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DC Hub Austria

Projektbeschreibung

Während Gleichstrom-Übertragungsstrecken im Hoch- und Höchstspannungsbereich bereits etabliert sind (HVDC), entwickeln sich Anwendungsgebiete im Bereich der Nieder- und Mittelspannungs-Gleichstromsysteme (LVDC, MVDC) derzeit rasant, da sich im Zuge der Energiewende neue Anwendungsfelder für Gleichstromsysteme bei der Anbindung von Photovoltaik und Windkraft an öffentliche Netze, an den Schnittstellen zur Elektromobilität und zu Speichersystemen ergeben. Auch im Bereich industrieller Stromversorgungen spielt die DC-Technik eine Schlüsselrolle für die Energiewende, weil sich höhere Flexibilität, Energieeffizienzgewinne und Materialeinsparungen im Vergleich zu klassischen AC-Versorgungen ergeben.

Es ergeben sich allerdings auch zahlreiche technologische Fragestellungen, welche sehr spezifische Forschungs- und Prüfinfrastruktur für ihre Beantwortung voraussetzen.

  • Neue, effiziente Topologien für DC-DC und DC-AC-Wandlung
  • Innovative DC Schutzkonzepte, die z. B. auf Strombegrenzung beruhen oder Kurzschluss­ströme halbleiterbasiert abschalten
  • Design anwendungsspezifischer Schutzgeräte und Sicherungen
  • Erdungsanlagen und Korrosion bei DC-Erdströmen
  • Isolationsmaterialien und Isolationssysteme und deren Überwachung
  • Interoperable, zukunftssichere Automatisierungstechnik für DC Netze

Das Sondierungsprojekt DC Hub Austria zwischen dem IHS und dem AIT untersucht daher die Machbarkeit einer Forschungs- und Demonstrationsanlage für eine Mittelspannungs-Gleichstrom-Verteilung am AIT-Standort Seibersdorf. Diese Anlage soll dazu dienen, die Technologieentwicklung im Bereich Mittelspannungs-Gleich­stromsysteme durch Forschungsinfrastruktur voranzutreiben. Die Anlage soll Katalysator für neue Entwicklungen sein und Infrastruktur bieten, welche kleinere und mittlere Industrieunternehmen nicht aufbauen können. Die Machbarkeit, Vorteile und Grenzen von MVDC-Systemen müssen gezeigt bzw. praktisch erforscht werden. Trotz dynamischer Marktentwicklung im Bereich Gleichstromtechnik sind Randbedingungen für eine Forschungs- und Demonstrationsanlage für eine MVDC an einem konkreten Standort komplex. Einerseits gilt es, eine adäquate und längerfristig vorteilhafte Forschungsinfrastruktur in einem dynamischen Umfeld zu definieren, andererseits muss ein nachhaltiges Betreibermodell ausgearbeitet werden, welches Forschungsthemen wie auch den produktiven Einsatz der Infrastruktur zum Energie­transport enthalten sollte.

Während im Bereich von LVDC bereits eine Reihe von industriellen und wissenschaftlich betriebenen Demonstratoren existieren (z. B. Standorte des deutschen DC-Industrie-Projektes, DC-Labor der EPFL, mehrere bereits existierende oder derzeit in Aufbau befindliche DC-Versorgungen von Industrie­standorten/Produktionsstätten, hoher Reifegrad im Bereich LVDC Bordnetze Elektromobilität), existieren nur wenige MVDC-Demonstratoren. Um die notwendige Erhöhung der Übertragungskapazität für erneuerbare Energie zu erreichen, wurde z. B. in Großbritannien eine bestehende AC-Anbindung auf MVDC umgerüstet. Da es sich hier um ein Übertragungssystem handelt, welches seit langem in Betrieb ist und aus verschiedenen Kabeltypen (Öl/Papier-isolierte Kabel, Massekabel und VPE-Kabel) sowie einer Freileitung besteht, wurde die Nenn-Gleichspannung auf ±27 kV (Spitzenwert der 33-kV-Wechselspannung) festgelegt. In den dicht besiedelten asiatischen Zentren entstehen ebenfalls MVDC-Systeme, wie z. B. derzeit in Südkorea, wo ein MVDC-Umspannwerk neu errichtet wird.

Das Projekt zielt darauf ab, einen DC Hub Austria erstmals als Plattform für Integration und Erprobung innovativer Mittelspannungs-DC Lösungen umzusetzen. Er wäre derzeit die erste Anlage, welche eine Anbindung an Wind-, Photovoltaik-, Elektrolyse- und Schnellladeanlagen in signifikanter Leistungs­ausführung hätte und darüber hinaus als offene Plattform für wissenschaftliche und industrielle Nutzerinnen zur Verfügung steht. Damit soll gezielt eine Erhöhung des Technology Readyness Levels von MVDC für verschiedene Anwendungsbereiche im öffentlichen und nicht-öffentlichen Energiever­sorgungs­bereich erreicht werden. Geplant ist, den DC Hub Austria in einem der Sondierung nachfolgendes F&E-Projekt zu realisieren. Dabei geht es um die Erfüllung von Anforderungen der Industrie in den nächsten Jahren. Ein Beispiel hierfür ist die Wahl der Betriebsspannung des DC Hubs (±10 kV bis ±50 kV). Mit steigender Spannung steigt die Sonderstellung des DC Hubs, aber auch die Kosten und die Basis aus der mögliche Komponenten ausgewählt werden können.

Information
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Univ.-Prof. Dr.-Ing.
Uwe Schichler


Institut für Hochspannungstechnik
und Systemmanagement
Technische Universität Graz
Inffeldgasse 18
8010 Graz, Österreich

AIT Austrian Institute of Technology GmbH