Besonders in der westlichen Welt steht vieles im Überfluss zur Verfügung, sei es Nahrung, Unterhaltung, Mobilität oder Möglichkeiten zur Mediennutzung. All das hat auch negativen Einfluss auf unsere Umwelt: Das betrifft die Industrialisierung der Nahrungsmittelindustrie genauso wie die Bodenversiegelung für Verkehr, Industrie sowie Unterhaltungs- und Einkaufstempel, die Luftverschmutzung durch die Mobilität oder den Energieverbrauch im Allgemeinen. Die dadurch verursachten Umweltschäden schlagen sich letztendlich auch auf unser Herz nieder, weil dadurch viele gesundheitsfördernde Mikroorganismen verloren gegangen sind.
Der Planet in der Polykrise
„Eine ganz klare Aussage, die ich mit vielen meiner Kolleg*innen teile, lautet: Der ganze Planet und dessen Bewohner sind krank. Wir haben Polykrisen“, sagt Gabriele Berg vom Institut für Umweltbiotechnologie der TU Graz. Sie fokussiert sich auf die Mikrobiom-Forschung, also auf die Gesamtheit der Mikroorganismen, die auf einem Makroorganismus wie Mensch, Tier oder Pflanze leben. „Unser Planet leidet extrem, und diese Veränderungen hängen auch mit generellen Mikrobiom-Veränderungen zusammen“, betont Gabriele Berg.
Für sie und ihre wissenschaftlichen Kolleg*innen stellt sich dabei die Frage, wie im großen Zusammenhang des sich verschlechternden Zustands der Erde alles miteinander zusammenhängt und was sich gegen diese Entwicklungen tun lässt. Die Wissenschaft weiß bereits, dass alle menschlichen Krankheiten mit dem Mikrobiom korrelieren. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Mikrobiom die Ursache hinter jeder Krankheit ist. „Wir wissen aber, dass die heutige Nahrung, die man Western Diet nennt, das Mikrobiom extrem verändert und verstärkt zu Adipositas führt. Und Adipositas ist dann der erste Schritt in Richtung Herzkrankheiten.“ Auch bezüglich des Verzehrs von rotem Fleisch gibt es mittlerweile den Nachweis, dass dieser verstärkt zu Arterienverkalkung führt, weil sich Bakterien-umgesetzte Bestandteile des Fleisches in den Blutgefäßen absetzen.
Sport und pflanzliche Ernährung
Was lässt sich unternehmen, um derartigen Erkrankungen vorzubeugen? Aus der Mikrobiomforschung gibt es hier klare Antworten. So wirkt sich Sport positiv auf das Mikrobiom aus. Und eine ballaststoffreiche Ernährung hat ebenfalls vorteilhafte Effekte. „Ideal wäre eine Pflanzen-basierte Ernährung: 30-40 Pflanzen sollte man pro Woche essen, um ein möglichst diverses Mikrobiom zu erhalten. Gleichzeitig ist es ratsam, viel weniger Fleisch und vermehrt fermentierte Lebensmittel zu sich zu nehmen“, erklärt Gabriele Berg. Zu diesen fermentierten Lebensmitteln gehören unter anderem Sauerkraut, Joghurt, Kimchi, Tempeh, Oliven oder Miso.
So hilfreich eine Pflanzen-basierte Ernährung für die eigene Gesundheit ist, der menschliche Einfluss hat dafür gesorgt, dass auch sie nicht mehr ihre volle Wirkung entfalten kann. „Wir haben den Beweis, dass wir als Menschen sehr viele gesundheitsfördernde Mikroorganismen verloren haben. Der Grund ist nicht nur der erhöhte Fleischkonsum. Die pflanzliche Nahrung, die wir heutzutage zu uns nehmen, enthält auch nicht mehr die richtigen Mikroorganismen – und das aus vielen Gründen. Es gibt die übertriebene Züchtung, zu viel Düngemittel und Pestizide, dazu die allgemeine Umweltverschmutzung durch Fremdstoffe wie Mikroplastik.“
Diese Einflüsse beeinträchtigen das Mikrobiom unserer pflanzlichen Nahrungsmittel. „Früher hatte jede Pflanze ein ganz spezifisches Mikrobiom, aber wenn sie mit industriellen Mitteln angebaut werden, verlieren sie das. Stattdessen bekommen wir viele schnellwüchsige Bakterien, die wahrscheinlich Mitverursacher von Adipositas sind. Antimikrobielle Resistenzen werden verbreitet, die eine Bekämpfung von Krankheitserregern erschweren. Das Pflanzenmikrobiom spielt so eine zentrale Rolle für die menschliche Gesundheit, für die Bodengesundheit und für die Tiergesundheit. Weil es schon so verändert ist, entsteht aber ein Kreislauf, der diese Veränderungen überall hin transportiert“, erklärt Gabriele Berg.
Gesunde Pflanzen stärken das Darmmikrobiom
Der verstärkte Umstieg zur Pflanzen-basierten Ernährung könnte hier ein Teil der Lösung sein. Denn es wäre der Planetengesundheit sehr zuträglich, wenn nachhaltiger Ackerbau zur wichtigsten Säule der Ernährung würde und die Massentierhaltung stark oder ganz zurückginge. Das liegt auch daran, dass ein Großteil der industriellen Landwirtschaft Futtermittel für die Massentierhaltung produziert. Naturbasierte Landwirtschaft ohne massiven Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden sollte dem pflanzlichen Mikrobiom zuträglich sein. Wenn wir diese Pflanzen zu uns nehmen, sorgt das wiederum für mehr Diversität in unserem Darmmikrobiom, hat eine Studie der TU Graz 2023 nachgewiesen. Und ein diverses Darmmikrobiom verringert in weiterer Folge das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Geht es also der Erde gut, geht es auch dem Herzen gut.
Dieses Forschungsthema ist im Field of Expertise „Human & Biotechnology“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.
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