Einen Laptop, Stifte und Papier, aber vor allem eine Kaffeemaschine braucht Markus Markl, um seine Forschung in der Kernfusion erfolgreich zu gestalten. Der 29-jährige Postdoc am Institut für Theoretische Physik – Computational Physics forscht an einer der vielversprechendsten Energieformen der Zukunft: der Kernfusion. Kernfusion ist das, was in unserer Sonne passiert, wenn zwei Atomkerne miteinander verschmelzen und dabei Energie frei wird. Diese Energie wollen Forschende in Zukunft nutzen, um uns nachhaltig, schadstofffrei und vor allem äußerst sicher mit Strom zu versorgen. Aber auf dem Weg dahin gibt es noch Probleme, zu deren Lösung Markus Markl und die Arbeitsgruppe Plasma Physik beitragen wollen.
15 Millionen Grad Celsius
Bis die Sonnenkernenergie für Zuhause Realität ist, gilt es noch einige Hindernisse zu überwinden: „Im Inneren der Sonne herrschen 15 Millionen Grad Celsius. Dort passiert die Kernfusion. Bei uns auf der Erde bräuchten wir für diesen Prozess aber über 100 Millionen Grad Celsius, weil der Druck und damit die Dichte der Teilchen hier wesentlich geringer ist als in der Sonne.“ Das Problem: Es ist bisher kein Material bekannt, das diesen Temperaturen standhalten könnte. Also muss das Plasma, das bei der enormen Erhitzung des ursprünglichen Gases entsteht, anders an Ort und Stelle im Reaktor gehalten werden. „Es gibt mehrere Methoden, um das Plasma einzufangen. Hier in Graz spezialisieren wir uns auf den Einschluss mittels Magnetfeldern“, erklärt Markl. „Im Plasma haben sich der Atomkern und die Elektronen des Atoms getrennt und bewegen sich frei. Mit sehr starken Magneten kann man ihre Bahn verändern und sie so einsperren. Sie bewegen sich dann im Reaktor entlang der Magnetfeldlinien im Kreis.“ Das System ist aber aufgrund seiner Komplexität äußerst fragil. So kommt es am Rand des Plasmas etwa zu Instabilitäten, durch die Teilchen an die Wände des Vakuumgefäßes geschleudert werden. Dadurch erwärmt sich das Gefäß und kann Schäden davontragen. In kleinen Reaktoren, wie sie derzeit existieren, ist das noch kein Problem. Aber: „Diese Probleme skalieren mit der Größe des Reaktors. Bei größeren experimentellen Reaktoren kann dann tatsächlich die Wand wegschmelzen und wir hätten das Gerät in kurzer Zeit zerstört.“ Um das zu verhindern, forscht Markl daran, magnetische Störfelder von außen einzubringen, um die Bahnen der Partikel neu zu lenken.
Im Inneren der Sonne herrschen 15 Millionen Grad Celsius. Dort passiert die Kernfusion. Bei uns auf der Erde bräuchten wir für diesen Prozess aber über 100 Millionen Grad Celsius, weil der Druck und damit die Dichte der Teilchen hier wesentlich geringer ist als in der Sonne.
Theorie und Experiment
Dass seine Forschung möglicherweise erst in Jahrzehnten in einem tatsächlich funktionstüchtigen Reaktor eingesetzt wird, ist für ihn kein Problem: „Wir sind in ständigem Austausch mit den bestehenden Experimenten. Und dort kann ich meine theoretische Arbeit praktisch nutzen. Da sehen wir relativ schnell ein Ergebnis. Mir geht es vor allem um den Wissenserwerb.“
Die Kernphysik als Forschungsfeld hat er sich nur zum Teil selbst ausgesucht. Bereits in der HTL fand er über ein populärwissenschaftliches Buch den Zugang zur String-Theorie und beschloss direkt, Physik zu studieren. In seinem Master fokussierte er sich dann schon auf theoretische Teilchenphysik und wechselte nach seinem Abschluss als Doktorand an die TU Graz und in die Fusionsforschung. „Die Stelle hat futuristisch und cool geklungen. Da wollte ich dabei sein“, lacht er.
Wäre es nicht die Physik geworden, so hätte es den Forscher in die Musik verschlagen. Seit über 20 Jahren spielt er Trompete in mehreren Musikkapellen und Bands und sieht durchaus Parallelen zur Physik: „Es gibt in beiden Feldern Regeln – in der Physik die physikalischen Gesetze und in der Musik die Musiktheorie. Aber in beiden Bereichen braucht man auch wirklich viel Kreativität.“ Kreativität, die er vor allem in der Ruhe findet, in Leerlaufzeiten, in denen er über unkonventionelle Lösungen für bestehende Probleme in seinem Fachgebiet nachdenken kann.