Freiwillige Feuerwehr der TU Graz veröffentlicht ihre erste wissenschaftliche Abschlussarbeit: Brandversuche zeigen hohes Potential für neues Bohrlöschverfahren

In der Schnittstelle zwischen Forschung und den praktischen Tätigkeiten der Feuerwehr hat die Freiwillige Feuerwehr der TU Graz (FF TU Graz) eine Kernaufgabe zu erfüllen: die Bearbeitung von Forschungsprojekten im Bereich des Feuerwehrwesens auf wissenschaftlichem Niveau. Lukas Traxl, Feuerwehrmann in Oberösterreich und Mitglied der FF TU Graz, nutzte diese Möglichkeit und verfasste seine Bachelorarbeit basierend auf einem selbst initiierten Forschungsprojekt, welche vor kurzem fertiggestellt und veröffentlicht wurde.

Bei der Vorbereitung der Brandversuche wurde Lukas Traxl durch eine Projektgruppe der FF TU Graz unterstützt. Neben der Vernetzung der Projektpartner lag die Hauptaufgabe der FF TU Graz darin, die Brandversuche professionell vorzubereiten und durchzuführen. Die 2018 gegründete Universitätsfeuerwehr beschäftigt sich mit Forschung und Innovation rund um das Feuerwehrwesen. Bei den Brandversuchen hatte die Universitätsfeuerwehr ihre „Feuertaufe“, denn es war das erste Praxisprojekt in dieser Größenordnung. Mit der Publikation der Bachelorarbeit von Lukas Traxl, der ersten wissenschaftlichen Veröffentlichung der FF TU Graz, wurde dieses Projekt erfolgreich abgeschlossen.

Zur Erforschung einer neuen Löschmethode bei Wohnhausbränden wurden in diesem Forschungsprojekt der FF TU Graz - gemeinsam mit zwei Instituten der TU Graz, der SYNEX TECH GmbH, der IBS GmbH und österreichischen Feuerwehren - am steirischen Erzberg im Oktober 2021 Großbrandversuche durchgeführt. Im konkreten war das Projektziel, ein neu entwickeltes Bohrlöschgerät mit dem aktuellen Stand der Brandbekämpfung zu vergleichen

An der TU Graz durchgeführte Bachelorarbeiten bestehen in der Regel aus einem theoretischen und einem experimentellen Teil, wobei im erstgenannten die wissenschaftlichen Grundlagen zur Thematik zu zeigen sind. In diesem Projekt sind dies Untersuchungen rund um die Physik der Brandbekämpfung.

Der experimentelle Teil dieser wissenschaftlichen Abschlussarbeit gestaltete sich deutlich umfangreicher. Für die Untersuchungen wurde ein Modell eines Dachgeschoßes in Realgröße am Zentrum am Berg, dem Versuchszentrum der Montanuniversität Leoben, aufgebaut. Das 120 m² große Versuchsgebäude wurde vier Mal in Brand gesetzt. Die Brände wurden sowohl durch das Institut für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme (IGMS) als auch durch das Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme (ITnA) untersucht. Das IGMS testete eine alternative Messvariante mittels Glasfaserleitungen zur Messung von Brandraumtemperaturen. Das ITnA zeigte sich für die Betreuung der Bachelorarbeit zuständig. Es wurden die verschiedenen Brandversuche näher analysiert und detailliert untersucht. Parallel zu den Messungen des IGMS wurden die Versuche durch die IBS GmbH als Prüfstelle vermessen. Gleichzeitig wurden alternative Messvariante mit Glasfaserleitungen erforscht.

"Wir haben festgestellt, dass das DRILL-X bei den Versuchen deutlich besser kühlen konnte und dafür rund 70% weniger Wasser benötigt. Das ist ein bedeutender Fortschritt, der in der Praxis die Schäden bei Dachgeschoßbränden von  Wohnhäusern deutlich reduzieren kann“, so  Harald Kainz, Rektor der TU Graz und Kommandant der FF TU Graz.

Während beim Standardangriff der Brandraum direkt betreten werden muss, ist es durch das neue Bohrlöschgerät („DRILL-X“) nun möglich von außen das Gebäude (Dachflächen und Wände) zu durchbohren und den Brand im selben Schritt zu bekämpfen. Die innovative Nebeltechnologie ermöglicht ein deutlich effizienteres Löschen des Brandherdes.

Die Ergebnisse der Brandversuche sollen in einem Feldversuch verifiziert werden, auch dieser Feldversuch wird von der FF TU Graz wissenschaftlich begleitet werden.

Hier geht es zum Video und hier zu den Ergebnissen.

