Wie können durch Technologien die Arbeitsfähigkeit älterer Arbeitskräfte verbessert und Muskelskeletterkrankungen vorgebeugt werden? Unter anderem mit diesen Themen beschäftigte sich das FFG- geförderte Forschungsprojekt EnableMe50+ des IIM welches kürzlich nach drei Jahren Projektlaufzeit erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Ausgangssituation
Die Industrie steht aktuell vor vielen Herausforderungen, wie zum Beispiel einer steigenden Komplexität im Arbeitsumfeld, einem stetig zunehmenden Technologieeinsatz im Arbeitsalltag unter dem Decknamen „Industrie 4.0“, einer Verkürzung von Produktlebenszyklen oder einer Steigerung des Variantenreichtums sowie den damit verbundenen Herausforderungen für manuelle Arbeitsplätze. Zur selben Zeit durchläuft auch das Arbeitskräftepotential mittelfristig eine starke Veränderung. Einer der großen Veränderungstreiber in Bezug auf die Arbeitskräfte ist der demographische Wandel. Durch die Verschiebung des mittleren Alters der erwerbsfähigen Personen müssen sich Unternehmen in Zukunft vermehrt mit den besonderen Bedürfnissen und Herausforderungen älterer MitarbeiterInnen auseinandersetzen. Derzeit wird dies nur in wenigen Betrieben durchgängig praktiziert und ältere MitarbeiterInnen, welche über die Jahre einen wertvollen Erfahrungsschatz für das Unternehmen aufgebaut haben, werden an andere Arbeitsplätze versetzt oder müssen das Unternehmen frühzeitig verlassen. Die erhöhten Anforderungen Älterer in den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Technologieakzeptanz, Arbeitszeitanforderungen, Arbeitssystemgestaltung, körperlichen Belastungen und dergleichen werden nur oberflächlich behandelt. Dies tragt dazu bei, dass altersabhängig Arbeitsunfähigkeitstage um bis das bis zu Fünffache zunehmen, was zu erheblichen Kosten für die österreichische Volkswirtschaft und betroffene Unternehmen führt.
Forschungsprojekt „EnableMe50+“
Das dreijährige FFG-geförderte Projekt „EnableMe 50+“ hat die Entwicklung eines generischen Konzepts zur Befähigung von älteren MitarbeiterInnen unter der Berücksichtigung der Dimensionen Technologie, Organisation und Mensch zum Ziel. Dazu wurde die Entwicklung eines strukturierten Vorgehens zur Identifikation von alterskritischen Arbeitsplätzen in Unternehmen und deren Adaptierung durch körperliche Unterstützung (z.B. mit Assistenzsystemen), zur Prävention von arbeitsbedingten Erkrankungen angestrebt. Im Projekt beteiligt waren neben dem IIM als wissenschaftlichen Leiter noch das Institut für Arbeitsforschung und Arbeitspolitik an der Johannes Kepler Universität in Linz und die zwei Unternehmen Rosenbauer International AG sowie REWE International AG.
Forschungsergebnisse
Die empirischen Studien bei den Unternehmen zeigten unter anderem, dass vor allem physische Belastungen und Erkrankungen die Hauptursache für altersspezifische Problemfelder in diesen Unternehmen darstellen. Die beispielhaft ausgewählten Lösungen aus dem Bereich der Exoskelette zeigten eine hohe Praxistauglichkeit und bewirken im Mittel eine starke Entlastung bei körperlichen Belastungen, die maßgeblich für die Entwicklung physischen Beschwerden verantwortlich sind (z.B. Reduktion der körperlichen Belastung bei Tätigkeiten in der Logistik um bis zu 28%). Basierend auf den Testergebnissen lässt sich abschätzen, dass durch den Einsatz eines passenden Exoskelettes das ergonomische Risiko zur Entwicklung von Muskelskeletterkrankungen für über 60% der Arbeitsplätze bei den Industriepartnern auf ergonomisch unbedenkliche Werte reduziert werden kann. Die Schlüsselergebnisse von EnableMe 50+ bestehen somit aus den folgenden Punkten:
1. Analysemethodik für die Altersgerechtigkeit von Arbeitsplätzen und Arbeitssystemen basierend auf einer altersgerechten ergonomischen Arbeitsplatzbewertung
2. Lösungskatalog mit konkreten Methoden zur Unterstützung älterer MitarbeiterInnen in den drei Dimensionen Technologie – Organisation – Mensch
3. Handlungsrahmen und Vorgehensmodell zur Identifikation einer passenden Lösung für die altersgerechte Umgestaltung von Arbeitssystemen sowie zur Bewertung deren Nutzen für MitarbeiterInnen
4. Feldtestung der beispielhaft ausgewählten Technologie der Exoskelette und Entwicklung eines Vorgehens zur arbeitsplatzspezifischen Auswahl und Implementierung dieser Systeme
Basierend auf diesen Teillösungen konnte im Projekt die Basis für eine zielgerichtete und nachhaltige Implementierung von Maßnahmen für altersgerechte Arbeitsplätze in Industrie und Handel geschaffen werden. Ein Unternehmenspartner hat direkt im Anschluss an das Projekt bereits mit der Einführung von Exoskeletten für Arbeitende im Logistikbereich begonnen.
Dr. Matthias Wolf
Tel: +43 316 873 7796 Mail: matthias.wolf@tugraz.at