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Schlummernde Reserve von Lithium-Ionen-Akkus aufgespürt

21.08.2024 | TU Graz news | Forschung

Von Philipp Jarke

Akkus unterbieten ihre theoretische Kapazität in der Praxis zum Teil deutlich. In einer Lithium-Eisenphosphat-Kathode konnten Forschende der TU Graz nun genau beobachten, wo der Kapazitätsverlust auftritt.

Daniel Knez hält eine Probe des Batteriematerials mit einer Pinzette. Im Hintergrund (v.l.) Werner Grogger, Nikola Šimić, Anna Jodlbauer und Gerald Kothleitner. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz

Lithium-Eisenphosphat zählt zu den wichtigsten Materialien für Batterien von E-Autos, stationären Stromspeichern oder Werkzeugen. Es ist langlebig, vergleichsweise günstig und neigt nicht zur Selbstentzündung. Auch die Energiedichte macht Fortschritte. Die Fachwelt rätselt allerdings nach wie vor, warum Lithium-Eisenphosphat-Akkus ihre theoretische Stromspeicherkapazität in der Praxis um bis 25 Prozent unterbieten. Um diese schlummernde Kapazitätsreserve zu nutzen, wäre die genaue Kenntnis darüber entscheidend, wo und wie sich Lithium-Ionen während der Lade- und Entladezyklen im Batteriematerial einlagern und wieder herauslösen. Forschenden der TU Graz ist nun ein wesentlicher Schritt dazu gelungen: Bei Untersuchungen mit Transmissionselektronenmikroskopen konnten sie die Lithium-Ionen auf ihrem Weg durch das Batteriematerial systematisch verfolgen, ihre Anordnung im Kristallgitter einer Eisenphosphat-Kathode mit noch nie dagewesener Auflösung abbilden und ihre Verteilung im Kristall genau quantifizieren.

Schlüsselhinweis für weitere Kapazitätssteigerung von Batterien

„Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass auch bei vollständigem Laden der Testbatteriezellen Lithium-Ionen im Kristallgitter der Kathode zurückbleiben, anstatt zur Anode zu wandern. Diese immobilen Ionen kosten Kapazität“, sagt Daniel Knez vom Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz. Die immobilen Lithium-Ionen sind ungleichmäßig in der Kathode verteilt. Den Forschenden ist es gelungen, diese unterschiedlich stark mit Lithium angereicherten Bereiche genau zu bestimmen und bis auf wenige Nanometer voneinander abzugrenzen. In den Übergangsbereichen fanden sich Verzerrungen und Verformungen im Kristallgitter der Kathode. „Diese Details liefern wichtige Hinweise auf physikalische Effekte, die der Batterieeffizienz bislang entgegenwirken und die wir bei der Weiterentwicklung der Materialien berücksichtigen können“, sagt Ilie Hanzu vom Institut für Chemie und Technologie von Materialien, der an der Untersuchung eng beteiligt war.

Methoden auch auf andere Batteriematerialien übertragbar

Für ihre Untersuchungen haben die Forschenden Materialproben aus den Elektroden ge- und entladener Akkus herauspräpariert und unter anderem am atomar auflösenden ASTEM-Mikroskop der TU Graz untersucht. Dabei kombinierten sie Elektronenenergieverlustspektroskopie mit Messungen zur Elektronenbeugung und Bildgebung auf atomarer Ebene. „Durch die Kombination verschiedener Untersuchungsmethoden konnten wir bestimmen, wo das Lithium in den Kristallkanälen positioniert ist und auf welchen Wegen es dort hingelangt“, erläutert Nikola Šimić vom Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik und Erstautor des Papers zu den Ergebnissen, die das Forschungsteam kürzlich im Fachjournal Advanced Energy Materials veröffentlicht hat. „Die von uns entwickelten Methoden und die gewonnen Erkenntnisse zur Ionendiffusion lassen sich mit nur geringen Anpassungen auch auf andere Batteriematerialien übertragen, um sie noch präziser zu charakterisieren und weiterzuentwickeln.“

Diese Forschung ist im Field of Expertise „Advanced Materials Science“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.

Information

Publikation: Phase Transitions and Ion Transport in Lithium Iron Phosphate by Atomic-Scale Analysis to Elucidate Insertion and Extraction Processes in Li-Ion Batteries

In: Advanced Energy Materials; 2024, 2304381

Autoren: Nikola Šimić, Anna Jodlbauer, Michael Oberaigner, Manfred Nachtnebel, Stefan Mitsche, H. Martin R. Wilkening, Gerald Kothleitner, Werner Grogger, Daniel Knez, Ilie Hanzu

DOI: doi.org/10.1002/aenm.202304381

Kontakt

Daniel KNEZ
Dipl.-Ing. Dr.techn. BSc
TU Graz | Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik
Tel.: +43 316 873 8831
kneznoSpam@tugraz.at

Ilie HANZU
Ass.Prof. Priv.-Doz. Dr.
TU Graz | Institut für Chemische Technologie von Materialien
Tel.: +43 316 873 32329
hanzunoSpam@tugraz.at

(V.l.) Gerald Kothleitner, Werner Grogger, Nicola Šimić, Daniel Knez (alle vom Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik) und Anna Jodlbauer vom Institut für Chemie und Technologie von Materialien neben einem Rasterelektronenmikroskop, an dem ein Teil der Untersuchungen durchgeführt wurde. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz
Hochauflösendes Bild von lithiumreichen (unten rechts) und lithiumarmen (oben links) Bereichen des Probenmaterials. Zum leichteren Vergleich sind beide Bereiche auch in Abbildungen von Simulationen dargestellt. Bildquelle: FELMI – TU Graz
Daniel Knez hält eine Probe des Batteriematerials mit einer Pinzette. Im Hintergrund (v.l.) Werner Grogger, Nikola Šimić, Anna Jodlbauer und Gerald Kothleitner. Bildquelle: Lunghammer - TU Graz