Teilnahme am Workshop der Europäischen Kommission

BM Jost Samuel
BM Jost Samuel

Vergangene Woche hatte unser Kamerad BM Jost Samuel die Möglichkeit bei einem zweitägigen Workshop der Europäischen Kommission zum Thema YOUTH IN CIVIL PROTECTION AND DISASTER RISK MANAGEMENT in Brüssel teilzunehmen. Am Programm standen neben Einführungen in den Europäische Zivilschutzmechanismus auch Präsentationen der 57 Teilnehmer aus 25 Nationen. Diese Gelegenheit wurde von der FF TU Graz genutzt, um das Konzept einer Universitätsfeuerwehr erstmals in einem internationalen Rahmen zu präsentieren und das Netzwerk zu erweitern.

Workshop der FF TU Graz mit dem OöLFV

Teilnehmer des 2. Workshop, v.l.nr. Marc Kurz, Petra Rautnig, Roman Froschauer, Lukas Traxl, Robert Mayer, Maria Luise Ettmayer, Harald Kainz, Samuel Jost
Lukas Traxl überreicht seine Bachelorarbeit FwPräs Robert Mayer

Als erste konkrete Umsetzungen der Kooperationsvereinbarung der FF TU Graz mit dem Oberösterreichischen Landesfeuerwehrverband wurden heuer zwei Workshops veranstaltet. Durch die Vernetzung von Akteuren der Unifeuerwehren soll eine gute Zusammenarbeit gefördert werden.

Zunächst folgte am 18.05.2022 eine Delegation aus Oberösterreich der Einladung von HBI Harald Kainz an die TU Graz. Thema war, wie die Gründung einer Unifeuerwehr hier erlebt wird und wie sie sich in bestehende Strukturen im Feuerwehrwesen fügt. Ziel ist es, die vorhandenen Erfahrungen der FF TU Graz weiterzugeben, um die oberösterreichischen Unifeuerwehren bei einem möglichst reibungsfreien Start zu unterstützen. Als Gäste begrüßen durften wir für den OöLFV FwPräs LBD Robert Mayer, BI Gerald Czech, BI Marie-Sophie Gahler, sowie für die FH Marc Kurz.

Beim zweiten Workshop am 06.10.2022 folgten wir der Einladung nach Linz und durften uns überzeugen, wie konkret die Gründungsphase an der FH Oberösterreich bereits betrieben wird. Es folgte ein Update zu aktuell laufenden Forschungsthemen. Ein Highlight war die Vorstellung des Forschungsprojektes „DRILL-X“, welches durch die FF TU Graz in mehreren Projekten begleitet wird. Anhand dieses Beispiels zeigte unser Kamerad Lukas Traxl, wie ein Forschungsprojekt in einer Universitätsfeuerwehr umgesetzt werden kann. Die Auswertung des Teiles „Brandversuch“ wurde auch in Form seiner Bachelorarbeit als Präsent an FwPräs LBD Robert Mayer übergeben.

Im abschließenden Gespräch kristallisierte sich heraus, dass in naher Zukunft die Definition von Forschungsschwerpunkten zu definieren ist, damit dass österreichische Feuerwehrwesen fokussiert von modernen Entwicklungen profitieren kann.

 

Das weltweit erste Bohrlöschgerät DRILL-X revolutioniert die Brandbekämpfung

DRILL-X im Brandeinsatz, © SYNEX TECH GmbH

Bad Goisern (OTS) - Gemeinsam die Zukunft der Löschtechnik gestalten - unter diesem Motto haben die Fa. SYNEX TECH GmbH in Zusammenarbeit mit dem Oö. Landes-Feuerwehrverband, der IBS GmbH und der TU Graz ein neues Löschverfahren entwickelt und verifiziert. „Brände im Mittel- und Großbrandbereich können Rahmenbedingungen aufweisen, welche unter Umständen mit der aktuellen Ausrüstung nicht effektiv bekämpft werden können“, so Lukas Traxl, Erfinder & Entwickler von DRILL-X, dem weltweit ersten und patentierten Bohrlöschgerät.

Brandversuche und erste Einsätze aus der Praxis belegen mit Erfolg: DRILL-X revolutioniert die Brandbekämpfung durch seine Effektivität, Sicherheit und Flexibilität. Die einzigartige Stärke von DRILL-X zeigt sich vor allem bei schwer zugänglichen Bränden, wie etwa bei Dachstuhlbränden.

Anschließen, bohren, löschen

DRILL-X ist das weltweit erste Löschgerät, das Bohren und Löschen in einem Gerät vereint. Es wird direkt an herkömmliche Feuerwehrschläuche angeschlossen und ist ohne Umbauten sofort an allen bestehenden Löschfahrzeugen weltweit einsetzbar. In Kombination mit einer Drehleiter kann das Löschgerät verwendet werden, um in kürzester Zeit von außen direkt und sicher durch Dach oder Wand zum Brandherd zu gelangen.

