur selten innerhalb eines Jahres auftreten.

Wie müssten ideale Stromspeicher beschaffen sein, damit Sie den Ansprüchen der Solarstromproduzent*innen, der Verbraucher*innen und der Netzbetreiber zugleich entsprechen?

Robert Schürhuber: Kurze Antwort: Billig, groß und schnell. Diese Gesichtspunkte sind jedoch kaum unter einen Hut zu bringen!

In einigen Ländern werden große Stromspeicher gebaut, vor allem auf Basis von Lithium-Ionen-Batterien. Warum ist dies in Österreich nicht der Fall?

Robert Schürhuber: Batteriespeicher dürfen in Österreich aus regulatorischen Gründen nicht durch Netzbetreiber betrieben werden, sondern müssen stets am Markt agieren. Netzdienliches Verhalten per se wird aktuell finanziell nur begrenzt vergütet, was die Möglichkeiten zur Profitgenerierung für den Errichter bzw. Betreiber einschränkt. Die Entscheidung, einen Speicher zu errichten, ist daher primär eine betriebswirtschaftliche und von der zukünftigen Strompreisentwicklung und den gesetzlichen Rahmenbedingungen abhängig. Außerdem besteht in Österreich eine Konkurrenz mit einem anderen großen, etablierten Speichersystem, nämlich unseren Pumpspeicherkraftwerken.

Von finanziellen Überlegungen von Investoren einmal abgesehen: Sind solche zentralen Großspeicher mit Blick auf Netzstabilität und Umwandlungsverluste sinnvoll? Oder wären viele kleinere, dezentrale Speicher besser?

Robert Schürhuber: Aus Netzsicht sind größere Einheiten zu bevorzugen, da diese in Summe kostengünstiger sind und jedenfalls einfacher koordiniert eingesetzt werden können. Natürlich sind diese im Netz verteilt zu errichten, um eine entsprechende Zuverlässigkeit für den Netzbetrieb sicherzustellen, insbesondere für die lokale Verteilung der elektrischen Energie.

Die Produktion von Strom aus Sonnenenergie schwankt nicht nur im Tages-, sondern auch im Jahresverlauf. Welche Optionen bieten sich an, den Produktionspeak aus dem Sommer für die Wintermonate nutzbar zu machen?

Robert Schürhuber: Hier haben wir in Österreich dank der geografischen Lage den klaren Vorteil, einen gewissen Ausgleich über Pumpspeicherkraftwerke realisieren zu können. Dennoch können wir damit keinen vollständigen saisonalen Ausgleich erreichen. Dafür sind weitere, große Langzeitspeicher erforderlich. Aus heutiger Sicht ist die vielversprechendste Technologie dafür eine chemische Speicherung in Form von Power-to-Gas, also z.B. durch grünen Wasserstoff oder Methan. Selbstverständlich spielt die Energieeffizienz ganz allgemein eine wichtige Rolle – Energie, die eingespart wird, muss weder erzeugt noch gespeichert werden!

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Kontakt

Robert SCHÜRHUBER
Univ.-Prof. DDipl.-Ing. Dr.techn.
TU Graz | Institut für Elektrische Anlagen und Netze
Tel.: +43 316 873 7550
robert.schuerhubernoSpam@tugraz.at

Peter WOHLFART
Dipl.-Ing. BSc
TU Graz | Institut für Elektrische Anlagen und Netze
Tel.: +43 316 873 7559
peter.wohlfartnoSpam@tugraz.at