„Das Drucken funktioniert im Prinzip wie das Verzieren einer Torte“, erklärt Rupert Kargl, Forscher am iBioSys Lab des Instituts für Chemie und Technologie Biobasierter Systeme an der TU Graz, die Arbeitsweise des neuen Biodruckers. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form eines 3D-Druckers. 3D-Drucker arbeiten im Grund immer gleich: „Es geht um das automatisierte Verteilen und Verfestigen von Material im dreidimensionalen Raum.“ Diese Tätigkeit führt für gewöhnlich ein Roboterarm oder ein Lichtstrahl aus, der in x-, y- und z-Richtung bewegt wird. Wie das Material an Ort und Stelle verfestigt wird, ist unterschiedlich. Im Falle des Biodruckers an der TU Graz ist es eine Düse, die weiche oder geschmolzene Pasten verarbeitet – ähnlich einer Spritztüte eben, mit der kunstvolle Blumen oder Ornamente auf einer Torte gestaltet werden. Aber statt Zuckerguss und Marzipan verarbeitet der Biodrucker andere nachwachsende und organische Stoffe. Und statt Blümchen zaubert er etwa Gefäßwände oder künstliche Haut.
Einmalig in Österreich
„Lebendes Gewebe ist ein extrem komplexer Materialmix“, erklärt Kargl. „Unser Drucker erlaubt uns deshalb auch sehr viel Flexibilität und Kombinationsmöglichkeiten.“ Der Drucker kann bis zu fünf verschiedene Materialien in einer Druckschicht verarbeiten und sei in dieser Form in Österreich einzigartig, so die Forschenden. Geplant ist, neben unterschiedlichen Materialien auch lebende Zellen mit dem Drucker aufzubringen, die dann von sich aus neues Gewebe aufbauen können. „So können wir zum Beispiel künstliche Haut wachsen lassen.“
Wie chemisch veränderte organische Rohstoffe genutzt werden können, illustriert Gelatine. Sie besteht aus verkürzten Kollagenketten und wird aus tierischem Gewebe gewonnen. Sie kann dann einerseits zum Kochen verwendet werden, aber auch, um mit dem 3D-Drucker Hautgewebe zu simulieren. „In Sachen Dehnbarkeit und Weichheit hat Gelatine ähnliche Eigenschaften wie menschliche Haut wenn der Wassergehalt reguliert wird“, erklärt Kargl.
Der Drucker mit der Bezeichnung BioScaffolder BS 3.2 ermöglicht höchste Flexibilität bei der Materialmischung, die ausgefeilte Software erlaubt das präzise Aufbringen von Material: „Wir können jedes Voxel – also jeden Pixel im Volumen – einzeln ansteuern und befüllen“, so Kargl.
Starke Kooperationspartner gesucht
Der Biodrucker spielt eine tragende Rolle in einigen Projekten am Institut: Derzeit arbeiten Kargl und seine Kolleginnen und Kollegen etwa am Druck von menschlichen Blutgefäßmodellen, die in der Medizin-Lehre und für Operationsplanungen eingesetzt werden können. Die Forschenden am Institut stammen mehrheitlich aus der Materialwissenschaft und Chemie – daher wollen sie Fachwissen aus den Bereichen Medizin und Biologie mit an Bord holen. „Es ist sehr wichtig für uns, starke Kooperationspartner zu haben, mit denen wir gemeinsam Forschungsprojekte durchführen können“, so Kargl, der mit Nachdruck betont, dass das Institut „immer auf der Suche ist.“
Dieses Forschungsprojekt ist im Field of Expertise „Advanced Materials Science“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.
Mehr Forschungsnews finden Sie auf Planet research. Monatliche Updates aus der Welt der Wissenschaft an der TU Graz erhalten Sie über den Forschungsnewsletter TU Graz research monthly.