Das DRILL-X wird durch eine integrierte Wasserturbine angetrieben, welche die Energie des Löschwassers nutzt, um mit einem eigens entwickelten Bohrkopf in Gebäudestrukturen einzudringen. Nach der Durchdringung wird das Löschwasser direkt in den Brandraum eingebracht. Durch die revolutionäre Wasserzerstäubung sinkt die Gefahr einer Durchzündung und der Brandherd selbst wird binnen Sekunden gelöscht, ohne dass Einsatzkräfte dazu den Brandraum betreten müssen. Mit seinen knapp 10 Kilogramm Eigengewicht und seiner leichten Bedienbarkeit lässt es sich intuitiv und sicher von nur einer Person bedienen.

Wissenschaftlich validiert

Ob sich die neue Löschtechnik in der Praxis bewährt, wurde am Institut für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme sowie am Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme an der TU Graz wissenschaftlich untersucht. Ein Vergleichsbrandversuch zum aktuellen Stand der Technik sowie erste Brandeinsätze zeigen einen um mehr als die Hälfte geringeren Wasserverbrauch, deutlich höhere Kühlraten und die Fähigkeit, Rauchgasdurchzündungen zu verhindern. „Die TU Graz forscht gemeinsam mit der Freiwilligen Feuerwehr der TU Graz aktiv an diesem Löschverfahren. Die gewonnenen Daten und Erkenntnisse sind auch für andere Fachgebiete wie Messtechnik, Thermodynamik und Feuerwehrtechnik sehr aufschlussreich“, so TU Graz-Rektor Harald Kainz, der auch Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr der TU Graz ist.

Erfolgreich im Einsatz

Das DRILL-X wird aktuell bei vier eigens gegründeten Forschungsstützpunkten eingesetzt und deckt somit knapp 190 Gemeinden in Oberösterreich ab, welche die Testgeräte in den kommenden Monaten in der Praxis einsetzen werden. „Wir sind zuversichtlich, dass mit DRILL-X die Brandbekämpfung effizienter und sicherer gemacht werden kann. Die Möglichkeit und die Chance sehr früh in Entwicklungen eingebunden zu werden, ist äußerst wertvoll und wir sehen die Integration der Forschung im Einsatzdienst als Meilenstein für die Weiterentwicklung des Feuerwehrwesens“, so Feuerwehrpräsident Robert Mayer, MSc.

Die Funktion des DRILL-X konnte bei ersten Einsätzen bereits erfolgreich bestätigt werden. Die Ergebnisse des Feldversuches sollen im Rahmen einer Studie der FF TU Graz im Laufe des kommenden Jahres veröffentlicht werden.

Erstmalig präsentiert wird DRILL-X auf der internationalen Leitmesse für Brand- und Katastrophenschutz „INTERSCHUTZ“ in Hannover im Juni 2022.

Kooperationsvereinbarung des Oö. LFV mit der FF TU Graz

© Hubert Wilflingseder
© Hubert Wilflingseder

02. März 2022

LBD Robert Mayer, Landes-Feuerwehrkommandant OÖ:
Das Zusammenwirken von Wissenschaft, Forschung, Entwicklung und Lehre sind im Feuerwehrbereich nicht gänzlich unbekannt, jedoch gibt es nur wenig Strukturen oder eine Einbettung in unserer Feuerwehrwesen. Eine enge Zusammenarbeit bzw. Einbeziehung und das Verbinden unserer Strukturen mit dem Hochschulbereich bietet ganz neue Chancen und Möglichkeiten für das Feuerwehrwesen. Die Gründung der ersten Freiwilligen Feuerwehr an der TU Graz kann man durchaus als Meilenstein in diesem Kontext sehen. Die Zusammenarbeit unter den Landesfeuerwehrverbänden hat großes Potential und durch die mit dieser Kooperation verbundenen Zusammenarbeit wird auch ein neuer Weg eingeschlagen.

Die Kooperation mit der Freiwilligen Feuerwehr der TU Graz und dem LFV Steiermark soll in mehreren Bereichen des Krisen- und Katastrophenmanagements sowie des Zivil- und Brandschutzes eine enge Verbindung ermöglichen. Die umfassenden Themen des Feuerwehrwesens insgesamt, insbesondere in Fragen von Entwicklungen der Technik, Taktik, im Freiwilligenmanagement oder bspw. der Ausbildung, können nicht isoliert betrachtet werden. Das Entstehen eines engen Netzwerkes im Kontext von Wissenschaft und Feuerwehr kann hier äußerst wertvolle Lösungen, neue Wege und Positionierungen ermöglichen. Es geht in all den geplanten Herangehensweisen nicht um die Akademisierung des Feuerwehrwesens, denn Feuerwehr wird immer ein Handwerk bleiben. Wir müssen uns jedenfalls neuen Herausforderungen stellen und hier bietet diese Kooperation einen bedeutenden Schritt in der Bewältigung.

