Sebastian Stubenrauch, Xhylferije Kryeziu, Stefanie Obermayer, Carola Elisabeth Hilgert und Felix Dokonal sind die Preisträger*innen der diesjährigen Grazer Architektur Diplompreise. Die prämierten Projekte entwerfen neue Fassadenkonturen für ungenutzte Flächen (Sebastian Stubenrauch), beleuchten Perspektiven für den ländlichen Raum (Xhylferije Kryeziu), entwickeln zirkuläre Strategien für Nachkriegsgebäude (Stefanie Obermayer), erarbeiten Mobilitätskonzepte für Flutgebiete (Carola Elisabeth Hilgert) und erforschen Potenziale der Revitalisierung (Felix Dokonal).
Das Rahmenprogramm der Preisverleihung, die im Hörsaal 1 der Alten Technik stattfand, wurde auch in diesem Jahr durch Kurzvorträge der Jurymitglieder ergänzt: Julia Fröhlich (Graz), Anna Positano (Genua) und Philippe Viérin (Brüssel/Brügge) gaben Einblicke in nachhaltige Baupraxis, das Verhältnis von Architekturfotografie und Forschung sowie die Gestaltung komplexer öffentlicher Gebäude in historischen Stadtzentren. Die Ausstellung der nominierten Arbeiten und die Preisverleihung wurden vom Institut für Städtebau unter der Leitung von Prof. Aglaée Degros konzipiert.
Der erste Preis der GAD Awards, der von der Steiermärkischen Landesregierung, Abteilung 16 Verkehr und Landeshochbau gestiftet wurde, ging an Sebastian Stubenrauch für sein Projekt „Grazer Wände“. Die Masterarbeit, betreut von Alex Lehnerer am Institut für Raumgestaltung, macht Brandwände zu Hauptakteurinnen im Planungsprozess. Ausgehend von Stadtspaziergängen spinnt sie Geschichten vergangener Gebäude weiter und überträgt diese mittels entwerferischer Annäherung in Fassadenkonturen. Für die Jury zeigte die Arbeit „die Freude am architektonischen Entwerfen durch die Suche nach einem überraschenden Thema an einem überraschenden Ort. Das Projekt nimmt Zwischenräume in den Blick und wählt Flächen aus, die normalerweise nicht für das Bauen genutzt werden: Einem flachen Grundstück setzt es ein sehr großes Ensemble mit einer referenziellen Fassade entgegen.” (Philippe Viérin)
Der diesjährige von Werner Hollomey geförderte Reisepreis wurde an Xhylferije Kryeziu für das Projekt „Who Are We Building for? Short Journal and Journey through Time and Space in Kosovo” verliehen. Das von Andreas Lichtblau am Institut für Wohnbau betreute Projekt setzt sich kritisch mit dem ländlichen Raum, seiner Historie und den Lebens- und Wohnbedingungen auseinander. Die Masterarbeit „untersucht die kosovarische Gesellschaft aus zahlreichen Perspektiven, insbesondere den Kontrast zwischen der durch Migration schrumpfenden Bevölkerung im ländlichen Raum und der gleichzeitigen Entwicklung der baulichen Situation. Die Fotografie dient als lebendiges Forschungswerkzeug, um Kontexte und Fragen der Repräsentation zu verhandeln.” (Anna Positano)
Stefanie Obermayers Projekt „Potential: Umbau. Zirkuläres Bauen und die Frage nach der Weiterentwicklung des Gebäudebestands der Nachkriegszeit“ wurde mit dem von Hansjörg Tschom gestifteten Wohnbaupreis ausgezeichnet. Die von Eva Sollgruber am Institut für Gebäudelehre betreute Masterarbeit rückt anonyme Architektur aus den 1960er- und 1970er-Jahren ins Zentrum kreislauforientierter Planung. Laut Jury wurde mit „gezielten Interventionen ein bestehendes Gebäude in ein neues, hybrides Programm des Zusammenlebens überführt, das die Bedeutung von Leistbarkeit und Nachhaltigkeit im sozialen Wohnbau berücksichtigt.” (Julia Fröhlich)
Carola Elisabeth Hilgert erhielt für ihre Abschlussarbeit „Die Flut als Chance. Entwicklung eines neuen Mobilitäts- und Freiraumkonzepts für die Stolberger Innenstadt“ den Nachhaltigkeitspreis der Kammer der Ziviltechniker*innen für Steiermark und Kärnten. Die am Institut für Städtebau von Aglaée Degros betreute Masterthesis schafft multicodierte, innerstädtische Flächen, die das zukünftige Risiko von Hochwasser reduzieren sollen. „Ausgehend von einem theoretischen Ansatz setzt sich das Projekt mit drängenden gegenwärtigen Herausforderungen auseinander und formuliert eine pragmatische Antwort auf die Klimakrise, die auch für andere Städte in der Welt als Vorbild dienen kann.“ (Anna Positano)
Der Sachpreis in Form eines von Gebhart Blazek (berber.carpets) zur Verfügung gestellten marokkanischen Berberteppichs wurde an Felix Dokonal für seine Arbeit „(Mush)Rooms. Revitalisierung der Postgarage als Zentrum für Gries“ verliehen. Betreut von Hans Gangoly am Institut für Gebäudelehre, beschäftigt sich Dokonal mit einem Hallenbau aus dem späten 19. Jahrhundert, den er in ein neues Nutzungskonzept überführt. Dieses geht auf intensive Materialforschung zu Pilzen als innovativem Baustoff zurück und „transformiert eine Bestandskonstruktion durch lebendige Zusammenstellung verschiedener Interventionen zu einem neuen Ensemble. Dabei erweitert sie die Rolle, die Produktion für ein nachbarschaftliches Miteinander spielt.“ (Philippe Viérin)
Zum Ausklang des Abends kamen Studierende, Netzwerkpartner*innen sowie Vertreter*innen von Architekturbüros zusammen, um alle Diplomprojekte zu feiern. In der Folgewoche präsentierten die Preisträger*innen ihre Forschungsarbeiten bei Kurzvorträgen im Haus der Architektur.