1. Was für eine Tradition!
Die junge Frau an der Abendkasse vor mir, schulterfreies Kleid, glitzernde Nadeln im Haar, will es nicht glauben, doch es ist Fakt: Der Ball ist restlos ausverkauft! Ich begreife, warum sie nicht lockerlässt: Schon beim Einlass ins Foyer liegt ein Zauber in der Luft. Er spiegelt sich in den gut gelaunten Gesichtern wider, in den eleganten Outfits, in den Klängen des Saxophons, die so manche Schulter noch an der Garderobe, noch im Mantel zum Wippen bringen. Was da in der Luft liegt, ist eine lange Tradition des Feierns! Zum ersten Mal fand dieser Ball am 8. Februar 1858 statt. Anwesend: Erzherzog Johann. Es ist der älteste Ball der ältesten Technischen Universität Österreichs.
2. Ein Fest der Technik – und des Tanzes!
„Wir müssen den Herrn Technikern das Compliment machen, daß sie mit ihrem Balle glänzend reüssiert haben, und die Damen werden ihnen gewiß das Zeugnis geben, dass sie die Meßkunst auch auf dem Tanzsaale trefflich auszuüben verstehen“, las man 1858 tags darauf in der „Tagespost“. Und tatsächlich: Das hohe Niveau und die Freude am Tanzen (auch der Männer!) sind auch hier und heute offensichtlich. Egal, in welchen Saal man schaut, ob in den prachtvollen Stefaniensaal, in dem das Grazer Salonorchester aufspielt, oder in einen der anderen Räume, erfüllt von Rumba, Cha-Cha-Cha und Quickstepp: überall inspirierte Paare, junge wie alte, aus allen Nationen. Gegen jede Erwartung fanden sich auch für mich zwei Tänzer, exzellente dazu. Beinahe hätte ich darüber die geniale Mitternachtseinlage (Piano & Dance Expanded von Andreas Woyke & Tanzfabrik) und die lustige Quadrille versäumt ...
3. Tanz der Algorithmen – mehr als ein Motto
Es sei sein erster Ball als Rektor, er fühle sich wie ein Debütant, scherzte Horst Bischof, der Gastgeber des Abends, beim Empfang der Ehrengäste. Nachdem er den Sponsoren (Hauptsponsor: IT Community Styria), den Mitveranstaltern (Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten, alumniTUGraz 1887, FH Joanneum und HTU TU Graz) gedankt und die teilweise weit gereisten Gäste aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft begrüßt hatte, gab er preis, wie er selbst es mit dem Tanzen halten werde: „Ich danke für das Motto des Abends, das ich ganz wörtlich nehme. Wenn die Algorithmen tanzen, muss der Rektor nicht tanzen. Und nächstes Jahr tanzen hoffentlich schon die Roboter für mich.“
4. Fortschritt liegt im Miteinander
Das wahre Glanzstück dieses Balls ist aber die Leichtigkeit, mit der er ein altes Erfolgskonzept feiert: das Miteinander. Der Ball verbindet Tradition mühelos mit technischem Fortschritt, etablierte Wissenschaft mit aufstrebenden Geistern, Tanz und Geselligkeit mit der „Magie“ von Informatik und biomedizinischer Technik. Spielerisch geht es in die Welt der Algorithmen. Wie wird man schnell zum Rektor? (Deepfake). Wie hilft KI beim Lernen am Klavier? Spannend auch: Beim „Match“ zwischen Mensch und KI geht es einfach darum, herauszufinden, wer was besser kann und lieber macht, zu delegieren und zu kollaborieren. Ganz pragmatisch. Siehe Rektor und Roboter …
5. Was für ein Lebensgefühl!
Nicht zuletzt im Humor des Rektors zeigt sich das spezifische Gefühl, das die technischen Wissenschaften so anziehend macht: das Wissen darum, die Zukunft selbst gestalten zu können, das vorwärts gerichtete Streben, das Schaffen von Lösungen für drängende Fragen. Schon lange nicht mehr fühlte ich mich so von Zuversicht umgeben wie auf diesem Ball der Technik und inmitten der in den Foyers und Fluren präsentierten digitalen Intelligenz. Ein nachhaltig begeisterndes Erlebnis!