Ich bedanke mich ausdrücklich beim Rektor und Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr der TU Graz Harald Kainz, sowie dem Landes-Feuerwehrkommandanten der Steiermark, LBD Reinhard Leichtfried, für die Bereitschaft, diese Kooperation zu ermöglichen.

In Oberösterreich bemühen wir uns aktuell in Gesprächen mit dem Rektor der JKU, Meinhard Lukas, oder dem Präsidenten der FH OÖ, Dr. Gerald Reisinger, sowie mit ersten inhaltlichen Abstimmungen ein System von Freiwilligen Feuerwehren an Hochschulen aufzubauen. Es entstehen in einem ersten Schritt bereits Kooperationen in OÖ wie bspw. der FH Oberösterreich. Eine enge Zusammenarbeit mit der Päd. Hochschule OÖ im Bereich der Berufspädagogik begleitet uns bereits seit längerem in einer Ausbildungsoffensive.

Die aktuelle Novelle zum Feuerwehrgesetz soll in OÖ die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen. Eine neue Stabsstelle im Landes-Feuerwehrkommando OÖ zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit soll hier eine wesentliche Aufgabe übernehmen.

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Harald Kainz, Rektor der TU Graz:
Uni-Feuerwehren agieren an der Schnittstelle von Forschung und der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der täglichen Feuerwehrpraxis. Dies macht sie zu einem wichtigen Player im modernen Krisen- und Katastrophenmanagement sowie im Zivil- und Brandschutz in unserem Land. Als Kommandant der ersten Universitätsfeuerwehr Österreichs, der Freiwilligen Feuerwehr TU Graz und als Rektor der Technischen Universität Graz freue ich mich auf die enge Zusammenarbeit mit dem Landes-Feuerwehrkommando Oberösterreich zur Etablierung weiterer Feuerwehren im Hochschulbereich, auf gemeinsame Forschungsprojekte und Programme zur Aus- und Weiterbildung unserer Kameradinnen und Kameraden.

LBD Reinhard Leichtfried, Landesfeuerwehrkommandant Steiermark:
Mit der Schaffung einer rechtlichen Basis für die ‚Unifeuerwehr‘ - vor rund vier Jahren - wurde in der Steiermark - und das auch österreichweit zum ersten Mal - ein einzigartiges Instrument geschaffen, welches das Feuerwehrwesen mit der universitären Landschaft und den Fachhochschulen direkt und nachhaltig in Verbindung bringt. Die Vorteile einer ‚Feuerwehr an Universitäten oder Fachhochschulen‘ liegen klar auf der Hand. Für den Alltag im Feuerwehrwesen, wenn man überhaupt von einem Alltag sprechen kann, genauso wie für den Fall einer Großschadens- oder Katastrophenlage. Im Wesentlichen geht es darum, Erkenntnisse, Entwicklungen und Arbeiten von universitärer Seite mit den Praktikern der Feuerwehren im Übungs- und Ernstfall zu testen und zu bewerten. Mit Blick auf die Zukunft geht es für uns als Feuerwehren also nicht nur um die Expertise für kommende technische Herausforderungen, um daraus abgeleitet unsere taktischen Rahmenbedingungen auf hohem Niveau halten zu können, sondern auch um die Entwicklung von hochhwertigen Fort- und Ausbildungsmöglichkeiten. Der Umgang mit den Folgen des Klimawandels aus Feuerwehrsicht und nicht zuletzt auch die digitale Transformation wird einen zentralen Punkt des partnerschaftlichen Miteinanders von Unifeuerwehren und den jeweiligen Verbandsstrukturen einnehmen. Mit der Unterfertigung der Kooperationsvereinbarung zwischen den Landesfeuer-wehrverbänden bzw. der FF TU Graz wird ein Stück Feuerwehrgeschichte geschrieben. So hoffe ich, dass durch die Kooperation der FF TU Graz mit dem oberösterreichischen LandesFeuerwehrverband der Weg für entsprechende Impulse geebnet wird, sodass dem Beispiel der Steiermark folgend, auch hier in Oberösterreich entsprechende Unifeuerwehren zur Gründung gelangen. Ganz im Sinne der Professionalisierung und Stärkung unserer Assets im Zivil- und Bevölkerungsschutz.