Das Training ist ja meistens härter als der eigentliche Raumflug, was in der Realsituation dann wieder beruhigend ist. Die größte persönliche Herausforderung war das Erlernen der Russischen Sprache. Kurz vor dem Start am 2. Oktober war ich wenig überraschend sehr nervös und angespannt. Aber Angst gab es zu dem Zeitpunkt nicht mehr. Vier Tage vor dem Start war das einen kurzen Moment anders. Ich wusste, dass ich in wenigen Tagen Vater werden würde, war alleine in einem Raum und plötzlich wurde mir bewusst, dass ich, wenn da jetzt etwas schiefgeht, das Leben meiner Tochter verpassen würde. Ich habe dann geschaut, so schnell wie möglich wieder unter Menschen und auf andere Gedanken zu kommen.
Dienstreise ins All
Sobald man dann zum Start in der Rakete liegt, verschwindet die Nervosität und wird von der Routine abgelöst. Oft geübte Prozeduren und Checklisten werden abgearbeitet. Direkt beim Start war mein Puls ganz ruhig bei 72. Nach dem langen Flug zur Mir war es wahnsinnig ergreifend, in die Raumstation einzuschweben und von meinen Kollegen mit den Klängen des Donauwalzers begrüßt zu werden. Die Kameras, die die in Österreich recht bekannten Bilder meines überraschten Gesichts aufzeichneten, hatte ich damals nicht registriert. Sondern nur meine Kollegen, die ich zuletzt vor einem halben Jahr unten auf der Erde gesehen hatte. Die haben sich wiederum sehr über meine österreichischen Gastgeschenke gefreut, besonders über die Mozartkugeln. Wie die in der Schwerelosigkeit schmecken, weiß ich übrigens nicht, denn ich hab da oben keine gegessen. Die Stimmung an Bord war sehr angenehm. Ich glaube, die ganze Crew war euphorisiert, weil meine Tochter Carina genau am Tag des Starts zur Welt kam. Die ersten Fotos von ihr bekam ich direkt in die Raumstation gesendet.![© BMBWF Wien](https://www.tugraz.at/fileadmin/_migrated/RTE/RTEmagicC_austromir91mir-crew_by_BMBWK_Wien.jpg.jpg)
Harte Landung
Die Landung zurück auf der Erde war alles andere als weich, sie war sogar ziemlich hart, und zwar im wörtlichen und ein Stück auch im übertragenen Sinn. Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl unmittelbar nach der Landung, wo mir bewusst wurde, dass ich wahrscheinlich für längere Zeit nicht mehr ins Weltall fliegen werde. Mein sehnlichster Wunsch war es, sofort wieder zum nächsten Startgelände zu fahren und die nächste Rakete zurück zur Raumstation zu nehmen. Mir wurde dann gleich klar, das wird’s jetzt lange nicht spielen. Und das hat mich schon ein bisschen bedrückt und nachdenklich gestimmt. Mit der Rückkehr hat sich mein Leben auf der Erde dramatisch geändert. Plötzlich war ich im Mittelpunkt der Öffentlichkeit in Österreich, eine völlig neue Situation, mit der ich erst umzugehen lernen musste. Aber auch diese Erfahrungen waren hilfreich für meinen weiteren Weg. Ich war dann noch zwei Jahre für das Projekt Austromir tätig, mit diversen Nacharbeiten und Vorträgen. Danach bin ich in die USA ausgewandert und habe einen Job bei der Firma Rockwell angenommen, die mittlerweile von Boeing aufgekauft wurde. Ich war weiter im Weltraumbereich tätig, allerdings auf der industriellen Managementseite. Auch körperlich hat die Reise ins All Spuren hinterlassen. Denn selbst in dieser kurzen Zeit bauen die Muskeln rapide ab. Meine Blutwerte waren ganz schön durcheinander. Nach einigen Monaten hat sich alles wieder normalisiert und ich habe bis jetzt noch keine bleibenden Folgen bemerkt. Aber ich kann mir ungefähr vorstellen, was einem Langzeitaufenthalte im All körperlich abverlangen.Heimat Erde
Mein Gefühl zur Erde wurde extrem sensibilisiert, zur Schönheit dieses Planeten und zur zerbrechlichen Umwelt. Mir wurde klar, dass wir uns eigentlich viel mehr anstrengen müssten, diesen Planeten zu schützen. Ich hatte auf der Mir die Gelegenheit, live mit meiner Frau zu sprechen. Sie ist Kroatin und als wir gerade über Europa geflogen sind und ich ihr geschildert habe, dass ich sogar die Brücke vom Festland zur Insel Krk sehen kann, hat sie mich gefragt, ob ich denn auch die Bomben sehe, die in dem Moment über Dubrovnik abgeworfen werden. Damals war Jugoslawienkrieg. Ich habe die Bomben nicht gesehen, aber ich war tief betroffen. Da blickt man nach unten, auf diesen wunderschönen Planeten, sieht herrliche Landschaften, Seen, Meere, keine künstlich erschaffenen territorialen Grenzen und fragt sich, was der Mensch eigentlich mit diesem Planeten anrichtet. Wenn ich es könnte, würde ich auf alle Fälle wieder ins Weltall fliegen, und mich mit den Erfahrungen des ersten Fluges anders darauf vorbereiten. Die Rakete wäre mehr oder weniger die gleiche, und ich würde zur ISS fliegen, das ist im Prinzip auch so wie die Mir, freilich größer, geräumiger und mit moderneren Geräten ausgestattet. Und ich würde ganz sicher schauen, dass ich auch einen kleinen Weltraumspaziergang machen könnte.![© Lunghammer - TU Graz](https://www.tugraz.at/fileadmin/_migrated/RTE/RTEmagicC_AustroMir_Koudelka_Viehboeck_2016_Flaggen_by_Lunghammer_tugraz.jpg.jpg)