2015/16
Eine der Hauptaufgaben von Gebäuden ist es, im Kon- Buildings are designed and constructed to exist in an text ständig ändernder Umweltbedingungen (Licht, Temperatur, Feuchtigkeit, Wind, Schall etc.) ein mehr oder weniger stabiles Innenraumklima zu schaffen. In den meisten Fällen unterscheiden sich die äußeren Be- dingungen über einen großen Teil des Jahres deutlich von den gewünschten Innenraumbedingungen. Es gibt im Grunde genommen zwei gegensätzliche Herange- hensweisen, an dieses Problem heranzutreten:
Dem zweiten Ansatz unterliegt eine Philosophie, ähn- lich mancher asiatischer Kampfsportarten: Einwirkende Kräfte werden aufgenommen oder umgeleitet und so eingesetzt, dass sie ein gewünschtes Ergebnis erzielen. Dieser Lösungsansatz ist ungleich kompli- zierter als der erste, birgt aber das Potential eines sehr viel effizienteren Einsatzes natürlicher Ressourcen.
Der Gebäudehülle kommt beim Entwurf energieeffi- zienter Gebäude eine ganz besondere Rolle zu. Die Hülle kann nicht nur zur Energieerzeugung genutzt werden, sie kann auch als adaptiver Filter zwischen dem Innen- und Außenraum dienen. In der gegenwär- tigen Architektur ist diese Fähigkeit, sich ändernden Umgebungsbedingungen anpassen zu können, je- doch sehr beschränkt. Dies gilt für die wechselnden Außenbedingungen, wie Wetter, Lärm, Luftqualität und Licht aber auch für wechselnden Bedürfnisse auf der Nutzerseite. Die meisten physikalischen Ei- genschaften, wie Wärmeleitfähigkeit, Gesamtener- giedurchlassgrad, thermische Speichermasse, Licht-, Luft- und Dampfdurchlässigkeit einer gewöhnlichen Fassade, bleiben über ihre gesamte Lebensdauer un- verändert, obwohl die an sie gestellten Anforderungen abhängig von Nutzerverhalten, Tages- und Jahreszeit stark variieren. Gegenwärtige Adaptionsmöglichkeiten sind meist nur auf eine Eigenschaft, etwa Beschattung, beschränkt.
Eine adaptive und variable Gebäudehülle, wie wir sie in diesem Jahr untersuchen wollen, besitzt die Fähig- keit, auf interne und externe Umgebungsbedingungen zu reagieren, und auf diese Weise einen „Space on Demand“ zu generieren. Doch nicht nur die gegenwär- tigen Bedingungen sind dabei von Bedeutung. Mit Hilfe von Prognosen der zukünftigen Umgebungsbedingun- gen, wie etwa des Wetters oder Nutzerverhaltens, und deren Auswertung mit Hilfe eines virtuellen Ge- bäudemodells, könnten wirklich „smarte“ Gebäudehül- len entstehen, die nicht bloß reagieren, sondern in die Zukunft „denken“ und somit die Energieeffizienz eines Gebäudes maximieren.
Am Institut für Gebäude und Energie arbeiten wir derzeit an einem Forschungsprojekt zu genau diesem Thema: Die Fragestellung ist, welches Potential intelligente Gebäudehüllen aus energetischer Sicht haben. Dieses Forschungsprojekt bildet eine wissen- schaftliche Basis für kommende Projekte - bis hin zur Entwicklung vollkommen neuer Fassadensysteme. Das von uns vorgeschlagene Konzept benutzt Vorher- sagen von Wetter und Nutzerverhalten (basierend auf Erfahrungswerten und einem integrierten Ansatz künstlicher Intelligenz) sowie aktuelle Daten, um die optimale Konfiguration einer Gebäudehülle zu ermit- teln, die zu gegenwärtiger und zukünftiger maximaler Nutzerakzeptanz bei minimalem Energieverbrauch führt. Ein neuartiges, innovatives Simulationsmodell, das speziell für dieses Forschungsprojekt entwickelt wird, wird dabei tiefe Einblicke in die Potentiale und Möglichkeiten solcher Fassadensysteme geben. Ein solches Simulationsmodell könnte in Zukunft auch in Gebäudesystemen zur Steuerung intelligenter Fas- saden integriert werden. „Smart materials“, also Ma- terialien, die ihre physikalischen und/oder chemischen Eigenschaften verändern können, um sich wechseln- den Umgebungsbedingungen anzupassen, sind dabei ein Lösungsansatz, der derzeit vom Institut untersucht wird.