Unter dem Titel „Blicken wir zurück und vorwärts!“ fand am 27. April 2022 ein internationales Symposium zur Relevanz und Aktualität von Theodor Fischers Werken und Positionen in der Aula der TU Graz statt. Die vom Institut für Entwerfen im Bestand und Denkmalpflege (EnBeDe) organisierte Vortragsreihe fand anlässlich der Buchpräsentation der textvergleichenden Ausgabe von Theodor Fischers 6 Vorträge über die Stadtbaukunst, herausgegeben von Matthias Castorph (Institutsleiter, EnBeDe), Svenja Hollstein (EnBeDe) und Roman Wiens (TU Kaiserslautern), statt. Eröffnet wurde die Veranstaltung bereits am Vorabend mit einer Lesung der Schauspielerin Susanne Konstanze Weber aus Fischers Primärwerk im Schauspielhaus Graz.
Im ersten Teil des Symposiums wurden vor allem historische Aspekte besprochen: Beginnend mit dem Vortrag von Harald R. Stühlinger (FHNW Muttenz) wurde der Fokus auf den öffentlichen Raum aus Fußgängerperspektive gelegt und so auf den Zusammenhang visueller Perzeption und Raumwahrnehmung, eine Thematik, der sich Fischer, Camillo Sitte und andere bereits in den 1970er und 1980er Jahren widmeten, fokussiert. Darauf folgte eine Betrachtung Fischers in seiner Rolle als Leiter des Stadterweiterungsbüros in München zwischen 1893 und 1901 von Franz Schiermeier (München) im Vortrag „Der Weg zur Großstadt. Theodor Fischer und die Entwicklung des Staffelbauplans“. Wobei auch die soziokulturellen und ästhetischen Ansprüche Fischers in einem Balanceakt mit privaten Bauinteressen und Grundstücksgesellschaften aufgezeigt wurden. Franziska Kramer (RWTH Aachen) nahm anschließend Bezug auf den vierten Vortrag über Stadtbaukunst und erörterte Fischers Herangehensweise architektonische Räume sowie ihre Ausprägungen aus vorhandenen Grenzen, Parzellen und Markierungen zu denken und zu transformieren. Schließlich thematisierte der Vortrag von Matthias Schirren (TU Kaiserslautern) das Entwurfsprinzip Fischers als Integral diverser Bezugssysteme, deren Komplexität sich simplen Faustregeln verschließt.
Der zweite Teil der Veranstaltung wurde mit der Buchpräsentation von Theodor Fischer – 6 Vorträge über Stadtbaukunst. Textvergleichende Ausgabe durch die Herausgeber*innen eingeleitet. Die Frage „Was sagt uns der Stadtbaukünstler Theodor Fischer heute?“ stand am Nachmittag im Fokus und warf zu Beginn einen Blick auf Fischer und seine Schüler*innen: Rainer Schützeichel (ETH Zürich) erläuterte unter dem Titel „Schulbildend. Theodor Fischers Einfluss auf die nächste Generation“ Parallelen in der Argumentation von Stadtbaurat Heinrich Steiner - einer der bekanntesten Schweizer Schüler Fischers und dessen Lehrer. Inhaltlich schloss Svenja Hollstein (TU Graz) mit der Frage nach einer undogmatischen Herangehensweise in der Lehre von Fischer an. Fortführend gab Roman Wiens (TU Kaiserslautern) Einblick in die Lehrveranstaltungsunterlagen von Fischer, der eine fast 30-jährigen Tätigkeit als Hochschullehrer verzeichnet. Matthias Castorph (TU Graz) schloss die Vortragreihe mit der Präsentation seiner Rechercheergebnisse zu Fischers Illustrationen und kleinformatigen Federzeichnungen von eigener Hand ab und zeigte erstmalig Vorlagen, denen die Illustrationen zu Grunde liegen.
In der abschließenden Diskussionsrunde, bestehend aus den Vortragenden des Symposiums, geleitet von Julian Müller, Gastprofessor am EnBeDe und Moderator des Symposiums, wurde erneut die Frage der Aktualität von Fischers Denken aufgeworfen und intensiv diskutiert. Einig war sich das Podium darüber, dass Fischers Positionen in Bezug auf die Herausforderungen unserer Zeit, vor allem hinsichtlich der Qualität des öffentlichen Raums auch im Hinblick auf eine klimagerechte Stadt, nach wie vor aktuell und sinnstiftend sind.
Text: Christine Rossegger