Angelika Hinterbrandner
Betreuung:
Assoc.Prof. Mag.art. Dr.phil.
Daniel Gethmann
Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften
2023
Link zur Diplomarbeit
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Wohnraum als soziale Frage beschäftigt Architekt*innen seit der Weimarer Republik in unterschiedlicher Dringlichkeit. Nach dem Ersten Weltkrieg sollten neue architektonische Ansätze zur Lösung der akuten Wohnungsnot sorgen. Neue Standards im Verständnis von Gesellschaft, Konstruktion und Gestaltung führten zu Paradigmen wie „Licht, Luft und Sonne“, dem „Existenzminimum“ und der „Klein(st)wohnung“. Alexander Klein war Teil dieses Architekturdiskurses und entwickelte zwischen 1920–1933 eine Entwurfsmethodik für die Lösung der Wohnungsfrage, die heute nur wenigen Experten und Expertinnen bekannt ist.
Kleins für diese Zeit bemerkenswert innovative Entwurfsmethodik, die die Aspekte Wirtschaftlichkeit, Hygiene, Einfache Nutzung, Behaglichkeit zusammenführt, gründet in der Analyse der ökonomisch-legislativen Grundprämissen des Wohnungsbaus der Weimarer Republik. Er entwickelt den Raumgruppengrundriss als Alternative zum Zentralflurgrundriss und leitete daraus Erkenntnisse hinsichtlich Organisation und Flächenoptimierung von Grundrissen ab, die er in zeichnerische Analysewerkzeuge übersetzte. Dieses Vorgehen methodisierte er als Graphisches Verfahrens im Rahmen des Vergleichs verschiedener Grundrisstypen, um „objektive“ Parameter für die Bewertung von Entwurfsqualitäten zu ermitteln. Klein untersuchte das Problem des Wohnens in seiner Komplexität und berücksichtigte dabei besonders die Auswirkungen der Wohnbedingungen auf die menschliche Psyche und Physis unter tayloristischen Gesichtspunkten.
Klein zeigte mit seinem Ansatz einen Weg der Verwissenschaftlichung und Systematisierung von Architekturpraxis zwischen Raumqualität und Wirtschaftlichkeit auf, auf den es sich zu blicken lohnt – auch heute noch. Wirtschaftlichkeit denkt Klein nicht im Sinne einer Profitmaximierung, sondern im Sinne einer realpolitischen Vision des Wohnens: Wie lassen sich auf wenig Raum, mit begrenzten Ressourcen möglichst gute Wohnungen für die unterschiedlichen Nutzer*innenbedürfnisse herstellen? Die vorliegende Arbeit legt den Grundstein für eine Neuinterpretation der Kleinschen Ansätze eines Neuen Standards im Wohnungsbau durch die sozioökonomische Reflektion der Bedingungen in denen Kleins Ansatz entstand.
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