IEE/Forschung/Modelle/ATLANTIS
Satellitenbild Europa bei Nacht.

Seit 2002 arbeitet das Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation an der realitätsnahen Abbildung der europäischen Elektrizitätswirtschaft in realwirtschaftlicher, nominalwirtschaftlicher und organisatorischer Dimension. Mit einem Einsatz von rund 50 Personenjahren aus den Disziplinen Energiewirtschaft, Elektrotechnik, Maschinenbau, Kraftwerkstechnik, Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Operations Research, Informatik und Recht wurde ein umfassendes Modell der europäischen Elektrizitätswirtschaft erstellt.

Die europäische Energie- und Elektrizitätswirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Der fortschreitende Klimawandel und die steigende Energieimportabhängigkeit erfordern konkrete gegensteuernde Strategien. Zahlreiche Maßnahmen werden bereits im Rahmen der aktuellen EU-Energiestrategie verfolgt. Für den Bereich der Elektrizitätswirtschaft stellt sich aufgrund der Besonderheiten der elektrischen Energie (z.B. nicht-Speicherbarkeit, Netzgebundenheit, Langlebigkeit und Kapitalintensität) die Frage, welche gesamtsystemischen Wirkungen diese Maßnahmen entfalten.

Modellbeschreibung

Das Simulationsmodell ATLANTIS bildet die gesamte Elektrizitätswirtschaft im ENTSO-E-Gebiet mit ihren grundlegenden Gegebenheiten und Systemzusammenhängen ab. Wesentliche Elemente der realwirtschaftlichen Seite des Modells sind der Kraftwerkspark, das übergeordnete europäische Verbundnetz (400/220-kV-Ebene) sowie der regionalisierte Bedarf der Endkunden.

Darstellung der in ATLANTIS implementierten Leitungen, und Kraftwerke in Europa.
© IEE, TU Graz
Auf der nominalwirtschaftlichen Seite des Modells werden relevante europäische Elektrizitätsunternehmen mit ihren Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen abgebildet. Die modellrelevanten Informationen wurden mittels detaillierter Untersuchungen erhoben und in eine Datenbank integriert, welche das zentrale Element des Modells darstellt und sowohl der Verwaltung der Basisdaten als auch der Rechenergebnisse dient. Der Simulationszeitraum reicht ausgehend vom Basisjahr 2006 derzeit bis 2050. Insgesamt sind derzeit
  • 7.350 Leitungen/Transformatoren
  • 4.000 Netzknoten
  • 24.400 Kraftwerke (27 unterschiedliche Typen)
  • 100 größte Elektrizitätsunternehmen (GuV, Bilanz)
im Modell abgebildet, wobei neben den klassischen fossilen Erzeugungseinheiten auch Anlagen auf Basis erneuerbarer Energie integriert sind.
Darstellung des Programmablaufplanes von ATLANTIS. Erster Schritt: Festlegen der Datenbank mit Informationen zu Kraftwerken, Leitungen, Unternehmen, Verbrauch und so weiter. Zweiter Schritt: Definition des zu simulierenden Szenarios (Länder, Brennstoffpreise, Zuwachsraten und so weiter) Dritter Schritt: Berechnung der Leistungsdeckung zur Jahreshöchstlast und wenn nötig automatischer Kraftwerkszubau. Vierter Schritt: Berechnung der monatlichen Energiedeckung für Spitzen- und nicht Spitzen-Periode. Fünfter Schritt: Berechnung des Lastflusses und Redispatches für Spitzen- und nicht Spitzen-Periode. Sechster Schritt: Berechnung der Gewinn- und Verlusttabellen, Bilanzen und CO2-Emissionen je Unternehmen. Wenn Endjahr noch nicht erreicht: Zurück zu Schritt drei. Wenn Endjahr erreicht: Siebter Schritt: Auswertung und grafische Darstellung der Ergebnisse für jedes Unternehmen und eventuelle Spezialauswertungen.
© IEE, TU Graz

Anwendungsmöglichkeiten

Mit ATLANTIS durchführbare Untersuchungen sind beispielsweise 

  • die Entwicklung regionaler Strompreise,
  • Quantifizierung des volkswirtschaftlichen Nutzens von Leitungs- und Kraftwerksbauten,
  • Erfordernisse hinsichtlich Infrastrukturentwicklung,
  • Szenarioanalysen für die Integration erneuerbarer Energien,
  • Systemgrenzkosten erneuerbarer Energien,
  • Stresstests zur Simulation von Energieverknappungen,
  • Wirkungen von Power-Demand-Side-Management,
  • Vorab-Analysen von verschiedenen Regulierungen und Marktorganisationen (z.B. neue Richtlinien, CO2-Regelungen)
  • uvam.

Das Simulationsmodell ATLANTIS wurde entwickelt, um basierend auf Szenarioanalysen wissenschaftlich fundierte Aussagen treffen zu können und mit diesem Erkenntnisgewinn einen entsprechenden Beitrag zur gedeihlichen Entwicklung der europäischen Energie- und Elektrizitätswirtschaft zu leisten.

Kontakt
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Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation
Inffeldgasse 18
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Tel.: +43 316 873 7901

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