Martin Emmerer (2015), Architektur Routine(n). Maschinelle Evaluierung architektonischer Entwurfslösungen auf Grundlage einer formalisierten Gebäudespezifikation, Institut für Architektur und Medien; 1. Gutachter: Urs Hirschberg, 2. Gutachter: Ludger Hovestadt; 195 Seiten, Deutsch.
Der architektonische Entwurfsprozess hat sich schon lange größtenteils auf den Computer verlagert. Die Beurteilung von Gebäuden ist bis heute dennoch eine ausschließlich menschliche Domäne geblieben. Eine Vielzahl von Entwurfsparametern, wie sie zum Beispiel in Raumprogrammen von Wettbewerbsauslobungen beschrieben werden, könnten jedoch auch maschinell erfasst werden. Für das Arbeits- und Lernumfeld von Architektinnen und Architekten wäre damit aus mehreren Gründen ein Mehrwert verbunden. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Entwicklung eines offenen Systems zur maschinellen Evaluierung von Gebäudeentwürfen. Dieses Vorhaben verlangt nach einer durchgehenden und lückenlos geschlossenen Formalisierung des gesamten Kreislaufs, von der verbalen Beschreibung von Architekturqualitäten, bis hin zur Erfassung der interessierenden Eigenschaften konkreter Entwurfslösungen in einem Gebäudedatenmodell. Zunächst wird zu diesem Zweck die EXTENSIBLE SPACE ALLOCATION LANGUAGE (XSAL) vorgestellt, der Vorschlag eines offenen Standards zur Beschreibung von Gebäudemerkmalen auf Basis der Metasprache XML. Gebäudespezifikationen in XSAL Notation können nicht nur von Menschen gelesen werden, sondern stellen die darin enthaltenen Informationen auch für eine maschinelle Datenverarbeitung bereit. Der zweite Schwerpunkt liegt in der Entwicklung eines geeigneten Gebäudedatenmodells. Aufgrund der ständig steigenden technischen Anforderungen an Bauwerke sind die meisten Building Information Models heute zu hoch komplexen Datenbanken herangewachsen. Zur Evaluierung von Entwurfslösungen wird ein simpleres, vom Autor entwickeltes, assoziatives Gebäudedatenmodell vorgeschlagen, dessen Entitäten sich semantisch mehr am entwerferischen Denken bzw. an der Art, wie Architektur beschrieben wird, als am bautechnischen Konstruieren orientieren. Die ARCHITEKTUR ROUTINE(n) stellen das dritte und verbindende Element zwischen Gebäudespezifikation und digitaler Modellwelt dar. Hierbei handelt es sich um Algorithmen zur Entdeckung der interessierenden Entwurfsqualitäten im Gebäudedatenmodell. Um die häufig vagen Begriffe der Alltagssprache, welche zur Beschreibung von Entwurfsaufgaben benutzt werden, in mess- und berechenbare Angaben umzuwandeln, wurde das Konzept der ALGORITHMISCHEN EXPLIKATION entwickelt. Durch die wiederholte Anwendung dieses Verfahrens entsteht ein individuell erweiterbarer Wortschatz, der nicht nur a priori an intersubjektive Vorstellungen geknüpft ist, sondern auch einen Dialog zwischen Mensch und Maschine erlaubt. Anhand der vom Autor entwickelten Software ARCHILL.ES wird schließlich gezeigt, wie die Potenziale eines solchen expliziten Vokabulars in den Workflow der Praxis integriert und für die Anwendung generativer Entwurfsmethoden durch die Bildung von Fitnessfunktionen genutzt werden kann (s. WWW.ARCHILL.ES). Darüber hinaus wird eine neue Form eines sprachbasierten Data-Minings in einem Building Information Model eingeführt.