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Ultraviolettes Licht ist besonders energiereiches Licht. Seine Wechselwirkung mit Materie ist von enormer Bedeutung, wird doch beispielsweise von unserer Sonne Licht im UV-Bereich ausgestrahlt, das chemische Reaktionen in atmosphärischen Spurengasen auslöst. Bislang gibt es aber noch keinen Laser, der direkt in diesem hochenergetischen Bereich emittiert und so Forschungsarbeiten im ultravioletten Spektralbereich einfach möglich macht. „Um von UV-Licht ausgelöste Prozesse möglichst präzise untersuchen zu können, müssen wir uns derzeit mit Tricks behelfen, die leider sehr ineffizient sind“, erklärt Birgitta Schultze-Bernhardt.
UV-Licht „sichtbar“ machen
Die Forscherin wandelt Licht eines Infrarot-Lasers in UV-Licht um. Dann werden zwei dieser energiereichen Lichtquellen in Form von sogenannten Frequenzkämmen durch eine Materialprobe geschickt. Ein Frequenzkamm ist ein sehr stabiler Kurzpulslaser, der viele Millionen Pulse pro Sekunde aussendet. Im Inneren des Materials werden die Frequenzen unterschiedlich stark „verschluckt“. Der Einsatz zweier Frequenzkämme erlaubt es schließlich, die hohen optischen Frequenzen sehr genau mit einer herkömmlichen Fotodiode zu messen. Damit sind Einblicke in die chemischen Komponenten sowie in die optischen Eigenschaften von Materialien möglich.
Für dieses Konzept wurde Schultze-Bernhardt jüngst mit dem START-Preis des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) ausgezeichnet (mehr dazu in der Pressemeldung vom 17. Juni 2020). Leider geht bei diesem Lichtumwandlungsprozess aber sehr viel Leistung verloren. „Damit beim Konvertieren von infrarotem in ultraviolettes Licht noch genug übrig bleibt, muss man mit sehr viel Leistung starten“, so Schultze-Bernhardt. „Mit der derzeitigen Lasertechnologie sind nur Messungen im nahen UV-Spektralbereich möglich.“
Neue Infrastruktur bringt Licht ins Dunkel
Der mit 2,2 Millionen Euro dotierte ERC Starting Grant des European Research Councils (ERC) macht es der Forscherin nun möglich, auch in den höherenergetischen, den sogenannten extremen UV-Bereich vorzudringen. Mit den Mitteln kann Schultze-Bernhardt zum einen eine eigene Forschungsgruppe am Institut für Materialphysik aufbauen, darüber hinaus aber auch besonders leistungsstarke Laserquellen und teure Hochleistungsverstärker an die TU Graz holen. „Damit können wir zukünftig spektrale Auflösungen erreichen, die mit derzeitigen Spektrometern gar nie möglich wären und unsere Methode in UV-Bereiche übertragen, die technisch bislang nicht zufriedenstellend erforscht werden konnten.“
Von der Grundlagenforschung in die Anwendung
Wenngleich es sich derzeit noch um Grundlagenforschung handelt, denkt Birgitta Schultze-Bernhardt ihre Arbeit schon weiter: „Ein Einsatzgebiet ist die Atmosphärenforschung. Vielleicht können wir das Labor irgendwann verlassen und die Messungen ins Feld verlagern. Kolleginnen und Kollegen von uns arbeiten bereits daran, die Technik portabel zu machen.“ Auch die Zusammenarbeit mit anderen Instituten der TU Graz, wie beispielsweise mit dem Institut für Elektrische Messtechnik und Sensorik ist in Planung. Zusammen mit Institutsleiter Alexander Bergmann möchte Birgitta Schultze-Bernhardt zum Beispiel das Entstehen von Aerosolen in atmosphärischen Spurengasen genauer untersuchen.
Dieser Forschungsbereich ist im Field of Expertise „Advanced Materials Science“ verankert, einem von fünf Stärkefeldern an der TU Graz.
Kurzbiografie Birgitta Schultze-Bernhardt
Birgitta Schultze-Bernhardt (geboren 1981 in Erlangen, Deutschland) ist Forscherin am Institut für Experimentalphysik sowie am Institut für Materialphysik der TU Graz. Sie ist Teil des 3-jährigen Leading Women Programms an der TU Graz – einer Karriereinitiative, die Dozentinnen der TU Graz auf zukünftige Führungspositionen im Universitätsmanagement vorbereitet. Schultze-Bernhardt beschäftigt sich intensiv mit Lasertechnologien zur Messung lichtinduzierter Prozesse und hat an der Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität in München und am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching unter Physik-Nobelpreisträger Theodor W. Hänsch promoviert. Im Juni 2020 wurde sie mit dem START-Preis des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) ausgezeichnet, einer der höchst-dotierten und anerkanntesten Wissenschaftspreise Österreichs.
Ein Interview mit START-Preisträgerin Birgitta Schultze-Bernhardt findet sich in scilog – dem Magazin des Wissenschaftsfonds FWF.