IFB/Forschung/Anwendungen

Anwendungen


Anwendungen in der Strukturmechanik

Bruchmechanik

Risse in Bauwerken und Bauteilen spielen eine besondere Rolle für die Sicherheit. Die Bruchmechanik beschreibt das mechanische Verhalten von rissbehafteten Strukturen und stellt auch Modelle für den Rissfortschritt bereit. Die Simulation von Rissfortschritts-Problemen ist eine besondere Herausforderung für Simulations-Methoden. Bei klassischen FEM-Analysen müssen Netze verwendet werden, die entlang des Risspfades entkoppelt und an der Rissspitze verfeinert sind. Allerdings ist der Risspfad zunächst unbekannt, also selbst Teil der Lösung, und das Anfangsnetz muss folglich fortlaufend angepasst werden, was vor allem in drei Dimensionen äußerst schwierig ist. Am Institut für Baustatik wird daher die erweiterte Finite Element Methode (XFEM) für die Simulation von Rissfortschritt in zwei und drei Dimensionen verwendet. Das Netz wird dabei unabhängig vom Riss gewählt und bleibt während der Simulation unverändert. Der Riss wird über eine spezielle Anreicherung das Approximationsraumes berücksichtigt.

Biomechanik

Die Biomechanik hat sich in der Mechanik als Innovationsmotor bei der Entwicklung von Modellen erwiesen, die häufig Anwendungsbeispiele aus dem Bereich multi-physics und multi-scale sind. Das Institut für Baustatik beschränkt sich dabei auf Bruchvorgänge in Knochen sowie Fluid-Struktur-Interaktion.

Allgemeine Strukturmechanik

Das Institut für Baustatik beschäftigt sich im Kontext von Plastizität oder großen Verformungen auch mit nicht-linearen Modellen. Der Fokus liegt dabei weniger auf der (Material-)Modellierung, sondern eher auf der numerischen Lösung bestehender Modelle. Dabei werden häufig fortgeschrittene FEM-Technologien eingesetzt, darunter zum Beispiel: Netzverfeinerungen (h-FEM), FEM mit höherer Ordnung (p-FEM), iterative Löser und Vorkonditionierung, Schalenelemente, gemischte und hybride Elemente, sogenannte "enhanced-assumed-strain" und unterintegrierte Element.

Anwendungen in der Strömungsmechanik

Zwei-Phasen-Strömungen

Inkompressible, nicht mischbare Strömungen zweier Fluide mit unterschiedlichen Eigenschaften wie etwa Dichte oder Viskosität treten in zahlreichen technischen Anwendungen auf. An den dynamischen, also zeitlich veränderlichen, Grenzschichten treten Sprünge oder Knicke (Diskontinuitäten) in den Feldgrößen auf. Diese Diskontinuitäten müssen mit geeigneten numerischen Verfahren behandelt werden. Typische Beispiele von Zwei-Phasen-Strömungen sind Schwappvorgänge, Dammbrüche und Blasenströmungen.

Interface tracking und interface capturing

Eine Möglichkeit, die dynamische Grenzschicht zu erfassen liegt darin, die Grenzschicht durch Netzadaptionen zu verfolgen. Dies wird interface tracking genannt. Verändert sich die Grenzschicht zu stark, sind Netzadaptionen nicht mehr möglich. Dann kann ein festes Hintergrundnetz verwendet werden und die Diskontinuitäten können über Netzverfeinerungen oder mit Hilfe der erweiterten Finite Element Methode (XFEM) erfasst werden. Die Lage der Grenzschicht ist dann nicht im Netz enthalten und muss durch zusätzliche Informationen beschrieben werden, zum Beispiel über die Level-Set-Methode. Alle drei Möglichkeiten, interface tracking, interface capturing mit Netzverfeinerungen oder XFEM sind am Institut für Baustatik für zwei und dreidimensionale Anwendungen implementiert und validiert worden und laufende Forschungsthemen.

Strömungen mit freien Oberflächen

Als Sonderfall von Zwei-Phasen-Strömungen können Strömungen mit freien Oberflächen betrachtet werden. In diesem Fall hat eine Phase ("Luft") vernachlässigbaren Einfluss auf die andere ("Wasser"). Die Lage der Grenzschicht ist zunächst unbekannt und Teil der Lösung. Damit wurden am Institut für Baustatik zum Beispiel Umströmungen von Wehren und der Aufprall auf Wellenbrecher berechnet.

Fluid-Struktur-Interaktion

Die Interaktion eines Fluids mit einer deformierbaren Struktur ist in der Baudynamik ein wichtiges Problem. Das berühmte Beispiel der Tacoma-Narrows-Brücke, die durch eine resonanzartige Reaktion auf eine moderate Windströmung einstürzte, zeigt die Bedeutung und mögliche Auswirkung dieser Interaktion. Die Berechnung dieses gekoppelten Problems wird am Institut für Baustatik auch für dreidimensionale Anwendungen erfolgreich durchgeführt.  

Anwendungen in den Geowissenschaften

Tunnelbau

Tunnelbau spielt vor allem in Österreich eine bedeutende Rolle. Das Verständnis der mechanischen Vorgänge auch während des Tunnelaushubs und die Quantifizierung von Verformungen und Spannungen des umgebenden Gesteins sind für die Sicherheit von großer Bedeutung. Bei der Simulation ist die Annahme sinnvoll, dass das umgebende Gestein von seiner Ausdehnung unendlich ist. Damit ist die Randelemente-Methode (BEM) für die Simualtion besonders geeignet, da klassische FEM-Analysen nur in endlichen Gebieten durchgeführt werden können. Spezielle Techniken ermöglichen auch die Erfassung nicht-linearer Materialmodelle im Kontext der BEM.

Hydraulic Fracturing

Beim Fracking wird ein Fluid unter hohem Druck in ein Reservoir gepresst, um die Durchlässigkeit und damit Produktivität zu erhöhen. Dies wird sowohl bei der Erdöl- bzw. Erdgasproduktion als auch in thermischen Reservoiren eingesetzt. Das Fluidmodell wird dabei üblicherweise mit einer Rissfortschrittsimulation gekoppelt. Am Institut für Baustatik liegt der Fokus in einer uneingeschränkten Ausbreitung der Rissoberfläche in zwei und drei Dimensionen unter Verwendung eines vereinfachten Fluidmodells. Die Anwendung liegt im Bereich der Geothermie, insbesondere für die Anwendung des Hot-dry-rock-Verfahrens.
Bilder: ©Fries - TU Graz/IFB